Zweifelhaftes Verfahren in Moskau

Prozess gegen ukrainische Kampfpilotin Zweifelhaftes Verfahren in Moskau

Die Bundesregierung fordert die sofortige Freilassung der in Moskau inhaftierten ukrainischen Kampfpilotin Sawtschenko "aus humanitären Gründen". Regierungssprecher Seibert betonte, ihr Gesundheitszustand gebe "Anlass zu ernster Besorgnis".

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Die Bundesregierung verfolge den Prozess gegen die unter Mordanklage stehende ukrainische Kampfpilotin Nadja Sawtschenko "mit großer Aufmerksamkeit". Das sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch in Berlin. Das Verfahren gegen die 34-Jährige war in der vergangenen Woche in Moskau eröffnet worden.

Sorge um Hungerstreikende

Sawtschenkos Gesundheitszustand aufgrund ihres Hungerstreiks gebe "Anlass zu ernster Besorgnis", sagte Seibert. Sie hatte ihren bereits Ende vergangenen Jahres begonnenen Hungerstreik zwischenzeitlich abgebrochen. Seit der Eröffnung des Prozesses gegen sie am 4. März, in dem sie unter Mordanklage steht, verweigert Sawtschenko aus Protest abermals die Nahrungsaufnahme.

Fragwürdige Methoden

"Ihre über 20-monatige Inhaftierung mit Einzelhaft, mit fragwürdigen Verhörmethoden, widerspricht internationalen Standards", kritisierte Seibert. Es gebe darüber hinaus weiterhin viele Fragen dazu, wie die Pilotin auf russisches Territorium verbracht wurde. Sawtschenko wurde unter bisher nicht eindeutig geklärten Umständen von prorussischen Separatisten in der Ostukraine nach Russland verschleppt.

Am 17. Juni 2014 war Nadja Sawtschenko, die einzige Kampfpilotin der Ukraine, in der Nähe der ostukrainischen Separatistenhochburg Luhansk gefangen genommen worden. Sie wurde nach Russland gebracht und dort inhaftiert. Ihr wird zur Last gelegt, für den Tod zweier Journalisten des russischen Staatsfernsehens mitverantwortlich zu sein. Diese waren durch Artilleriebeschuss der ukrainischen Armee ums Leben gekommen. Im Sommer 2015 wurde Sawtschenko unter Anklage auf Beihilfe zum Mord gestellt. Sie soll das Geschützfeuer gezielt auf die Reporter gelenkt haben.

Geist und Buchstaben von Minsk erfüllen

Der Regierungssprecher stellte klar, der Prozess gegen Nadja Sawtschenko verstoße "gegen Geist und Buchstaben der Vereinbarungen von Minsk". Gemeinsam mit seinen Partnern in der Europäischen Union und den USA rufe die Bundesregierung die Verantwortlichen in Russland zur sofortigen Freilassung von Nadja Sawtschenko "aus humanitären Gründen" auf, sagte Seibert.

Dies wäre auch in Übereinstimmung mit dem Minsker Maßnahmenpaket und der darin enthaltenen Zusage, alle Gefangenen und Geiseln auszutauschen, so der Sprecher.

Lagerhaft für Filmemacher von der Krim

In diesem Zusammenhang erinnerte Seibert auch an das Schicksal des ukrainischen Regisseurs Oleg Senzow. Der Filmemacher von der Krim wurde im Sommer 2015 zu 20 Jahren Lagerhaft verurteilt.

"Nicht nur ist das Strafmaß unverhältnismäßig, auch den Vorwürfen von Folter und Misshandlungen während des Prozesses sollte nachgegangen werden", forderte der Regierungssprecher.