Russland muss Klarheit schaffen

Gift-Anschlag in Grossbritannien Russland muss Klarheit schaffen

Frankreich, Deutschland, die USA und Großbritannien haben sich in einer gemeinsamen Erklärung entsetzt über den Giftanschlag in Salisbury geäußert. Regierungssprecher Seibert sagte am Freitag in Berlin, Russland sei aufgefordert, die berechtigten Fragen Großbritanniens zum Gift-Anschlag zu beantworten.

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Es sei der Bundesregierung sehr wichtig gewesen, so Regierungssprecher Steffen Seibert in der Regierungspressekonferenz am Freitag, "sehr klar zu zeigen, dass wir in dieser Sache an der Seite Großbritanniens stehen".

Partner unterstützen Großbritannien

Bei dem eingesetzten militärischen Nervenkampfstoffs handele es sich um einen Typ, wie er von Russland entwickelt wurde. "Das ist die erste offensive Anwendung eines solchen Nervenkampfstoffs in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg. Das ist ein immens ernsthaftes und erschreckendes Ereignis", betonte Seibert.

Deutschland teile die Einschätzung des Vereinten Königreichs, dass es keine andere plausible Erklärung gebe. "Und wir stellen fest, dass Russlands Weigerung, auf die berechtigten Fragen der Regierung des Vereinten Königreichs einzugehen, einen zusätzlichen Anhaltspunkt für seine Verantwortlichkeit ergibt."

Die Staats- und Regierungschefs Frankreichs, Deutschlands und der USA stehen im Fall des Gift-Anschlags auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal hinter Großbritannien. In einer Gemeinsamen Erklärung rufen sie Russland auf, zu allen Fragen Stellung zu nehmen, die mit der Attacke in Salisbury verbunden sind. Insbesondere solle Russland sein Novichok-Programm gegenüber der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) offen legen.

Lösungen im Dialog mit Russland finden

Bundeskanzlerin Angela Merkel sei neben dem Schulterschluss mit Großbritannien der deutsche Ansatz wichtig, den Dialog mit Russland zu suchen. Wo Widersprüche, unterschiedliche Meinungen oder schwerwiegende Themen trennend im Raum stünden, sei es der Kanzlerin wichtig, immer wieder zu sprechen, sagte der Regierungssprecher.

Jetzt allerdings stehe Russland im Fokus. Und die Aufforderung sei ganz klar: "Russland muss Transparenz herstellen, Russland muss die Fragen, die sich aus diesem Anschlag ergeben, beantworten und dabei vor allem mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen zusammenarbeiten."

Merkel verurteilt Anschlag aufs Schärfste

Der britische Außenminister Boris Johnson erklärte unterdessen, Großbritannien werde eine unabhängige internationale Untersuchung der Substanzen zulassen. Merkel begrüßte diese Ankündigung am Freitag. Sie betonte noch einmal: "Ich kann nur hoffen, dass auch Russland sich an der Aufklärung beteiligt."

Bereits am Mittwoch (14. März) hatte Merkel Russland aufgefordert, in Bezug auf die chemischen Giftstoffe Transparenz zu zeigen und damit Klarheit zu schaffen. Am Tag zuvor hatte Merkel Großbritannien volle Unterstützung zugesagt. In einem Telefonat mit der britischen Premierministerin Theresa May verurteilte sie den Anschlag aufs Schärfste. Beide vereinbarten, in engem Austausch zu bleiben und gemeinsam mit den Verbündeten und den europäischen Partnern zu beraten.

Gleichzeitig setzt die Kanzlerin auf Dialog mit Russland. Widersprüche müssten benannt und Klarheit geschaffen werden, sagte sie im ZDF. "Das, was in Großbritannien passiert ist, das ist sehr ernsthaft." Doch müssten in vielen internationalen Fragen, wie der Lage in Syrien oder der Ostukraine, gemeinsam mit Russland Lösungen gefunden werden. In der ARD betonte sie: "Wir können jetzt nicht alle Kontakte abbrechen."

Anlass zu großer Sorge

Auch Außenminister Heiko Maas zeigte sich besorgt über die Vorgänge rund um den Giftanschlag. Moskau sollte Transparenz schaffen und in der Sache Stellung nehmen - entweder bilateral gegenüber Großbritannien oder im Rahmen der Organisation für das Verbot chemischer Waffen, ließ er am Mittwoch (14. März) mitteilen.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen betonte, die Aufklärung des Falles gehöre in neutrale Hände. Im ZDF verwies sie am Donnerstag (15. März) auf die Vereinten Nationen und deren Chemiewaffenexpertinnen und -experten. Man könne erst über Konsequenzen sprechen, wenn aufgeklärt sei. "Aber entscheidend ist, das ist ein Anlass großer Sorge."

Der frühere Agent Skripal und seine Tochter waren am 4. März in Salisbury südwestlich von London bewusstlos auf einer Bank aufgefunden worden. Sie wurden mit lebensgefährlichen Vergiftungserscheinungen in ein Krankenhaus eingeliefert. Die britische Premierministerin May hatte am Montagabend (12. März) erklärt, Russland sei "höchstwahrscheinlich" für den Nervengift-Angriff verantwortlich.