Rede der Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Ilse Aigner,

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Sehr geehrter Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ja, es ist richtig: In dieser Woche haben wir wieder die Freude, die Grüne Woche zu eröffnen, und unsere Bundeskanzlerin wird die Grüne Woche, eine beeindruckende Leistungsschau, mit eröffnen, weil sie ihre Wertschätzung für diese Branche zeigen möchte, die qualitativ hochwertige Lebensmittel zu bezahlbaren Preisen produziert. Das verdient nach wie vor große Anerkennung.

Nur Sie, meine Damen und Herren von den Grünen, versuchen jedes Jahr wieder, unsere Landwirte und die gesamte Branche schlechtzureden. Ich bin dankbar, dass wir heute diese Debatte führen. Das ist eine gute Gelegenheit, mit den von Ihnen immer wieder in den Raum gestellten Falschbehauptungen aufzuräumen. Ich habe es satt, von Ihnen immer wieder dieselben falschen Behauptungen zu hören.

Das bedeutet nicht, dass ich bestehende Probleme oder Fehlentwicklungen hier klein- oder wegreden will. Ja, wir werden beim Thema Antibiotika etwas machen. Wir wissen auch, dass es Diskussionen über die Viehdichten gibt. Deshalb habe ich den Charta-Prozess eingeleitet, in dem die Verbraucherverbände mit den Vertretern der Landwirtschaft zusammengebracht werden.

Sie hingegen bedienen Vorurteile, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen. Sie führen Studien durch, die keine Neuigkeiten bringen und deren Seriosität zu bezweifeln ist.

Ihre Stimmungsmache sehe ich in der Tat mit großer Sorge. Tatsache ist, dass viele Menschen heutzutage keinen persönlichen Bezug mehr zur Landwirtschaft haben. Diese Menschen dürfen keinen falschen Eindruck bekommen. Deshalb werden wir als christlich-liberale Koalition Ihre Kampagne nicht unerwidert lassen. Wir arbeiten nicht mit Abschreckung, sondern wir arbeiten an der Herstellung einer neuen Nähe zwischen Landwirtschaft und Verbrauchern.

Vier Punkte will ich nennen:

Erste Falschbehauptung: Unsere Agrarpolitik fördert die Massenproduktion und dient nicht dem Umweltschutz. – Tatsache ist: Wir in Deutschland haben im Gegensatz zu fast allen europäischen Nachbarn Prämien, die nicht mehr an die Produktion gekoppelt sind. Die Butterberge sind abgebaut, und die Milchseen sind ausgetrocknet. Die Zeiten der Überproduktion sind vorbei. Wir fördern nur noch die Bewirtschaftung der Flächen und eben nicht mehr die Produktionsmenge von Fleisch, Milch oder Getreide.

– Sehr geehrte Frau Kollegin Künast, Sie sollten es am allerbesten wissen. Trotzdem kämpfen Sie gegen die Direktzahlungen. Sie unterstützen uns nicht einmal in der Bestrebung, die anderen Länder so weit zu bringen, wie Deutschland ist. Sie sollten uns lieber unterstützen.

Damit das etwas plastischer wirkt, rechne ich es Ihnen persönlich noch einmal vor. Nehmen wir einen Betrieb in Nordrhein-Westfalen. Von mir aus stehen dort auch viele Tiere im Stall, sagen wir 1.500 Mastkälber. Der Betrieb bewirtschaftet nur wenig Fläche, nur zehn Hektar. Dieser Betrieb bekommt in diesem Jahr 3.600 Euro Direktzahlungen. Nehmen wir einen anderen Betrieb in Nordrhein-Westfalen mit einer größeren Fläche, mit 100 Hektar, der 100 Kühe im Stall stehen hat. Dieser Betrieb erhält 33.000 Euro Direktzahlungen pro Jahr. Wenn dieser Betrieb ökologisch bewirtschaftet wird, dann bekommt er 50.000 Euro pro Jahr. Das ist der Unterschied. Das leugnen Sie.

Allein in meiner Amtszeit sind zwei Steigerungen der Fördersätze für den ökologischen Landbau im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zu verzeichnen. Das Greening unterstützen wir, aber – und das ist der Unterschied – wir wollen keine Flächenstilllegungen.

Wir wollen, dass es nicht nur Bürokratie gibt. Weiter wollen wir, dass die Leistungen, die unsere Landwirte erbringen, auch anerkannt werden.

Auf rund einem Viertel der gesamten deutschen Agrarflächen finden heute bereits Agrarumweltmaßnahmen statt, die für mehr Biodiversität und ein attraktives Landschaftsbild sorgen. Wir setzen eben auf eine effektive und gleichzeitig nachhaltige Landwirtschaft.

Zweite Falschbehauptung: Moderne Tierhaltung geht zulasten des Tierwohls. – Sie von den Grünen romantisieren die Vergangenheit, als wäre früher alles besser gewesen. Jeder neue Stallbau wird verdammt. Tatsache ist: Es ist schlicht und ergreifend falsch, dass Tiere in größeren Haltungen grundsätzlich weniger Platz haben. Es ist auch falsch, dass es den Tieren in größeren Haltungen generell weniger gut geht. Glauben Sie wirklich, dass die dunklen und feuchten Ställe von früher Vorbild sein können? Das ist, wenn man sie mit den modernen und hygienischen Ställen von heute vergleicht, wohl nicht der Fall. Ausschlaggebend ist die Arbeit des Landwirts oder der Landwirtin. Sie haben sich an verbindliche europäische Regeln zugunsten des Tierwohls zu halten. Hinzu kommt noch die Qualität von Stallanlagen und Haltungsverfahren. Deshalb sage ich: Jeder neugebaute Stall ist grundsätzlich ein Fortschritt für das Tierwohl.

Die übergroße Mehrheit der Verbraucherinnen und Verbraucher kann Ihren Alarmismus nicht mehr hören. 81 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher haben – trotz so mancher Anfeindungen von Ihrer Seite – großes beziehungsweise sehr großes Vertrauen gegenüber unseren Landwirten.

Dritte Falschbehauptung: Die Bundesregierung tut zu wenig für den Tierschutz. Tatsache ist: Diese christlich-liberale Koalition hat mehr für den Tierschutz getan als jede andere Bundesregierung. Wir regieren aber nicht nach dem Bauchgefühl, sondern nach dem neuesten Stand der Forschung. Deshalb stellen wir 62 Millionen Euro für Forschungs- und Innovationsprojekte sowie für Modell- und Demonstrationsvorhaben in der Nutztierhaltung bereit. Bei der Gemeinschaftsaufgabe „Agrarstruktur und Küstenschutz“ haben wir für besonders tierfreundliche und ressourcenschonende Haltungs- und Produktionsverfahren ebenfalls nachgesteuert.

Was heißt das? Das heißt, bis zu 40 Prozent der Investitionskosten werden künftig übernommen, wenn ein besonders tiergerechter Stall gebaut wird. Das ist ein deutliches Plus und eine Investition in das Tierwohl.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will Ihnen noch eines sagen: Sie sollten sich vielleicht grundsätzlich gut überlegen, was Sie mit manchen Forderungen anrichten können. Die Bedingungen, die Sie manchmal formulieren, können große Betriebe vielleicht noch ganz gut erfüllen. Kleine Betriebe aber müssen oft zumachen, weil sie sie nicht mehr stemmen können. Die von Ihnen geforderten Maßnahmen würden den Strukturwandel beschleunigen. Ich weiß nicht, ob Sie das wollen. Ich will es nicht.

Die christlich-liberale -Koalition hat einen klaren Standpunkt: Wir schreiben den Verbrauchern eben nicht vor, wie sie sich zu ernähren haben. Das unterscheidet unsere Vorstellungen von Ihren. Wir setzen auf Transparenz und die Macht des Verbrauchers. Deshalb habe ich das Tierwohl-Label, sehr geehrte Frau Künast – zu der Präsentation habe ich mich nicht eingeladen, sondern ich wurde von Herrn Schröder eingeladen –, auch mit einer Million Euro gefördert. Es ist, glaube ich, selbstverständlich, dass ich heute zu dieser Veranstaltung gehe.

Die ersten Produkte kommen in diesen Tagen in den Handel. Künftig können Verbraucher erkennen, wie die Tiere gehalten werden. Sie können vor allem entscheiden, ob sie bereit sind, für die Produkte mehr zu zahlen; denn höhere Standards kosten mehr Geld. Wir trauen unseren Verbrauchern – offensichtlich im Gegensatz zu Ihnen – diese Entscheidung zu.

Vierte, aber leider nicht letzte Ihrer Falschbehauptungen: Gegen den übermäßigen Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung wird nichts unternommen. – Tatsache ist: Die Abgabe von Antibiotika zur Wachstumsförderung und zur Prävention ist bereits heute verboten. Zugleich haben wir aber das Problem erkannt und deshalb ein Paket geschnürt, um den Einsatz von Antibiotika zu minimieren.

Die Novelle des Arzneimittelgesetzes gibt den Ländern mehr Möglichkeiten und noch bessere Instrumente. Die Überwachung ist allerdings in der Zuständigkeit der Länder. Kollege Remmel zeigt mit dem Finger gern auf andere, aber vier Finger zeigen dabei auf ihn als Teil der Überwachungsbehörde zurück. So schaut es aus.

Leider fehlt mir die Zeit, noch weitere Punkte richtigzustellen. Die christlich-liberale Regierung steht allen Landwirten zur Seite, und sie will die Landwirte und die Verbraucher näher zusammenbringen, auch in Spannungsfeldern. Wir tun dies mit Fachkenntnis, ohne Aufgeregtheit und aus großer Überzeugung.