Rede der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Dr. Johanna Wanka,

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Frau Präsidentin!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Wir haben seit 2005 große Milliardenpakete in den Hochschul- und Wissenschaftsbereich investiert. Ich denke zum Beispiel an die Exzellenzinitiative, an den Hochschulpakt, an den Qualitätspakt Lehre und an viele andere Dinge, über die wir hier gesprochen haben. Diese hinzugekommenen Milliarden Euro haben dazu geführt, dass sehr viele zusätzliche – neue, vorher nicht vorhandene – Arbeitsplätze geschaffen werden konnten, dass wir also sehr viel mehr Beschäftigte haben. Davon sind sehr viele befristet beschäftigt, und um die Situation dieses wissenschaftlichen Nachwuchses geht es.

Wenn man sich die Zahl der befristet Beschäftigten anschaut, stellt man fest: Der größte Teil davon sind diejenigen, die promovieren. Wenn sie promoviert sind und in die Wirtschaft, in die Verwaltung oder in irgendeine andere Tätigkeit gehen, dann befinden sie sich – das sagt dieser Bericht aus – in einer bestimmten Situation: in Vollbeschäftigung. Das heißt, nach diesem Bericht sind die allermeisten mit einer Promotion vollbeschäftigt. Das, glaube ich, ist ein sehr guter Effekt.

Trotzdem muss man sagen: Durch die vielen Gelder ist das Verhältnis zwischen befristeten und unbefristeten Stellen etwas aus der Balance geraten. Deswegen bin ich sehr dafür, dass auch im Mittelbau mehr unbefristete Stellen geschaffen werden.

Wir haben Artikel 91b des Grundgesetzes verändert; damit wurden mehr Möglichkeiten für den Bund geschaffen. Das hat aber keine Veränderungen bei den Zuständigkeiten gebracht. Die Grundverantwortung für die Hochschulen liegt bei den Ländern und nicht beim Bund. Das heißt, in den Ländern muss entschieden werden.

Obwohl wir, der Bund, nicht die originär Verantwortlichen sind, haben wir in dieser Legislaturperiode etwas getan, was ich seit 1990 nie erlebt habe und auch gar nicht kenne: Wir, die Bundesregierung, haben Gelder für unbefristete Beschäftigungsverhältnisse zur Verfügung gestellt. Wenn man ganz großzügig rechnet, sind das über 12.000 Stellen; es könnten 15.000 Stellen sein. Es kommt darauf an, wie man sie honoriert. Das Geld für diese unbefristeten Stellen ist über die BAföG-Entlastung zur Verfügung gestellt worden.

Jetzt schauen wir einmal in die Länder, zum Beispiel, Frau Gohlke, nach Brandenburg oder nach Thüringen, wo Sie jeweils in der Regierung sind, also die Möglichkeit haben, Ihre Vorhaben entsprechend umzusetzen: Das ist nicht erfolgt. Dort sind nicht mehr unbefristete Stellen für den Mittelbau entstanden, und es sind auch keine höheren Gehälter gezahlt worden.

Ich will das gar nicht kritisieren, weil die Entscheidung, was mit diesen Geldern beziehungsweise Stellen getan wird, in den Ländern getroffen werden muss. Wenn man in den Ländern andere Prioritäten setzt, meinetwegen in Schulen, Bauvorhaben oder anderes investiert, dann ist das Sache der Länder. Aber dafür sind wir hier auf Bundesebene nicht verantwortlich, vielmehr haben wir lediglich eine Möglichkeit geschaffen.

Nach einer Promotion nicht in den Arbeitsprozess zu gehen, sondern im akademischen Bereich Karriere zu machen, das ist anstrengend, denn es geht dann um die Spitzenpositionen, es geht um die höchsten Leistungsträger, das heißt um die Professuren.

Ich hatte gesagt: Das Verhältnis zwischen befristeten und unbefristeten Stellen ist etwas aus der Balance geraten. – Mit dem Tenure-Track-Programm entstehen nicht nur 1.000 zusätzliche Tenure-Track-Professuren, sondern auch 1.000 zusätzliche unbefristete Professuren. Wir geben dafür eine Milliarde Euro in 15 Jahren aus, und dann müssen die Länder die Finanzierung dieser Professuren übernehmen. Hinzu kommt, dass die Tenure-Track-Professuren immer wieder neu ausgeschrieben werden. Tenure Track bedeutet Planungssicherheit, Karrieresicherheit, frühzeitig, etwa mit 32, zu wissen: Du bleibst hier im System und bleibst oder wirst Professor. Das ist etwas, was ein Mangel war in Deutschland. Das hatten wir nicht. Das gewährleistet das Tenure-Track-Programm.

Für mich ist eine Weiterentwicklung der Juniorprofessur, die ich sehr begrüßt habe, die ich immer noch gut finde, zwar sinnvoll, aber Planungssicherheit, Rechtssicherheit waren damit nicht verbunden, und genau das gibt es jetzt. Das heißt, wir haben etwas angestoßen, was über die Jahre eine positive Strukturveränderung für den wissenschaftlichen Nachwuchs bedeutet.

Jetzt zum Thema der Vereinbarkeit von wissenschaftlicher Tätigkeit von Nachwuchswissenschaftlern und Familie; das war ein zweiter wichtiger Komplex. Ich sage allen, die nach mir reden: Wenn Sie aus dem Bericht zitieren, dass Nachwuchswissenschaftler häufiger kinderlos bleiben als der Durchschnitt aller Hochschulabsolventinnen und Hochschulabsolventen, dann müssen Sie zur Kenntnis nehmen: Das sind die Zahlen von 2006. Herr Gehring, das war das Ergebnis am Ende Ihrer Amtszeit, also als Regierung.

Wir haben in den vergangenen Jahren sehr viel getan, zum Beispiel beim Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Wir wissen aber noch nicht: Wie hat sich das aufs Kinderhaben ausgewirkt? Wie sind die Größenordnungen? Also muss man das untersuchen, dringend, und das tun wir auch.

Was wir im Bericht haben, sind Befragungen derer, die jetzt in dem Bereich sind, und zwar dazu, wie sie die Arbeitsbedingungen im wissenschaftlichen Bereich empfinden. Sie finden sie attraktiv. Was das Thema "Vereinbarkeit mit Familie" angeht, kann man, jedenfalls nach dem, was die Wissenschaftler für den Bericht herausbekommen haben, nicht sagen, dass sie das besonders schlecht finden, aber auch nicht, dass sie das besonders günstig finden. Das ergibt sich eindeutig aus der Studie. Der einzige Unterschied ist, dass diejenigen, die Familie haben, die Kinder haben, die Eltern sind, die Situation viel positiver beurteilen als die anderen. Die haben vielleicht die Sorge: Wie wird es?

Weil wir nicht genügend Daten haben, ist es so wichtig, dass wir das Hochschulstatistikgesetz novelliert haben. In Zukunft werden wir viel bessere Daten haben, etwa zur Vorqualifikation, zu der Frage: Wer wird Professor?

Speziell für den wissenschaftlichen Nachwuchs haben wir in unserem Haus ein Forschungsförderprogramm aufgelegt. Es werden die unterschiedlichsten Aspekte von Karrieremöglichkeiten für junge Wissenschaftler untersucht. Dazu laufen zurzeit acht große Projekte. Von daher hoffe ich, dass wir bald wissen: Wie ist das denn zum Beispiel mit den Kindern? Wie hat sich das, was wir gemacht haben, ausgewirkt? Was müssen wir anders machen? Deswegen freue ich mich sehr, und ich freue mich auch auf die Debatte.