Kunstfund Gurlitt
Kulturstaatsministerin Monika Grütters hat heute in Berlin das "Portrait einer sitzenden jungen Frau" des französischen Malers Thomas Couture an die Familie des ursprünglichen Eigentümers Georges Mandel zurückgegeben. Dabei handelt es sich um den fünften Restitutionsfall aus dem Kunstfund Gurlitt.
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Ein winziges, repariertes Loch in der Leinwand brachte den entscheidenden Hinweis zur Herkunft des Gemäldes, ein kleiner Einriss auf Höhe der Brust der "jungen Frau". Genau so hatte es Mandels Lebensgefährtin, Béatrice Bretty, auch zu Protokoll gegeben, als sie das Gemälde gleich nach Kriegsende als vermisst gemeldet hatte - zum Glück, denn oft sind es kleinste Details oder auch große Zufälle, die darüber entscheiden, ob sich die Provenienz eines Werkes zweifelsfrei klären lässt.
In diesem wie in weiteren vier Fällen aus dem Kunstfund Gurlitt ist es nach akribischer Forschung gelungen, den ursprünglichen Eigentümer des NS-verfolungsbedingt Gemäldes zu ermitteln. Dessen Nachfahren übergab Kulturstaatsministerin Grütters heute im Martin-Gropius-Bau in Berlin das Werk. Dort war es in einer Ausstellung zum Kunstfund Gurlitt zu sehen.
Der spektakuläre Kunstfund Gurlitt hatte 2012 für weltweites Aufsehen gesorgt: 1.500 Werke wurden aus dem Besitz von Cornelius Gurlitt, dem Sohn des Kunsthändlers Hildebrand Gurlitt, als mögliche Raubkunst beschlagnahmt. Darunter befanden sich Gemälde, Zeichnungen und Drucke weltbekannter Künstler wie Picasso, Chagall und Matisse. Nach dem Tod Gurlitts übernahm das von ihm als Erbe eingesetzte Kunstmuseum Bern die Sammlung. Dieses hatte 2014 eine Vereinbarung mit der Bundesregierung und dem Freistaat Bayern getroffen, welche die Provenienzklärung der Werke sowie eine umfangreiche Zusammenarbeit vorsieht.
Bewegender Schlusspunkt für die Gurlitt-Ausstellungen
Für Kulturstaatsministerin Grütters setzt diese Rückgabe "einen bewegenden Schlusspunkt unter die Ausstellungen zum Kunstfund Gurlitt.“ Grütters dankte der Familie Georges Mandels, "dass dieses Werk an allen drei Ausstellungsstandorten in Bonn, Bern und Berlin gezeigt werden konnte." Damit sei es möglich geworden, das Schicksal des jüdischen Politikers Georges Mandel einer breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen.
In der Doppelausstellung "Bestandsaufnahme Gurlitt" hatten die Bundeskunsthalle Bonn und das Kunstmuseum Bern jeweils vier Monate lang ausgewählte Werke aus dem Kunstfund gezeigt. Dritte Station der Werkschau war der Martin-Gropius-Bau in Berlin. Dort wurden bis zum 7. Januar 2019 rund 200 Objekte aus dem Nachlass Gurlitt präsentiert.
Der jüdische Politiker und Nazi-Gegner George Mandel war als sogenannter "Ehrenhäftling" in deutschen Lagern festgehalten und 1944 bei Fontainebleau von der französischen Miliz ermordet worden. Den Kontakt zu Mandels Nachfahren hatte die französische Kommission für die Entschädigung der Opfer von Enteignungen aufgrund der antisemitischen Gesetzgebung während der Okkupationszeit (CIVS) hergestellt.
Aufarbeitung des NS-Kunstraubs geht weiter
Mit Blick auf die Schwierigkeiten der Provenienzforschung betonte die Staatsministerin: "Auch dieser Fall mahnt uns, in der rückhaltlosen Aufarbeitung des NS-Kunstraubs, für die Deutschland Verantwortung trägt, nie nachzulassen."
Hierzu hat die Staatsministerin die Mittel für die Provenienzforschung in Deutschland in den vergangenen Jahren bereits deutlich erhöht. Im Jahr 2019 stehen dafür insgesamt rund 9,8 Millionen Euro im Haushalt der Kulturstaatsministerin zur Verfügung. Zentraler Ansprechpartner ist das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste in Magdeburg, das die Staatsministerin in Folge des Kunstfunds Gurlitt Ende 2014 initiiert hatte.