Kanzler Scholz bei den Vereinten Nationen
Bundeskanzler Scholz warnte in in seinen Reden vor der UN-Generalversammlung und dem Sicherheitsrat vor „Schein-Lösungen“ bei der Suche nach Frieden in der Ukraine. Er mahnte die Einhaltung der Prinzipien der UN-Charta an. Der Bundeskanzler erinnerte in New York auch an die globalen Herausforderungen beim Klimaschutz.
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Es ist ein Höhepunkt internationaler Diplomatie, wenn die Vertreterinnen und Vertreter der 193 Staaten der Vereinten Nationen in New York zur UN-Generalversammlung zusammenkommen. In seiner Rede vor dem Sicherheitsrat am Mittwoch machte er mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auch gleich deutlich: „Russische Truppen haben gemordet, vergewaltigt und gefoltert.“ Der Grund? Erschütternd einfach, so Scholz: „Russlands Präsident will seinen imperialistischen Plan zur Eroberung seines souveränen Nachbarn, der Ukraine, umsetzen.“
Die Folgen blieben keineswegs regional, sondern seien überall auf der Welt zu spüren. Es sei daher klar, so Scholz „Wir alle wollen, dass das Töten aufhört“, allen voran die Ukrainerinnen und Ukrainer. „Und trotzdem“, fährt er fort, „müssen wir uns vor scheinbar einfachen Lösungen hüten, die Frieden nur dem Namen nach versprechen: Frieden ohne Freiheit ist Unterdrückung. Frieden ohne Gerechtigkeit ist ein Diktat.“ Die Weltgemeinschaft habe mit ihrer Resolution den Weg zum Frieden auf Grundlage der Charta der Vereinten Nationen aufgezeigt. Je geeinter die Staaten in der Ablehnung der Aggression zusammenstehen, „desto früher wird dieser Krieg beendet sein.
Scholz traf am Rande der Generalversammlung den ukrainischen Staatspräsidenten und betonte, dass Deutschland seine Unterstützung für die Ukraine fortführen werde. Deutschland hat der Ukraine bereits Hilfen im Gesamtwert von rund 24 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Mehr dazu: So unterstützt Deutschland die Ukraine
Ein Jubiläum im Zeichen des Kriegs
Die Rede des Bundeskanzlers am Vortrag vor der 78. Generalversammlung traf mit einem besonderen Jubiläum zusammen: Im September vor 50 Jahren traten die Bundesrepublik Deutschland und die DDR den Vereinten Nationen bei. Dieser Schritt, so Scholz, war für Deutschland als „Urheber furchtbarer Kriege und grausamer Verbrechen“ mit der Möglichkeit verbunden, zurückzukehren in die Familie friedliebender Völker. Während der Woche der UN-Generalversammlung wird an das Jubiläum erinnert.
Für mehr Kooperation auf Grundlage universeller Regeln
Mit Blick auf dieses Jubiläum gelte auch weiterhin, was der damalige Bundeskanzler Willy Brandt vor 50 Jahren vor der UN sagte: „In einer Welt, in der zunehmend jeder von jedem abhängt, darf Friedenspolitik nicht vor der eigenen Haustür haltmachen.“ Auch heute sei das Gebot der Stunde nicht weniger, sondern mehr Kooperation, so Kanzler Scholz.
Anders als vor 50 Jahren kenne die Welt aber nicht nur zwei, sondern viele Machtzentren. Wer hier nach Ordnung sucht, der müsse bei den Vereinten Nationen beginnen. Nur diese würden den Anspruch auf universelle Repräsentanz und souveräner Gleichheit aller vollumfänglich einlösen, so Scholz.
Wem diese oft uneinig und in der Zusammensetzung zu unterschiedlich vorkommen, hielt Scholz entgegen: Die Blockade einiger weniger dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, „dass wir, die ganz große Mehrheit der Staaten, uns in vielem einig sind.“ Dazu zählen die „drei goldenen universellen Regeln“:
- der Verzicht auf Gewalt als Mittel der Politik
- die Achtung der Souveränität, territorialen Unversehrtheit und politischen Unabhängigkeit aller Länder
- dass wir ebendiese Rechte auch anderen zugestehen.
Nur auf Grundlage dieser Prinzipien lassen sich die globalen Herausforderungen unserer Zeit lösen.
Fotoreihe: Bundeskanzler Scholz in New York
Globale Herausforderungen: Kein Festkleben am Status Quo
Deutschland klebt für die Lösung globaler Herausforderungen nicht am Status quo fest. Allen voran bei der Bewältigung des menschengemachten Klimawandels. Statt „auf andere zu warten, müssen wir alle gemeinsam mehr tun für die Erreichung der Pariser Klimaziele.“ Er sei daher froh, dass Deutschland seinen Beitrag zur internationalen Klimafinanzierung seit 2014 auf sechs Milliarden Euro verdreifacht hat. „Das ist ein wichtiges Signal, ein überfälliges Signal, bevor wir im Dezember in Dubai Bilanz ziehen“. Für die Weltklimakonferenz 2023 in Dubai warb Scholz dafür, klare Ziele für den Ausbau der erneuerbaren Energien und für mehr Energieeffizienz zu setzen.
Am Mittwoch nahm der Kanzler am „Climate Ambition Summit“ des UN-Generalsekretärs teil und machte klar „Wir lassen unseren Worten Taten folgen“.
Genauso ambitioniert werde Deutschland bei der Erreichung der SDGs sein. „Klimaschutz oder Entwicklung ‑ diese Abwägung geht nicht auf“, sagte Scholz. Deshalb wolle er bei dem UN-Zukunftsgipfel 2024, den Deutschland gemeinsam mit Namibia vorbereitet, „weiter Tempo machen und die Umsetzung der Agenda 2030 vorantreiben.“
Bei dem SDGs-Gipfel am Montag mahnte Scholz: „Wir sind derzeit nicht auf dem richtigen Weg.“
Um die globale Wirtschaft, Energieversorgung und Infrastruktur in eine ressourcenschonende, klimaneutrale Zukunft zu führen, brauche es aber auch Investitionen. Deutschland setzt sich dafür ein „dass sich die multilateralen Entwicklungsbanken reformieren, damit sie mehr zur Finanzierung von globalen öffentlichen Gütern wie dem Schutz von Klima und Biodiversität oder der Prävention von Pandemien beitragen können.“
Bevor er die Rückreise nach Deutschland antrat, wurde der Kanzler am Mittwoch für seine Verdienste um die internationale Zusammenarbeitmit dem „Global Citizen Award“ des Atlantic Councils geehrt.
Reformbedürftig: UN müssen heutige Realität abbilden
So wie Deutschland dürfen auch die UN angesichts der globalen Herausforderungen nicht am Status quo festkleben. Sie müssen sich der Zukunft zuwenden, allen voran der Frage „wie wir Innovation und technologischen Fortschritt für die ganze Menschheit nutzbar machen können“, so Scholz.
Gleichzeitig sei auch notwendig, dass die UN selbst die Realität einer multipolaren Welt abbilden: „Bisher tun sie das nicht ausreichend. Nirgendwo ist das so augenfällig wie bei der Zusammensetzung des Sicherheitsrats“, so der Kanzler. Klar sei, dass Afrika, Asien und Lateinamerika mehr Gewicht gebühre. Er setzte sich daher für ergebnisoffene Verhandlungen über eine Reform der Vereinten Nationen ein. So wie Deutschland, solle auch kein Land diese Verhandlungen mit Maximalforderungen blockieren.
Bis zu einer solchen Reform möchte Deutschland als nichtständiges Mitglied im Sicherheitsrat Verantwortung übernehmen. Scholz warb daher um Unterstützung für die Kandidatur Deutschland im Jahr 2027/2028.