Sulzbacher Torarolle im Bundestag
Die Sulzbacher Torarolle ist ein beeindruckendes Zeugnis für die jahrhundertelange deutsch-jüdische Geschichte. Anlässlich des Gedenktages für die Opfer des Nationalsozialismus wurden am 27. Januar in einer feierlichen Zeremonie im Deutschen Bundestag die letzten Buchstaben in die restaurierte Schriftrolle eingefügt.
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Rund neun Kilogramm ist sie schwer und 304.805 Buchstaben lang: die Sulzbacher Torarolle. Die handgeschriebene Schriftrolle, die 1793 für die jüdische Gemeinde im bayerischen Sulzbach angefertigt wurde, ist eines der ältesten erhaltenen Exemplare im süddeutschen Raum.
Wie durch ein Wunder überlebte sie 1822 den Stadtbrand, bei dem die örtliche Synagoge zerstört wurde. Auch die Reichspogromnacht 1938 überstand sie nahezu unversehrt. 2014 entdeckte der Rabbiner Elias Dray die mittlerweile verblichene und daher für den Gottesdienst nicht mehr verwendbare Schriftrolle in einem Toraschrein.
Für die kleine jüdische Gemeinde des Rabbiners im oberpfälzischen Amberg waren die Kosten für die Restaurierung, die nur von speziell dafür ausgebildeten Toraschreibern ausgeführt werden darf, allein nicht zu stemmen. Mit finanzieller Unterstützung des Bundes konnte 2017 in Israel mit der Restaurierung begonnen werden.
Die Restaurierung der Sulzbacher Torarolle wurde über die Koordinierungsstelle für die Erhaltung des schriftlichen Kulturguts (KEK) durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien finanziert.
Feierliche Zeremonie im Deutschen Bundestag
Nach jüdischer Tradition kommen Torarollen unvollendet in die Synagoge. In einer feierlichen Zeremonie werden dort, in Anwesenheit von „Paten“, die letzten Buchstaben aufgetragen. Erst dann, wenn alle Buchstaben gut lesbar sind, können sie in der liturgischen Praxis eingesetzt werden. Zur Vollendung der Sulzbacher Torarolle wurde ein besonderer, symbolträchtiger Anlass gewählt.
Ihre Fertigstellung fand am 27. Januar, dem Holocaust-Gedenktag, im Anschluss an die Gedenkstunde für die Opfer des Nationalsozialismus im Andachtsraum des Deutschen Bundestags statt. Mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble, Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundesratspräsident Reiner Haseloff und Bundesverfassungsgerichtspräsident Stephan Harbarth begleiteten die höchsten Repräsentanten der Bundesrepublik die Feierstunde als „Paten“.
„Das ist ein wichtiges und schönes Zeichen unserer Verbundenheit mit der jüdischen Kultur“, sagte Kulturstaatsministerin Grütters. Die Zeremonie unterstreiche, „dass sich der deutsche Staat seiner Verantwortung bewusst ist, jüdisches Leben in Deutschland zu schützen und für seine freie Entfaltung Sorge zu tragen.“