Landwirtschaft wird zukunftsfest, nachhaltig und klimafreundlich

Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik Landwirtschaft wird zukunftsfest, nachhaltig und klimafreundlich

Das Europaparlament hat für die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) grünes Licht gegeben. Mit ihr werden Leitlinien umgesetzt, für die Deutschland in seiner Ratspräsidentschaft das Fundament gelegt hat. National sind bereits wichtige Gesetze zur Umsetzung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ab 2023 auf den Weg gebracht.

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Foto zeigt einen Traktor auf einem Feld.

Die Bundesregierung schafft politisch verlässliche Rahmenbedingungen, die die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft erhalten und gleichzeitig den sich wandelnden gesellschaftlichen und ökologischen Anforderungen gerecht werden.

Foto: picture alliance / dpa

„Es wird einen Systemwechsel in der GAP geben, der ein Mehr an Umwelt- und Klimaschutz mit wirtschaftlichen Perspektiven für die Landwirte und die ländlichen Räume verbindet,“ betonte Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner.

Warum war eine Reform der GAP erforderlich?

Die EU verfolgt mit der Reform der GAP insbesondere die Ziele, die für die Landwirte und ländlichen Räume verfügbaren Fördermaßnahmen zu modernisieren, sie effizienter auszugestalten und zu stärken. Dadurch soll sich die Landwirtschaft an die sich wandelnden gesellschaftlichen und ökologischen Anforderungen anpassen können – ohne ihre Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Ein weiteres wichtiges Anliegen ist es, den Verwaltungsaufwand für die Fördermaßnahmen zu verringern.

Wie wird die Reform innerstaatlich umgesetzt?

Zur nationalen Umsetzung der GAP-Reform hat das Kabinett am 13. April 2021 drei Gesetzentwürfe zu den Direktzahlungen, zur so genannten Konditionalität und zur Abwicklung der Zahlungen mittels des integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems verabschiedet, denen der Bundesrat zugestimmt hat. Sie sind zugleich die Voraussetzung für die Vorlage eines nationalen Strategieplans bei der EU-Kommission. Er muss aufgrund von zeitlichen EU-Vorgaben noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet und der Europäischen Kommission bis spätestens 1. Januar 2022 zur Genehmigung vorgelegt werden.

Warum musste noch eine Einigung auf europäischer Ebene erfolgen?

Die EU-Kommission hatte 2018 einen Verordnungsvorschlag für die Direktzahlungen im Rahmen der GAP für den Zeitraum ab 2023 vorgelegt. Kernstück ist der von den Mitgliedstaaten zu erstellende und von der Kommission zu genehmigende jeweilige nationale GAP-Strategieplan. Unter deutscher Präsidentschaft hatte der Agrarministerrat im Oktober 2020 seine Verhandlungsposition zur weiteren Ausrichtung der GAP in Form einer Allgemeinen Ausrichtung beschlossen und kurz darauf das Europäische Parlament. Im Rahmen so genannter Trilogverhandlungen zwischen Vertretern der Mitgliedsstaaten und des Europäischen Parlaments und unter Vermittlung der Europäischen Kommission wurde dann ein Kompromiss erarbeitet. Diesem hat das Europäische Parlament am 23. November 2021 förmlich zugestimmt. Die formale Verabschiedung durch die Mitgliedsstaaten soll in Kürze erfolgen, bevor die GAP in Kraft treten kann.

Die Gesetzentwürfe der Bundesregierung orientieren sich an der Allgemeinen Ausrichtung des Agrarrats sowie den Beschlüssen der deutschen Agrarministerkonferenz. Um den Zeitplan für die Umsetzung der GAP-Reform einhalten zu können, lief die innerstaatliche Umsetzung der GAP parallel zu den Trilogverhandlungen. Durch den Kompromiss bedingte Änderungen werden noch in die nationalen Gesetze eingearbeitet.

Wieso bedarf es eines nationalen Strategieplans?

Alle EU-Mitgliedstaaten müssen für die neue GAP-Förderperiode erstmals Nationale Strategiepläne für die 1. und die 2. Säule der GAP entwickeln. Diese ermöglichen es den Mitgliedsstaaten, Fördermaßnahmen gezielt einzusetzen und auf die jeweiligen nationalen Bedürfnisse auszurichten.

Die Erstellung des Strategieplans erfolgt durch das Bundeslandwirtschaftsministerium in enger Abstimmung mit anderen Bundesressorts, den Ländern sowie Verbänden und Interessengruppen. Eine Stärken-Schwächen-Chancen-Risiken-Analyse (engl. SWOT-Analyse) hilft, für den landwirtschaftlichen Sektor und die ländlichen Räume festzulegen, wie ab 2023 die finanziellen Zuweisungen der Europäischen Union verwendet werden sollen, um den analysierten Schwächen entgegenzuwirken.

Was regeln die nationalen Gesetzentwürfe konkret?

Die Direktzahlungen (1. Säule der GAP) sind wesentlicher Teil der Reform; Deutschland werden hierfür jährlich 4,9 Milliarden Euro an EU-Mitteln zur Verfügung stehen.

  • Für die Jahre 2023 bis 2026 sollen ausgehend von 10 Prozent – ansteigend bis 2026 auf 15 Prozent - der jährlichen Direktzahlungen in die zusätzliche Förderung der ländlichen Entwicklung (2. Säule der GAP) fließen. Diese umfasst gezielte Programme zur Förderung von Klima- und Umweltschutzmaßnahmen, zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Stärkung der ländlichen Räume.
  • 25 Prozent der Direktzahlungen werden künftig an noch höhere Umwelt- und Klimaleistungen geknüpft. Um Geld aus diesen 25 Prozent zu erhalten, muss ein Katalog von Öko-Regelungen umgesetzt werden, die über die allgemeinen Auflagen an Umwelt -und Klimaschutz hinausgehen. Landwirte können die passende Maßnahme zielgenau für ihren Betrieb auswählen und durchführen. Die Maßnahmen werden im Einzelnen noch durch eine Verordnung geregelt.
  • Es gibt eine höhere Umverteilungsprämie zugunsten kleinerer und mittelgroßer Betriebe – dafür sind 12 Prozent der Direktzahlungen vorgesehen. Diese Zahlung wird den Landwirten für bis zu 60 Hektar gewährt.
  • Junglandwirte werden gezielt gefördert. Es stehen rund 98 Millionen Euro jährlich zur Verfügung. Sie erhalten künftig eine zusätzliche Prämie für bis zu 120 Hektar (bisher 90 Hektar).
  • Außerdem werden gekoppelte Direktzahlungen für die Haltung von Mutterschafen und -ziegen sowie Mutterkühen eingeführt. Hierfür sind insgesamt 2 Prozent der verfügbaren Direktzahlungen vorgesehen.
  • Im Umfang der verbleibenden Mittel für Direktzahlungen erfolgt eine Einkommensgrundstützung der Betriebe.
  • Die bisherigen Cross-Compliance-Vorschriften sowie zum Greening werden in modifizierter Form zur so genannten „Konditionalität“ zusammengeführt. Im Ergebnis bedeutet das, dass jeder geförderte Hektar künftig an höhere Umwelt- und Klima- und Tierschutzauflagen geknüpft ist: So gibt es etwa Umwandlungsverbote von umweltsensiblem Dauergrünland in Flora- und Fauna Habitaten und Vogelschutzgebieten sowie in Mooren und Feuchtgebieten. Des Weiteren sind mindestens drei Prozent der Ackerflächen von Landwirten als nichtproduktive Flächen oder Landschaftselemente vorzuhalten.

Gibt es auch eine Entbürokratisierung der Förderverfahren?

Dem dienen Änderungen des Integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem-Gesetzes, das die Abwicklung der Zahlungen der Agrarförderung an die Landwirte neu regelt. Etwa wie Anträge zu stellen sind und wie Kontrollen und Sanktionen erfolgen. Ziel der Änderungen ist, das gesamte Verfahren zu vereinfachen und zu verschlanken.

So ist zum Beispiel der Antragsteller künftig verpflichtet, seinen Antrag auf Agrarförderung in elektronischer Form zu stellen. Auch die gesamte Kommunikation zwischen Antragsteller und Behörde soll künftig elektronisch erfolgen.

Eine wichtige Neuerung ist die Einführung eines Flächenmonitoring-Systems. Es ermöglicht die dauerhafte Beobachtung von Flächen mittels ohnehin vorhandener Satellitendaten und wertet diese automatisch mit Hilfe künstlicher Intelligenz aus. Einige Förderkriterien müssen daher nicht mehr durch aufwendige Vor-Ort-Kontrollen überprüft werden.

Welche wichtigen Ergebnisse haben die Trilogverhandlungen gebracht?

  • Kernstück sind die EU-weit verpflichtenden Öko-Regelungen. Mindestens 25 Prozent der Direktzahlungen müssen dafür reserviert werden.
  • Die Mitgliedstaaten werden verpflichtet, mindestens 10 Prozent der Direktzahlungen zugunsten kleinerer Betriebe umzuverteilen.
  • Für die Unterstützung von Junglandwirten wird ein neuer obligatorischer Mindestsatz von 3 Prozent des Einkommensstützungsbudgets der Mitgliedstaaten vorgesehen. Dazu können Einkommensstützung, Investitions- oder Existenzgründungsbeihilfen für Junglandwirte gehören.

Die Bundeslandwirtschaftsministerin betonte, dies seien wesentliche Punkte, für die man sich eingesetzt habe. Klar sei aber auch: „An der einen oder anderen Stelle hätten wir uns ein anderes Ergebnis gewünscht. Die Erhöhung des Anteils nichtproduktiver Flächen auf vier Prozent etwa wird viele Landwirte vor Herausforderungen stellen. Auch die Regelungen zu den Gewässerrandstreifen müssen wir in Einklang mit bestehenden Auflagen bringen. Die Förderung gemäß der Wasserrahmenrichtlinie sollte auch mit den neuen Regelungen weiter vereinbar sein.“

Weitere Ergebnisse des Kompromisses:

  • Kohärenz mit dem europäischen Grünen Deal: Die nationalen GAP-Strategiepläne werden im Einklang mit dem Grünen Deal, der Strategie „Vom Hof auf den Tisch“ und der Biodiversitätsstrategie erstellt bzw. angepasst.
  • Konditionalität: Grundsätzlich sind an Wasserläufen 3 m breite Pufferstreifen ohne Pflanzenschutz- oder Düngemitteleinsatz einzurichten. Der Mindestanteil der Ackerfläche mit nicht-produktiven Flächen oder Elementen wird als Grundregel auf 4 Prozent festgelegt. Dieser kann unter bestimmten Voraussetzungen auf 3 Prozent verringert werden. Ausnahmen gibt es für Betriebe mit bis 10 ha Ackerfläche und hohem Grünlandanteil. Alle Feuchtgebiete und Torfmoore werden geschützt.
  • Mindestens 35 Prozent der Mittel für die Entwicklung des ländlichen Raums werden Agrarumweltverpflichtungen zugewiesen, die Umwelt-, Klima- und Tierschutzmaßnahmen fördern.
  • Darüber hinaus konzentriert sich die neue GAP auf Leistung, und zwar insbesondere durch einfachere Vorschriften auf EU-Ebene, einen jährlichen Leistungsbericht, den die Mitgliedstaaten der Kommission ab 2024 vorlegen müssen, und der durch eine jährliche Überprüfungssitzung ergänzt wird.
  • Stärkung der Position der Landwirtinnen und Landwirte in einem wettbewerbsfähigen Agrar- und Lebensmittelsektor.
  • Einführung einer neuen Agrarreserve mit einer jährlichen Mittelzuweisung von mindestens 450 Mio. Euro, um Markmaßnahmen in Krisensituationen zu finanzieren.

Warum werden in 2022 acht Prozent der Direktzahlungen in die zweite Säule der GAP umgeschichtet?

Auch bis zum Inkrafttreten der GAP-Reform sollen jährliche Direktzahlungen in die so genannte zweite Säule der GAP umgeschichtet werden. In 2022 sollen das acht Prozent sein.

Die zweite Säule umfasst gezielte Programme zur Förderung von Klima- und Umweltschutzmaßnahmen, zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit und zur Stärkung der ländlichen Räume.

So können insbesondere Maßnahmen weiter finanziert werden, die auch bisher aus Umschichtungsmitteln finanziert wurden. Zusätzlich können neue Maßnahmen ergriffen werden, die ebenfalls zum Ziel haben, höhere Umweltstandards umzusetzen. Dies können flächenbezogene Maßnahmen sein, wie das Anlegen von Blühstreifen oder zur Verringerung des Einsatzes von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln. Auch der Öko-Landbau kann mit diesen zusätzlichen Mitteln gefördert werden.

Bereits seit 2015 werden jährlich Direktzahlungsmittel in die zweite Säule umgeschichtet. Von 2015 bis 2019 waren dies jährlich 4,5 Prozent, in 2020 und 2021 jeweils 6 Prozent.