Offizieller Besuch des Bundeskanzlers in Südafrika und Namibia vom 9. bis 15. September 1995 - Besuch in der Republik Namibia - Offizielles Essen im State House in Windhoek

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Offizieller Besuch des Bundeskanzlers in Südafrika und Namibia vom 9. bis 15. September 1995 - Besuch in der Republik Namibia - Offizielles Essen im State House in Windhoek

  • Bulletin 71-95
  • 20. September 1995

Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl stattete der Republik Südafrika vom
9. bis 14. September 1995 und der Republik Namibia am 14. und 15.
September 1995 einen offiziellen Besuch ab.

Besuch in der Republik Namibia

Offizielles Essen im State House

Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl hielt bei einem Mittagessen auf
Einladung des Präsidenten der Republik Namibia, Sam Nujoma, im
State House in Windhoek am 14. September 1995 folgende
Ansprache:

Herr Präsident,
Exzellenzen,
meine sehr verehrten Damen und Herren,

ich freue mich sehr, heute Ihr Gast zu sein. Auch im Namen
meiner Delegation möchte ich mich herzlich für Ihre Einladung, Herr
Präsident, und Ihre Gastfreundschaft bedanken. Zugleich freue ich
mich - da diese Rede im Fernsehen direkt übertragen wird - über die
Gelegenheit, mich unmittelbar an die Bürgerinnen und Bürger
Namibias wenden zu können.

Herr Präsident, es ist für mich eine große Freude, daß ich heute hier
mit Ihnen zu einem Gespräch zusammenkommen konnte. Wir haben
heute viele Bereiche und Aspekte unserer Zusammenarbeit besprochen.
Wir werden unseren guten und fruchtbaren Meinungsaustausch fortsetzen.

Dies ist der erste Besuch eines deutschen Bundeskanzlers in Ihrer jungen
Republik. Es ist nun fünf Jahre her, daß Ihr Land den Übergang in
seine Unabhängigkeit vollzogen hat. Wir Deutschen haben diesen
historischen Schritt mit Anteilnahme und tiefer Sympathie verfolgt
und nach Kräften gefördert. Wir haben uns damals - auch als
Mitautoren des Plans der Vereinten Nationen - mit Ihrem Land und
seinen Menschen gefreut. Namibia hat einen langen und schweren
Weg zurückgelegt.

Es hat jahrzehntelanger Anstrengungen bedurft,
bis die Unabhängigkeit möglich wurde. Die von Ihnen, Herr Präsident,
getragene Politik der nationalen Versöhnung hat dazu beigetragen,
daß ein Klima des Vertrauens in Ihrem Land entstehen konnte.
Jahrzehntelanges Mißtrauen zwischen den einzelnen
Bevölkerungsgruppen wurde langsam abgebaut und durch
Zuversicht und Beharrlichkeit überwunden. Allen Schwierigkeiten
zum Trotz haben Sie, Herr Präsident, und mit Ihnen viele andere, ein
großes Werk der Versöhnung vollbracht.

Namibia hat der Welt ein bemerkenswertes Beispiel für ein dauerhaft friedliches
Zusammenleben unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen gegeben -
ungeachtet ihrer politischen Überzeugung oder ihrer ethnischen
Zugehörigkeit. Namibia kann auf eine erfolgreiche Aufbauphase der
letzten fünf Jahre zurückblicken. Es hat auch nach außen seine
Politik der Versöhnung und friedlichen Ausgleichs fortgesetzt. Ihr
Land hat bei der Beilegung regionaler Konflikte eine vermittelnde und
konstruktive Rolle gespielt und dabei Augenmaß und
Verantwortungsbewußtsein bewiesen. Hierfür gebührt Ihnen hohe
Anerkennung.

Meine Damen und Herren, Herr Präsident, wir
Deutschen fühlen uns aus allseits bekannten Gründen Namibia eng
verbunden und nehmen auch deswegen lebhaft Anteil am
Wohlergehen Ihres Landes. Deutsche haben hier ihre Heimat
gefunden. Sie sind ein Teil dieses Landes geworden.

Unsere wirtschaftlichen Beziehungen sind gut. Deutschland ist der
zweitwichtigste Handelspartner Namibias. Wir möchten diese gute
Zusammenarbeit in allen Bereichen nach Möglichkeit noch ausbauen.
Die mit Ihrem Land in letzter Zeit getroffenen Vereinbarungen - ich
nenne hier vor allem unser Abkommen zum Schutz und zur
Förderung von Investitionen - werden hierfür ein gutes Fundament
bilden.

Wir sind seit Jahren in vielen entwicklungspolitischen
Projekten in Ihrem Land engagiert. So fördern wir beispielsweise den
Bau einer Autobahn, die den Seehafen Walfischbucht mit den
östlichen Nachbarländern Namibias verbindet. Dies ist auch ein
Beitrag zu einer immer engeren Integration im südlichen Afrika. Die
Förderung des sozialen Wohnungsbaus bildet einen weiteren
Schwerpunkt unseres gemeinsamen Engagements. Ergänzt wird
diese Zusammenarbeit zunehmend durch ein überaus dichtes und
festes Netz von Kontakten zwischen den Kirchen, vielen
Organisationen, politischen Stiftungen und vor allem den Menschen
in unseren beiden Ländern.

Die deutsche Sprache und Kultur war
und ist ein fester Bestandteil der kulturellen Entwicklung Ihres
Landes. Sie ist zugleich eine wichtige Brücke für die Beziehungen
unserer beiden Länder. Ich habe mit großer Freude zur Kenntnis
genommen, daß immer mehr namibische Schüler die deutsche
Sprache erlernen wollen. Ich würde mich daher sehr freuen, wenn
Sie, Herr Präsident, die Entwicklungen in diesem Bereich
unterstützend begleiten würden. Dies liegt um so mehr in unserem
gemeinsamen Interesse, da wir für die Zukunft eine enge
Zusammenarbeit im Bereich der Bildung und der beruflichen Aus-
und Fortbildung geplant haben.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Kein Staat der Welt ist heute
in der Lage, sich den globalen Herausforderungen unserer Zeit allein zu stellen.
Wir können sie nur gemeinsam meistern. Gemeinsam mit unseren Partnern und
Freunden in der Welt können wir dabei unseren Beitrag leisten: beim
Kampf gegen Hunger und Armut, gegen Unterentwicklung, gegen
Drogenmißbrauch und im Kampf gegen die zunehmende
internationale Kriminalität. Wir freuen uns, in Ihnen, Herr Präsident,
in Ihrer Regierung und den Autoritäten Ihres Landes, verläßliche
Partner und gute Freunde zu haben. Ich füge hinzu: Sie, unsere
Freunde in Namibia, können sich auf Ihre deutschen Freunde
verlassen.

Meine Damen und Herren, in wenigen Tagen, am 3.
Oktober, feiern wir Deutschen den fünften Jahrestag der
Wiedervereinigung unseres Vaterlandes. Natürlich stehen wir bei der
Überwindung der Folgen von vierzig Jahren Teilung noch vor großen
Schwierigkeiten. Ich bin aber sicher, daß wir die noch vor uns
liegenden Aufgaben der Einheit bewältigen können und werden.

Gerade auch aus unseren deutschen Erfahrungen der letzten Jahre
möchte ich Sie ermutigen, mit der gleichen Zuversicht den Weg des
politischen, wirtschaftlichen und sozialen Aufbaus Ihres Landes
entschlossen weiterzugehen. Wir Deutschen - dies sollen Sie wissen
- stehen dabei fest an Ihrer Seite. Für die Zukunft Ihres Landes
wünsche ich Ihnen Glück, Erfolg und Gottes Segen. Meine Damen
und Herren, ich darf Sie bitten, mit mir das Glas auf Ihr Wohlergehen,
Herr Präsident, und auf die Freundschaft zwischen unseren Völkern
zu erheben.

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