Kapstadt statt Schönefeld

Bundesprogramm "AusbildungWeltweit" Kapstadt statt Schönefeld

Eine Zeit im Ausland verbringen. Was für Studierende schon fast die Regel ist, ist bei Auszubildenden eher selten. Mit "AusbildungWeltweit" will die Bundesregierung mehr Lehrlingen die Chance geben, wertvolle Auslandserfahrungen zu sammeln. "Damit wollen wir die Attraktivität unseres deutschen Systems der beruflichen Bildung weiter stärken", erklärt Bildungsministerin Karliczek.         

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Auszubildende Viktoria steht auf einem Gipfel und reckt die Arme zur Siegerpose in die Höhe.

Für Auszubildende Viktoria war der Auslandsaufenthalt in Kapstadt eine tolle Erfahrung.

Foto: Viktoria Quickenstedt

Viktoria Quickenstedt musste nicht lange überlegen. Als ihr Ausbildungsbetrieb ihr einen Auslandsaufenthalt anbot, sagte die angehende Speditionskauffrau sofort zu. Und ging für einen Monat nach Kapstadt, Südafrika, um die Zweitniederlassung ihres in Berlin-Schönefeld angesiedelten Logistikunternehmens zu unterstützen.

Begeistert blickt die 22-Jährige zurück: "Beruflich habe ich gesehen, wie vielseitig die Speditionsbranche ist. Internationale Frachtdokumente kannte ich aus Büchern – hier konnte ich sie wirklich in Händen halten."

Freundlicher Empfang, problemlose Verständigung

Und auch die Verständigung hat problemlos funktioniert. "Es war natürlich hilfreich, dass ich gut Englisch spreche, das hat mir Türen geöffnet. Ansonsten bin ich offen auf die Menschen zugegangen und außergewöhnlich freundlich empfangen worden. Alles lief wie am Schnürchen", berichtet Viktoria.

China beliebtestes Zielland

Die Berlinerin ist eine von knapp 500 Lehrlingen, die bereits an "AusbildungWeltweit" teilgenommen hat. Besonders beliebt unter den Auszubildenden ist China, gefolgt von den USA und Kanada. Wegen der positiven Erfahrungen hat die Bundesregierung das Programm, das als einjähriges Pilotprojekt gestartet ist, jetzt fest etabliert.

Eine Erfahrung fürs Leben

Auslandsaufenthalte "öffnen neue Horizonte und fördern Kompetenzen, die in unserer Lebens- und Arbeitswelt zunehmend gefragt sind", betont Bildungsministerin Anja Karliczek. "Motivation, Verantwortungsbereitschaft, Fremdsprachen und die Offenheit für andere Kulturen und Perspektiven, aber auch neue Freunde: Wer Zeit im Ausland verbracht hat, kehrt um vieles reicher zurück."

Lange bewährt: Erasmus+

Das EU-Programm Erasmus+ gibt jungen Leuten schon lange die Chance, wertvolle Lernerfahrungen im europäischen Ausland zu sammeln: Mehr als zehn Millionen Heranwachsende haben in den vergangenen 30 Jahren an dem Programm teilgenommen. In den nächsten Jahren will die EU die Mittel für Erasmus+ auf 30 Milliarden Euro verdoppeln.

Weil sich Erasmus+ in erster Linie an Studierende richtet, konzentriert sich die Bundesregierung mit ihrem Programm "AusbildungWeltweit" bewusst auf Lehrlinge. Von ihnen haben bisher nur 5,3 Prozent Auslandserfahrung. Zum Vergleich: 38 Prozent der Studentinnen und Studenten haben bereits im Ausland gelebt.

Wichtige Ergänzung für Auszubildende

Bildungsministerin Karliczek ist es ein wichtiges Anliegen, die Attraktivität der beruflichen Bildung zu stärken und künftige Fachkräfte besser auf die Globalisierung vorzubereiten. "Das EU-Programm Erasmus+ fördert Lernaufenthalte innerhalb von Europa. Mit "AusbildungWeltweit" ergänzen wir die europäischen Anstrengungen und ermöglichen berufliches Lernen in allen anderen Ländern weltweit", erklärt die Bildungsministerin. 

Ein Gewinn auch für Unternehmen 

Von einem Auslandsaufenthalt ihrer Lehrlinge profitieren auch die Unternehmen. Harald Düster ist kaufmännischer Leiter eines Pharmabetriebs im rheinland-pfälzischen Boppard. Er findet es gut, wenn Azubis eine Zeit lang ins Ausland gehen, da sie dort "Dinge lernen, die sie in die Arbeit und die Prozessabläufe zuhause einbringen können".

Auch Daniel Klee, tätig für die Projektgesellschaft "BleibNet proQuali" der IHK Frankfurt/Oder, ist von dem Programm überzeugt. Er setzt sich dafür ein, dass mehr Betriebe in seiner Region an "AusbildungWeltweit" teilnehmen. Denn damit könnten Firmen, die jetzt Probleme hätten, Auszubildende zu finden, für Jugendliche wesentlich attraktiver werden.                         

"Einfach tun!"

Die Auszubildende Viktoria kann den Schritt zu einem Auslandspraktikum nur empfehlen. Sie  rät anderen Azubis: "Man kann im Grunde auch nicht viel falsch machen. Einfach tun! Am besten in ein Land seiner Wahl, eines, das einen wirklich interessiert."

Das Programm "AusbildungWeltweit" gibt Auszubildenden die Chance, bis zu drei Monate im Ausland zu leben und internationale Berufskompetenzen zu erwerben. Auch Ausbilderinnen und Ausbilder können an dem Programm teilnehmen. Ein Zuschuss kann für Flug, Aufenthalt sowie Vor- und Nachbereitung beantragt werden. Dazu müssen die Ausbildungsbetriebe, Kammern oder nichtschulischen Einrichtungen der Berufsbildung einen Antrag beim Bundesbildungsministerium stellen.