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Rede der Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit, Dr. Barbara Hendricks,

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Frau Präsidentin!
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!

Hochwasser sind Ereignisse, vor denen es, wie wir alle wissen, keinen absoluten Schutz gibt. Leider können wir Hochwasser nicht per Gesetz verbieten oder sie auch nur langfristig vorhersehen. Das haben wir in Deutschland zuletzt bei den Hochwassern an Elbe und Donau im Juni 2013 erleben müssen, die zu immensen Schäden geführt haben. Auch die Starkregenereignisse im Mai und Juni des vergangenen Jahres, bei denen es auch Todesfälle zu beklagen gab, sind uns allen noch in schmerzhafter Erinnerung. Die Schäden an privaten Einrichtungen, aber auch an öffentlichen Infrastruktureinrichtungen wie zum Beispiel Bundesautobahnen beliefen sich auf über acht Milliarden Euro. Das sollten wir auch in vorübergehenden Zeiten des Niedrigwassers nicht vergessen.

Leider bestehen keine Zweifel an der Tatsache, dass sich die Hochwasser in den letzten Jahren häufen. Was wir tun können und müssen, ist, uns gegen Hochwasser zu wappnen. Wir haben deshalb das Nationale Hochwasserschutzprogramm auf den Weg gebracht, das der Bund zu einem erheblichen Anteil finanziert. Wir haben darüber hinaus überprüft, ob das bestehende rechtliche Instrumentarium ausreicht. Dies haben wir mit großer Sorgfalt und nach umfassender Diskussion mit den Ländern getan. Ziel ist es, die Schäden in künftigen Fällen so gering wie möglich zu halten. Wir schließen nun mit dem sogenannten Hochwasserschutzgesetz II weitere rechtliche Lücken.

Lassen Sie mich die zentralen Punkte des Gesetzentwurfs nennen.

Erstens: Wir wollen eine stärkere Vorsorge durch hochwasserangepasstes Bauen in Überschwemmungsgebieten erreichen. Wir wollen aber kein Bauverbot, wie es die Mehrheit im Bundesrat will. In Zeiten knappen Wohnraums können wir unseren Kommunen solche Einschränkungen nicht zumuten. Sie müssen zumindest die Chance auf Entwicklung behalten. Wir wollen aber, dass Belange des Hochwasserschutzes gerichtlich von den Betroffenen eingefordert werden können.

Zweitens: Wir wollen, dass auch in Risikogebieten und nicht nur in festgesetzten Überschwemmungsgebieten die private Hochwasservorsorge stärker Berücksichtigung findet. Risikogebiete sind übrigens bereits jetzt nach EU-Recht auszuweisen. Aber Gefahrenkarten nützen natürlich nichts, wenn daraus keine Konsequenzen gezogen werden. 2013 ist es gerade in solchen Gebieten zu erheblichen Schäden gekommen, die in vielen Fällen durch Steuermittel ausgeglichen werden mussten. Das müssen wir für die Zukunft verhindern.

Drittens: In Zeiten des voranschreitenden Klimawandels, in denen auch großzügig bemessene Hochwasserschutzanlagen versagen können, ist es wichtig, Anpassungsmaßnahmen durchzusetzen. Solche Maßnahmen können zum Beispiel sein: Energieverteilungs-, Gasversorgungs- oder Klimaanlagen in nicht hochwassergefährdete Gebäudebereiche innerhalb der Gebäude zu versetzen, die Installation von Abschaltmöglichkeiten, Rückstausicherungen, der Schutz der Leitungen gegen Auftrieb und Korrosion und der Schutz von Außenanlagen gegen drückendes Wasser. Dabei werden im Übrigen keine unerfüllbaren Anforderungen gestellt.

Wir wollen außerdem ein Verbot von neuen Ölheizungsanlagen und die Nachrüstung bestehender Anlagen innerhalb angemessener Fristen in hochwassergefährdeten Gebieten. Wer gerade über eine neue Heizung nachdenkt, muss wissen, dass Ölheizungen im schlimmsten Fall mit hohen Folgekosten verbunden sein werden. Darüber hinaus wollen wir die Verfahren beschleunigen, mittels derer Hochwasserschutzeinrichtungen geschaffen werden.

Wichtig ist mir zuletzt auch, dass wir alles Notwendige tun, um der Entstehung von Hochwasser entgegenzuwirken. Natürlich können wir kurzfristigen Starkregen oder wochenlange Regenfälle nicht verhindern. Dennoch gibt es Bereiche, wo wir mehr machen können. Wir geben den Gemeinden mehr Möglichkeiten, Retentions- und Versickerungsflächen auszuweisen und Anforderungen an das hochwasserangepasste Bauen zu stellen. Zudem wollen wir, dass in bestimmten eng begrenzten Bereichen Hochwasserentstehungsgebiete ausgewiesen werden. In diesen Gebieten können dann bestimmte Tätigkeiten wie etwa der Umbruch von Wiesen zu Ackerflächen untersagt werden. Natürlich ist das nur angemessen, wenn die örtliche hydrologische und topografische Situation das erfordert. Die Ausweisung solcher Gebiete ist nur ein Mittel unter vielen, um zu verhindern, dass Bäche oder Rinnsale zu reißenden Strömen werden.

Im Gesetzgebungsverfahren haben die Koalitionsfraktionen im Einvernehmen mit der Bundesregierung eine Reihe von Änderungsvorschlägen aufgenommen zum Ausgleich von Retentionsflächen und zu Anforderungen an Stauanlagen. Außerdem besteht für die Länder keine Pflicht, sondern lediglich eine Option zur Ausweisung von Hochwasserentstehungsgebieten. Auch bei der Einführung von Vorkaufsrechten haben die Länder einen weiten Spielraum.

Unser Gesetzentwurf ist die richtige Antwort auf die Hochwasser. Ich bitte Sie daher herzlich um Ihre Zustimmung.

Lassen Sie mich zum Schluss noch kurz auf das "Blaue Band" eingehen, mit dem wir die Renaturierung von Fließgewässern und Auen fördern. Uns erreichen vielfältige Anregungen und Projektvorschläge von Ländern, von Gemeinden und von Initiativen vor Ort. Wir wollen mit dem Bundesprogramm eine umfassende Renaturierungsinitiative starten und damit auch Synergien in den Bereichen Gewässerschutz, Hochwasservorsorge, Freizeit, Erholung und regionale Entwicklung ermöglichen. Das Ziel ist der Aufbau eines Biotopverbundes von nationaler Bedeutung.

Aber die Renaturierung unserer Bundeswasserstraßen ist eine Generationenaufgabe. Was über viele Jahrzehnte ausgebaut wurde, kann nicht in wenigen Jahren zurückgeführt werden. Deshalb hat sich die Bundesregierung für die Umsetzung des Programms einen Zeithorizont bis 2050 gesetzt. Sie sehen, wir denken durchaus in langen Linien. Vor allem aber haben wir in dieser Legislaturperiode mit der Umsetzung begonnen und die entscheidenden Weichen gestellt. Das erfüllt mich schon ein wenig mit Stolz und Dankbarkeit gegenüber allen, die dabei mitgeholfen haben. Ich bedanke mich sehr beim Kollegen Alexander Dobrindt. Seine Wasser- und Schifffahrtsverwaltung wird zukünftig ein völlig neues Aufgabenfeld haben: befestigen, wo es nötig ist, und entfestigen, wo es möglich ist.

Mir ist bereits von vielen Menschen vor Ort Begeisterung über das "Blaue Band" entgegengebracht worden. Wir werden so schnell wie möglich mit der Erarbeitung von Entwicklungskonzepten an den Nebenwasserstraßen beginnen.