offizieller besuch des bundeskanzlers in der republik tuerkei vom 19. bis 21. mai 1993

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bundeskanzler dr. helmut kohl stattete der republik
tuerkei vom 19. bis 21. mai 1993 einen offiziellen
besuch ab.

empfang in der residenz des ministerpraesidenten
bei einem abendessen, gegeben vom tuerkischen ministerpraesidenten
professor dr. erdal inoenue am 19. mai 1993 in ankara,
hielt der bundeskanzler folgende rede:

herr ministerpraesident,
exzellenzen,
meine sehr verehrten damen und herren,

meinen besuch in der tuerkei habe ich soeben mit
einem offenen und guten gespraech mit ihnen, herr
ministerpraesident, begonnen. wir werden morgen und
uebermorgen noch viele gespraeche fuehren koennen, die
uns die gelegenheit geben werden, in dem grossen
buch der geschichte der deutsch-tuerkischen beziehungen
gemeinsam ein neues blatt zu schreiben. dies ist
das ziel meines besuches und die botschaft, die
ich ihnen und ihren landsleuten mitteilen moechte.
das erste, was ich in dieses buch hineinschreiben
moechte, ist ein wort des dankes, denn unsere tuerkischen
freunde haben in schwierigen zeiten stets zu uns
gehalten. wir haben nicht vergessen, dass sie uns
auf dem weg, der 1990 zur deutschen einheit gefuehrt
hat, immer vorbehaltlos unterstuetzt haben.
das deutsch-tuerkische verhaeltnis gruendet auf der
traditionellen und tiefen freundschaft unserer voelker.
sie drueckt sich auf verschiedenen feldern aus: in
der politik, im militaerwesen, in der wissenschaft,
in der kunstgeschichte. es war immer ein prozess
des gebens und nehmens.
herr ministerpraesident, unser verhaeltnis soll so
gut bleiben, wie es sich ueber lange zeitraeume entwickelt
hat. aber wir muessen jetzt neue anstrengungen unternehmen.
vor allem im bereich der wirtschaft bieten sich
neue moeglichkeiten, die es zu nutzen gilt. es waere
aber nicht gut, wenn dabei die kulturellen bindungen
zurueckblieben. die begegnungen zwischen menschen,
die begegnungen von dozenten, von studenten, dies
alles ist ein wichtiger bestandteil unserer beziehungen,
den wir nicht vernachlaessigen duerfen, sondern
weiterentwickeln muessen.
die tuerkei ist ein grosses und wichtiges land. sie
wird im laufe der vor uns liegenden jahre zusaetzlich
an gewicht und bedeutung gewinnen.
viele voelker der frueheren sowjetunion, in mittelasien
und am golf blicken auf ihr land. sie alle wissen,
dass infolge der
dramatischen veraenderungen in der welt ihrem land
in seiner region eine neue, eine sehr wichtige rolle
zugewachsen ist und dass es sich bemueht, diese mit
grossem verantwortungsbewusstsein auszufuellen.
gute beziehungen zwischen unseren laendern und voelkern
sind deshalb auch eine sache der vernunft. aber
sie sind immer auch eine sache des herzens.
vor wenigen jahren noch dachten viele, mit dem ende des
kalten krieges, mit der ueberwindung des ost-west-konfliktes
sei gleichsam der ewige frieden ausgebrochen. wir
alle wissen heute, dass das nicht so ist. wir muessen
weiter wachsam sein. frieden und freiheit gibt es
auch heute nicht zum nulltarif. deswegen auch ist
unsere politische zusammenarbeit in gemeinsamer
verantwortung fuer den frieden von grosser und entscheidender
bedeutung.
aber zwischen unseren beiden laendern gibt es noch
etwas, das mir sehr wichtig ist und das praegend
ist fuer unsere beziehungen: fast 2 millionen tuerkische
buerger leben heute in deutschland. in meiner eigenen
heimatstadt, die 150000 einwohner hat, sind es rund
7000. es sind maenner und frauen, die zum teil seit
jahrzehnten bei uns leben, die unseren wohlstand
mit erarbeitet haben. ohne sie waere das bruttosozialprodukt
unseres landes in seiner heutigen hoehe nicht moeglich.
die tuerken, die in deutschland leben, sind geachtete
bewohner unseres landes. manche von ihnen wollen
in deutschland bleiben, andere gehen in ihre heimat
zurueck und bringen dorthin das mit, was sie an erfahrungen
gewonnen haben.
fuer uns, auch fuer mich persoenlich war es deswegen
besonders schlimm, dass es gewalttaetige ausschreitungen
gegen auslaender in deutschland gegeben hat, die
sich auch gegen tuerkische
mitbuerger richteten. diese gewalttaten sind eine
schande fuer unser land, und wir sind tief erschuettert,
dass dabei auch tuerkische mitbuerger ums leben kamen.
wir werden alles tun, um mit der ganzen schaerfe
des gesetzes gegen solche taeter vorzugehen, die
gegen elementare grundsaetze des rechts, der kultur
und der traditionen meines landes verstossen haben.
menschen- und buergerrechte sowie freiheit und demokratie
- fuer deutsche wie fuer auslaendische mitbuerger -
sind und bleiben das fundament unserer staatlichen
ordnung.
herr ministerpraesident, ich will nicht verhehlen,
dass zwischen unseren laendern in den letzten jahren
auch missverstaendnisse aufgetreten sind. aber ich
bin mir auch sicher, dass wir sie schnell beseitigen
koennen. unter freunden muss man auch ueber das reden,
was vielleicht schwierig ist. eine freundschaft
ohne offenheit ist nichts wert. in diesem geist
und aus dieser ueberzeugung bin ich hierhergekommen.
ich freue mich deshalb auf unsere weiteren gespraeche.
wir haben heute schon vereinbart, dass wir die umsetzung
der ergebnisse unserer gespraeche nach einiger zeit
auch einer erfolgskontrolle unterziehen wollen.
es soll nicht nur bei einem kommunique bleiben,
fuer das sich spaeter nur noch politikwissenschaftler
an den universitaeten interessieren, wir wollen praktische
fortschritte in unseren bilateralen beziehungen
erzielen.
in diesem sinne, herr ministerpraesident, bedanke
ich mich sehr herzlich fuer das freundliche willkommen,
fuer die freundliche aufnahme hier in der tuerkei.
ich trinke auf ihr wohl, auf die freundschaft zwischen
unseren voelkern! ich trinke vor allem auf die vielen
jungen leute, die wir vorhin auf der strasse gesehen
haben, als wir anhielten und ausstiegen, und mit
denen wir sprachen. als ich dabei fragte, wer in
deutschland gewesen sei, haben sich viele gemeldet.
fuer diese jungen leute, die generation unserer kinder,
wollen wir auf das neue blatt der geschichte der
deutsch-tuerkischen beziehungen mit fester schrift
niederschreiben, was unsere ziele im blick auf die
zukunft sind.

verleihung der ehrendoktorwuerde
der istanbul-universitaet

bundeskanzler dr. helmut kohl hielt anlaesslich der
entgegennahme der ehrendoktorwuerde der istanbul-universitaet
am 21. mai 1993 in istanbul folgende ansprache:

magnifizenz,
meine damen und herren minister,
meine damen und herren aus der professorenschaft
der universitaet,
liebe studentinnen und studenten,
exzellenzen,
meine damen und herren,

es ist fuer mich eine grosse ehre und eine freude,
heute die ehrendoktorwuerde dieser ehrwuerdigen universitaet
empfangen zu duerfen. diese hohe auszeichnung ist
zugleich auch ein sichtbares zeichen fuer die freundschaft
zwischen dem tuerkischen und dem deutschen volk.
ich darf ihnen, magnifizenz, und ihnen, herr dekan,
sehr herzlich fuer die freundlichen worte danken,
die sie mir im namen des senats der universitaet
gewidmet haben.
die istanbul-universitaet hat in den deutsch-tuerkischen
beziehungen immer eine grosse rolle gespielt. sie
hatte einen bedeutenden anteil an der geistigen
begegnung zwischen deutschen und tuerken in diesem
jahrhundert.
als die hochschule am 1. august 1933 neu begruendet
wurde, sind namhafte deutsche gelehrte dem ruf kemal atatuerks
gefolgt. sie fanden hier nicht nur eine neue wirkungsstaette,
sie fanden zugleich - und ich will das besonders wuerdigen -
schutz vor verfolgung durch die nationalsozialistische
gewaltherrschaft im deutschland jener zeit.
die gedenktafel am eingang dieser universitaet zeugt
davon. der deutsche finanzwissenschaftler fritz
neumark hat hier gelehrt, ebenso viele andere beruehmte
oekonomen: mein
heidelberger lehrer in den 50er jahren, alexander
ruestow, war hier, wilhelm roepke, juristen wie andreas
schwarz und ernst hirsch, philosophen und orientalisten
wie ernst von aste und hellmut ritter, naturwissenschaftler
und mediziner wie friedrich dessauer und rudolf
nissen.
aber, meine damen und herren, nicht nur gelehrte
fanden "zuflucht am bosporus", um den buchtitel
fritz neumarks zu zitieren. der spaetere berliner
regierende buergermeister, der unvergessene ernst
reuter, hat als verwaltungs- und verkehrsexperte
in istanbul und in ankara gelebt und gearbeitet.
zuflucht und heimstaette in der tuerkei fanden auch
kuenstler wie der spaetere berliner opernintendant
carl ebert und der komponist paul hindemith. man
koennte die liste der namen verlaengern.
es sind wichtige namen der deutschen und der europaeischen
geistesgeschichte. wir wissen wohl zu wuerdigen,
auch wir in einer spaeteren generation, was die tuerkei
atatuerks in jenen tagen fuer unsere deutschen landsleute
getan hat.
alle, die damals hier aufnahme und zuflucht fanden,
berichten von der ueberwaeltigenden gastfreundschaft,
der offenheit und der hilfsbereitschaft des tuerkischen
volkes. sie haben es als grosses geschenk empfunden.
wir wollen diese erinnerung dankbar pflegen.
die akademischen schueler der von mir genannten persoenlichkeiten
bekleiden heute wichtige positionen im staat, in
der wirtschaft und in der gesellschaft unserer beiden
laender. bis heute haben sie praegenden einfluss auf
unsere zusammenarbeit. sie tragen mit dazu bei,
dass wir uns gegenseitig besser verstehen. ich bin
sicher, ohne dieses wichtige erbe haette das deutsch-tuerkische
verhaeltnis manche belastungen in juengster zeit nicht
ohne schaden ertragen.
auch unter engen freunden, meine damen und herren,
kommt es immer wieder zu meinungsverschiedenheiten,
auch missverstaendnissen. das ist auch in unserem
falle so. aber ich denke, gerade unter freunden
muss es moeglich sein, kritische fragen anzusprechen
und in einem ehrlichen und offenen gespraech auszuraeumen.
ich glaube, das wichtigste ist, dass wir alles tun,
um uns besser zu verstehen. dies kann und wird nicht
gelingen ohne kenntnis der geschichte, der kultur,
der tradition, der mentalitaet des freundes und des
partners. dies ist im privaten leben nicht anders
als im miteinander der voelker.
erst wenn wir gelernt haben uns zu verstehen, koennen
wir auch urteilen. diese doch eigentlich sehr einfache
lebenserfahrung ist in der vergangenheit oft uebersehen
worden. fuer das gegenseitige verstaendnis kommt unserer
wissenschaftlichen und kulturellen zusammenarbeit
eine ganz herausragende bedeutung zu.
heute frueh haben wir in einem gespraech mit wirtschaftlern
und unternehmern ueber die gruendung einer deutsch-tuerkischen
handelskammer, einer deutsch-tuerkischen wirtschaftskommission,
und, magnifizenz, um konkurrenz auch fuer sie zu
machen, ueber die gruendung einer deutsch-tuerkischen
universitaet hier in istanbul gesprochen. das alles
sind schritte, die diesem ziele - dem gegenseitigen
verstehen - dienen.

meine damen und herren, fast zwei millionen tuerken
leben in deutschland. sie sind ein wichtiges kapital
fuer unsere voelker. sie leben bei uns, sie arbeiten
bei uns, wir haben sie zu uns gebeten. ohne ihre
arbeitskraft waere das bruttosozialprodukt und der
wirtschaftliche wohlstand unseres landes gar nicht
denkbar.
die zeit ist in diesen jahren auch im deutsch-tuerkischen
verhaeltnis nicht stehengeblieben. die preussisch-deutschen
militaerbeziehungen mit dem osmanischen reich gehoeren
der vergangenheit an. die tage, als der grosse stratege
helmuth von moltke als hauptmann der preussischen
armee hier am bosporus plaene und karten gezeichnet
hat, sind lange her. namen wie moltke, von der goltz
und liman von sanders verkoerpern einen wichtigen
teil unserer geschichte.
heute haben wir grossen bedarf beim ausbau unserer
beziehungen in den bereichen der wissenschaft, der kultur
und nicht zuletzt auch der wirtschaft. wissenschaftsorganisationen
wie die alexander-von-humboldt-stiftung und der
deutsche akademische austauschdienst haben entscheidendes
verdienst an der gestaltung des deutsch-tuerkischen
verhaeltnisses. das gilt auch fuer das vom stifterverband
fuer die deutsche wissenschaft und der freudenberg-stiftung
im jahre 1985 gegruendete zentrum fuer tuerkeistudien,
das dazu beitraegt, den informations- und wissensstand
ueber die tuerkei in der deutschen oeffentlichkeit
zu verbreitern.
von besonderer bedeutung - ich will es ruehmend erwaehnen
- sind auch die derzeit 21 hochschulkooperationen,
zu denen die gute beziehung der istanbul-universitaet
mit der universitaet muenchen sowie mit der freien
und der technischen universitaet berlins gehoeren.
seit 1988 haben mehr als 1500 studenten aus der
tuerkei und 400 deutsche studenten und wissenschaftler
stipendien-aufenthalte im partnerland erhalten.
noch bemerkenswerter scheint mir, dass in diesem
sommersemester 13000 tuerkische studenten an deutschen
universitaeten studieren. es handelt sich dabei auch
um kinder tuerkischer eltern, die schon ihre schulzeit
in deutschland verbracht haben. mit ihrer kenntnis
beider kulturen und beider sprachen erfuellen sie
eine entscheidende, von vielen oft gar nicht recht
wahrgenommene brueckenfunktion zwischen deutschland
und der tuerkei.
meine damen und herren, wenn ich hier ruehmend diese
tatsachen berichte, muss ehrlicherweise auch von
der juengsten vergangenheit gesprochen werden, in
der es in deutschland kriminelle angriffe irregeleiteter
gewalttaeter gegen auslaender gegeben hat. dabei sind
auch tuerkische mitbuerger ums leben gekommen. dies
hat uns tief erschuettert, und wir trauern mit den
angehoerigen der opfer. diese gewalttaten wurden
und werden von der ueberwaeltigenden mehrheit der
buerger in deutschland mit grosser entschiedenheit
und auf das schaerfste verurteilt. wir tun alles,
damit gegen diese kriminellen taeter mit der haerte
des gesetzes vorgegangen wird.
meine damen und herren, wir deutsche wollen mit
unseren mitbuergern aus der tuerkei in frieden und
harmonie leben. wir wissen auch um die probleme,
die sich im privaten alltag, im religioesen und in
vielen anderen bereichen notwendigerweise ergeben,
wenn menschen aus zwei voellig verschiedenen hochkulturen
zusammenleben. aber das wichtigste ist, dass dieses
miteinander auch menschliche bereicherung bedeutet.
ich sage dies ganz bewusst hier in dieser grossartigen
stadt, einer der schoensten staedte unserer erde,
in der stadt istanbul. sie war seit tausenden von
jahren ein schmelztiegel unterschiedlicher voelker
und kulturen. eine wechselhafte, oft dramatische
geschichte durch die jahrtausende, die
begegnung von orient und okzident haben hier erfahrungen
reifen und schoepfungen hervorbringen lassen, die
wir jetzt am ende des jahrtausends gemeinsam nutzen
wollen.
nur wenige, ich moechte fast sagen, zu wenige menschen
in europa, auch bei uns zu hause in deutschland,
machen sich wirklich klar, dass der eiserne vorhang
gefallen ist, dass der ost-west-gegensatz in sich
zusammengebrochen ist, dass wir nicht nur mitten
in deutschland, mitten in berlin die mauer fallen
sahen, sondern dass auch die ostgrenze der tuerkei
eine voellig neue chance fuer offenheit und miteinander
erfahren hat. das schwarze meer ist eben nicht mehr
das binnenmeer, wo sich warschauer pakt und nato
gegenueberstehen. es sind neue moeglichkeiten entstanden.
gewiss, moeglichkeiten, die risiken beinhalten. aber
ich kann ihnen nur immer wieder sagen - ich habe
das in diesen zwei tagen immer wieder gesagt: ich
sehe die vollendung von traeumen, die wir gehabt
haben - den traum der deutschen einheit, der moeglichkeit
miteinander zu leben, die tatsache, dass das alte
petersburg wieder petersburg heisst und nicht mehr
leningrad, dass unsere tuerkischen freunde uralte
beziehungen zu den laendern in mittelasien, den turkvoelkern,
wieder reaktivieren - dies alles ist nicht mehr
nur ein traum, sondern es ist realitaet.
wir sollten darueber nicht jammern, sondern dankbar
sein. wir sollten die chancen sehen und die moeglichkeiten
und dann auch die risiken nicht vergessen.
die von der tuerkei ausgerichteten gipfeltreffen
der schwarzmeer-kooperation sowie der kaukasischen
und zentralasiatischen laender im vergangenen jahr
hier in istanbul sind nur ein aeusseres signal fuer
diese dramatische veraenderung, eine veraenderung
zum besseren. hochgesteckte erwartungen vor allem
der neuen staaten in zentralasien sind hier auf
ihr land, die tuerkei, gerichtet.
getreu dem wort atatuerks, der sagte: "frieden im
innern, frieden aussen" hat sich ihr land, die tuerkei,
diesem wandel umsichtig und mit grosser verantwortungsbereitschaft
gestellt. bei der bewaeltigung dieser neuen aufgaben
wollen wir gemeinsam, tuerken und deutsche, unseren
weg gehen. wir wollen dem dicken buch der geschichte
der deutsch-tuerkischen beziehungen, in dem so viele
kapitel ueber kulturelle beziehungen, ueber die beziehungen
in der politik, ueber die beziehungen der wissenschaft
enthalten sind, ein neues blatt hinzufuegen, auf
dem weitere moeglichkeiten der kooperationen verzeichnet
werden.
ich betrachte diese hohe ehrung, die mir heute an
ihrer universitaet zuteil wird, als einen wichtigen,
als einen moralischen auftrag, dienst fuer die deutsch-tuerkische
freundschaft und fuer das menschliche, fuer das politische
miteinander zu leisten.
ich wuensche vor allem den studenten, magnifizenz,
und allen lehrenden hier an dieser universitaet fuer
die zukunft viel glueck und gottes segen.
als ich im jahre 1950 nach meinem abitur zunaechst
die universitaet frankfurt und dann die universitaet
heidelberg bezog, war der kalte krieg auf dem hoehepunkt.
der korea-krieg wuetete. es herrschte weltweit angst,
es gab weltweite diskussionen, gibt es den dritten
weltkrieg, wird die nuklearwaffe eingesetzt? ich
habe in der spanne meines lebens erlebt, dass ich
selbst als verantwortlicher deutscher regierungschef
1983 den nato-doppelbeschluss, die stationierung
der pershing-raketen, herbeifuehren und durchsetzen
musste.
heute stehen wir vor problemen bei der abruestung.
heute brauchen wir wieder geld, um raketen zu verschrotten,
um chemiewaffen und biologische waffen abzubauen.
dies ist eine grossartige wendung. es ist fuer die
jungen studenten in unseren voelkern, fuer die 20-,
25jaehrigen, eine einmalige chance. so macht das,
glaube ich, einen sinn, dass jemand, der wie ich
noch den zweiten weltkrieg als kind erlebt hat,
versucht, diese botschaft weiterzugeben an die naechste
generation, damit diese die gleichen fehler nicht
wieder macht. sie wird ihre fehler machen, aber
nicht mehr die gleichen fehler, die mit so viel
not und elend verbunden waren.
ich wuensche ihnen alles gute fuer die zukunft und
bedanke mich sehr herzlich fuer die ehrung und fuer
die moeglichkeit, zu ihnen zu sprechen.