Mehr Hitze und Allergien

Klimawirkung und Gesundheit Mehr Hitze und Allergien

Wetter und Witterung wirken sich auf menschliches Wohlbefinden und menschliche Gesundheit aus - sowohl auf den Körper als auch auf die Psyche. Eine wesentliche Rolle für die Gesundheit spielen besonders die steigenden Temperaturen, die mit dem Klimawandel einhergehen. Doch es gibt auch wirksame Möglichkeiten der Anpassung an diese Veränderungen.

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Das Bild zeigt eine Gruppe junger Menschen, die ins Wasser eines Sees rennt.

Wer kann, verschafft sich bei Hitze Abkühlung an einem nahegelegenen See. 

Foto: Getty Images

1. Risiken und Fakten

Hitze

Körperlich belastet Hitze insbesondere das Herz-Kreislaufsystem, fördert Atemwegskrankheiten, rheumatische Beschwerden sowie Kopfschmerzen und Migräne. Aggressives Verhalten nimmt zu. Und Untersuchungen belegen, dass sogar die Selbstmordrate mit zunehmenden Temperaturen steigt. Sonnenreiche, hohe Temperaturen gehen zudem mit hoher UV-Strahlung einher und erhöhen das Risiko UV-bedingter Gesundheitsschäden. Die UV-Strahlung begünstigt auch chemische Prozesse, die zu einer höheren Luftschadstoffbelastung führen. 

Dass die Hitzebelastung zunimmt, gilt heute bereits als gesichert. Ursache dafür sind eine steigende Anzahl von Hitzeperioden und ihre längere Dauer, die der Klimawandel verursacht.  Die Verdichtung von Innenstädten und die zunehmende Konzentration der Bevölkerung verstärkt die Hitze durch den sogenannten Wärmeinseleffekt und das Wachstum der Städte ins Umland vergrößert deren Fläche. 

Gleichzeitig bewirkt der demographische Wandel eine stärkere Belastung durch die Hitze, denn Menschen im Alter von 75 Jahren und älter gelten als besonders sensitiv gegenüber heißen Temperaturen. Sie leiden besonders stark unter Hitze ebenso wie Menschen mit verschiedenen Vorerkrankungen und Kleinkinder. Die Gesundheit wird so stark belastet, dass die Sterblichkeit ansteigt. Laut Ärzteblatt vom 2. August 2019 beispielsweise verursachte die Hitze in Baden-Württemberg von Juni bis August 2018 fast 2.000 Todesfälle. Das waren rund 7,5 Prozent der Todesfälle in diesem Zeitraum.

Extremwetterlagen wie Starkregen oder Hochwasser

Aber auch andere Wetterextreme können die menschliche Gesundheit gefährden: Frost, Stürme und Überschwemmungen durch Hochwasser oder Starkregen. Hagel und Starkregen könnten sich häufen und intensiver werden. Mit der zunehmenden Häufigkeit und Intensität von Extremwetterereignissen steigt auch die Gefahr für Menschen.

Nicht nur durch den direkten Einfluss, sondern auch durch die Gefahren für die Infrastruktur: Unwetter oder länger anhaltende Wetterlagen können dazu führen, dass Gesundheitseinrichtungen ihren Aufgaben zeitweise nicht in vollem Umfang nachkommen können, weil sie überlastet sind oder die notwendige Infrastruktur ausfällt.

Veränderungen im Ökosystem

Indirekt wirkt sich Klimawandel auf die Gesundheit aus: Er begünstigt Allergien, die Ausbreitung von Krankheitserregern oder Überträgern von Krankheiten. Zudem steigen die UV-Strahlenbelastung der Sonne und die Konzentration von Schadstoffen in der Luft. 

Allergien

Aufgrund der wärmeren Temperaturen startet die Pollensaison früher im Jahr und hält länger an. In manchen Jahren geht schon heute eine Saison ohne Pause direkt in die nächste über. Das bedeutet eine höhere Belastung für Allergiker. 
 

Beispiel Erle: 
Die Studie des UBA (KWRA 2021) untersucht die Erle genauer. Sie eröffnet als Frühblüher mit der Hasel die Pollensaison. Nach den Berechnungen könnte sie Ende des Jahrhunderts im deutschlandweiten Mittel um circa zwei Wochen früher blühen. Zudem erwartet die Studie, dass Pflanzen künftig mehr und stärker allergene Pollen freisetzen als bislang. Die Art der Pollen kann sich zudem in den Regionen verändern, weil sich die Vegetationszonen verschieben können. 
 

Krankheitserreger

Die zunehmende Wärme begünstigt das Wachstum bestimmter Mikroorganismen und Algen und fördert ihrer Verbreitung.

Beispiel Vibrio
Die Bakteriengattung der Vibrionen kommt natürlicherweise in Brack- und Meerwasser vor und kann tödliche Infektionen hervorrufen. Sie ist dabei von der Wassertemperatur abhängig. Wärmere Meere könnten die Zahl der Infektionen durch Vibrionen steigern. Auch hier gilt: Eine ältere Bevölkerung -wie sie der demographische Wandel zeigt - reagiert potenziell sensibler auf solche Infektionen.

Überträger von Krankheiten

Nicht nur Bakterien und andere Mikroorganismen, auch Krankheitsüberträger wie Mücken, Zecken und Mäuse beeinflusst das Klima. Hierzulande könnten insbesondere Schildzecken von den Veränderungen profitieren. Sie könnten zukünftig länger aktiv und weiterverbreitet sein. 

Zusätzlich könnten bislang nicht heimische Arten durch den internationalen Personen- und Warenverkehr eingeschleppt werden. Der Klimawandel begünstigt die Ansiedlung nichtheimischer Arten.

Zunehmende UV-Strahlung der Sonne

Die UV-Strahlung der Sonne gilt als Hauptursache für Hautkrebs. Seit Jahrzehnten steigen die Raten der Hautkrebsneuerkrankungen weltweit an. In Deutschland haben sie sich seit 2000 mehr als verdoppelt. Der Klimawandel könnte die Situation verschärfen, denn die Zahl der Sonnenstunden nimmt zu, die Wolken könnten abnehmen – auch wenn es hier bei den Prognosen noch Unsicherheiten gibt. Insgesamt erhöht sich so die potenzielle UV-Strahlungsbelastung. Sollten sich die Menschen mehr im Freien aufhalten, etwa weil es wärmer ist, bedeutet auch dies eine stärkere UV-Belastung. 

Die Wechselwirkungen zwischen Treibhausgasen, Klimawandel und der stratosphärischen Ozonschicht sind komplex und beeinflussen auch die Erholung der Ozonschicht.  In den vergangenen 20 Jahren gab es öfter Zeiten, in denen das Ozon niedrig war.  Auch sie können eine signifikant erhöhte UV-Belastung zur Folge haben.

Luftqualität

Wetter und Witterung beeinflussen ebenfalls die Konzentration von Schadstoffen in der Luft und damit die Gefahr von Atembeschwerden. Eine größere Anzahl heißer Tage und die dadurch geringere Luftzirkulation könnten eine höhere Belastung mit Luftschadstoffen zur Folge haben. Mildere Winter und gleichzeitig eine höhere  Feinstaubkonzentration im Sommer in Innenstädten könnte dann die Jahresspitzen der Belastung aus dem Winter in den Sommer verschieben.

Wer ist örtlich oder persönlich besonders betroffen?

Grundsätzlich können wetter-, witterungs- und klimabeeinflusste Krankheiten jeden treffen. Durch Alter oder Vorerkrankungen geschwächte Menschen können aber noch sensibler auf diese Veränderungen reagieren und sind stärker bedroht. Auch Menschen, die sich beispielsweise beruflich bedingt viel im Freien aufhalten, sind der gesundheitsgefährdenden Situationen länger und häufiger ausgesetzt. Ebenso diejenigen, die in innerstädtischen Bereichen oder dicht bebauten Gebieten wohnen. Diese Gebiete erhitzen sich stärker. 
Wenn ein funktionierendes und gut erreichbares Gesundheitssystem fehlt, sind Menschen ebenfalls besonders betroffen. Der Klimawandel bringt auch für das Gesundheitssystem selbst neue Herausforderungen.

2. Anpassungsmöglichkeiten und Maßnahmen

Bundesumweltministerium, Bundesgesundheitsministerium und Bundeslandwirtschaftsministerium arbeiten gemeinsam daran, die Menschen bestmöglich zu schützen.

  • Frühwarnsysteme wie das Hitzewarnsystem des Deutschen Wetterdienstes (DWD), die Ozonwarnungen des Umweltbundesamtes (UBA) und den UV-Index des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) ein machen auf die Risiken tagesaktuell aufmerksam und informieren Interessierte und Betroffene;
  • Studien untersuchen Wirkungen des Klimawandels auf Krankheitserreger und allergieauslösende Pflanzen;
  • Informationen stoßen Ausbildungs- und Weiterbildungsprogramme für Beschäftigte im Gesundheitswesen an;
  • Informationsportale wie www.klivo.de informieren über Anforderungen in der Stadt- und Landschaftsplanung, mit denen den veränderten klimatischen Bedingungen Rechnung getragen werden kann;
  • Das Zentrum Klimaanpassung berät zu Maßnahmen und Förderprogrammen für klimafreundliche Stadtplanungen https://zentrum-klimaanpassung.de/foerderberatung ;
  • Das Bundesumweltministerium klärt über gesundheitliche Gefahren des Klimawandels auf und zeigt Möglichkeiten der Vorsorge 
  • Förderprogramme bringen Forschung und Innovationen voran, um notwendige gesundheitliche Anpassungen an die Folgen des Klimawandels voranzutreiben.

 3. Ideen für künftige Maßnahmen

Neue Regelungen zum Arbeitsschutz könnten bei den besonders betroffenen Tätigkeiten im Freien vor zunehmender Belastung durch Hitze und UV-Strahlung schützen und flankiert werden durch zielgruppenspezifische Informationen.

Doch auch bei Klimaanpassungsmaßnahmen gibt es Zielkonflikte: Während einerseits mehr Bäume und Pflanzen in der Stadt ein Mittel sind, die Hitze dort erträglich zu halten, sollte dabei berücksichtigt werden, wie allergen die Neupflanzungen sind. So können gleichzeitig Allergiker in der Stadt geschützt werden. Mehr Wasser in der Stadt kommt dem Stadtklima zugute, muss aber die Verbreitung von Mikroorganismen im Blick behalten.

Das Bundesumweltministerium fördert innovative Projekte zur Klimaanpassung und damit neue Ideen, wie die Klimawirkungen in den Städten gemeistert werden können: Hamburg testete, welche Bäume in der Stadt der Zukunft am besten gedeihen und wie begrünte Dächer strategisch eingesetzt werden können, Neuss, wie eine Stadt den Boden als Kühlmoment nutzen kann oder Humberg, wie gerade in Trockenphasen Bäume besser bewässert werden können.