Waffen müssen schweigen

Ukraine-Krise Waffen müssen schweigen

Die Bundeskanzlerin sieht Russland weiterhin in der Pflicht, auf ein friedliches Verhalten der Separatisten in der Ukraine hinzuwirken. Präsident Poroschenko hatte ihr telefonisch von Angriffen auf abziehende ukrainische Verbände berichtet. Dies stelle eine Verletzung der Waffenruhe dar.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel bekräftigte die Notwendigkeit einer umfassenden Umsetzung des in Minsk vereinbarten Maßnahmenpakets mit einer zentralen Rolle der OSZE bei deren Überwachung. Dafür sei nun vor allem die russische Seite in der Verantwortung, entsprechend auf die Separatisten einzuwirken.

Gemeinsame europäische Haltung

Am Rande ihrer Begegnung mit dem rumänischen Präsidenten Klaus Johannis hatte Merkel bekräftigt: "Wir sind jetzt erst einmal dabei, in der Ukraine daran zu arbeiten, dass es einen Waffenstillstand gibt, der auch über eine längere Zeit hält." Es gehe jetzt darum, voranzukommen mit der Implementierung der Maßnahmen zum Minsker Abkommen vom September 2014. Diese hatte die Kanzlerin zusammen mit Frankreichs Präsident Hollande am 12. Februar ausgehandelt.

Es müsse alles getan werden, um den Konflikt in der Ukraine zu lösen, pflichtete Johannis bei und lobte die Kanzlerin für ihre Bemühungen. Rumänien unterstütze die Souveränität, die Unabhängigkeit und die Integrität der Ukraine im Rahmen der international anerkannten Grenzen dieses Staates. Das Minsker Maßnahmenpaket müsse "wirklich in Kraft gesetzt" werden, so der Gast aus Rumänien.

Am vergangenen Wochenende (21./22. Februar) tauschte die Armee der Ukraine mit den Separatisten Gefangene aus. In der zweiten Wochenhälfte haben beide Konfliktparteien mit der Rückverlegung schwerer Waffen hinter die Frontlinie begonnen. Beides sind Teilschritte im Rahmen des Maßnahmenpakets von Minsk. Die Verletzungen der Waffenruhe sind deutlich zurückgegangen, ein umfassender Waffenstillstand in der gesamten Ostukraine ist jedoch weiterhin nicht erreicht.

Merkel ergänzte, gleichzeitig arbeite die Bundesregierung weiter daran, "den eingefrorenen Konflikt in Transnistrien zu lösen", einem abtrünnigen prorussischen Gebiet des rumänischen Nachbarstaats Moldawien. Merkel erinnerte daran, dass hier "alle internationalen Bemühungen bisher zu keinem Erfolg geführt haben." Auch in Moldawien könne man "nicht sagen, dass alles so ist, wie wir uns das wünschen", stellte die Kanzlerin fest.

EU gemeinsam für Minsk

Nach ihrem Treffen mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Stefan Löfven am Mittwoch (25. Februar) hatte Merkel die übereinstimmende Haltung in der Ukraine-Krise betont: "Es gibt eine ähnliche Bewertung in der Frage, wie wir die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise lösen können. Wir setzen auf diplomatische Bemühungen. Aber wir sagen genauso, dass wir Sanktionen nicht ausschließen können, wenn die Dinge sich verschlechtern. Insofern kann ich nur sagen, dass wir hier gemeinsam agieren."

Die Kanzlerin hob hervor, wie wichtig die gemeinsame Haltung der Europäischen Union in diesem Konflikt sei. Insbesondere gehe es jetzt darum, "mit einer Stimme zu sprechen, wenn es um das Mit-Leben-Erfüllen geht, was wir in Minsk verhandelt haben." Man müsse "alles daransetzen, diesen Hoffnungsschimmer in die Tat umzusetzen", auch wenn diese Umsetzung sehr schleppend erfolge.

In der Regierungspressekonferenz am Mittwoch stellte Regierungssprecher Steffen Seibert klar, in Deutschland stehe personelle Militärhilfe für die Ukraine derzeit nicht zur Debatte. Weiter sagte er: "Für uns steht auf der Tagesordnung alles, was dazu beitragen kann, dass endlich das umgesetzt wird, was gemeinsam in Minsk vereinbart worden war." Da sei festzustellen, "dass die Umsetzung der Vereinbarungen von Minsk weiterhin sehr unbefriedigend ist." Das mache Sorgen, weil es Fortschritte für die Menschen verhindere, die enorme Not litten.

Sanktionen weiter im Fokus

Merkel stellte fest, bisher sei es "immer gelungen, trotz sehr unterschiedlicher Perspektiven - gerade wenn es um die Frage diplomatischer Initiativen ging, aber auch, wenn es um die Frage notwendiger Sanktionen, die ja kein Selbstzweck sind, ging - immer wieder die europäische Einheit herzustellen." Dies sei eine sehr wichtige Botschaft auch in Richtung Russland.

Die EU habe ihre Sanktionsmaßnahmen am 16. Februar erweitert, ergänzte Regierungssprecher Seibert. Als Reaktion auf den Beschuss Mariupols durch Separatisten Ende Januar seien weitere Einrichtungen und Personen mit Vermögens- und Einreisesperren belegt worden. "Wir halten fest an dem Ziel der Minsker Vereinbarungen, und dieses Ziel lautet: Die Lage auch im Interesse der Menschen in der Ostukraine zu stabilisieren." Gleichzeitig müsse jedem klar sein, "dass bei einer weiteren Eskalation auch zusätzliche Maßnahmen nötig sein können, und dass - wie in der Vergangenheit - Europa auch die Kraft finden würde zu solchen Maßnahmen."

Russland bleibt im Wort

Den Worten und Zusicherungen müssten Taten folgen, so der Sprecher. "Je länger diese Taten auf sich warten lassen, desto mehr werden auch die Anschlussprozesse verzögert, auf die so viele notleidende Menschen in der Ostukraine warten." Man brauche die umfassende Waffenruhe, um einsteigen zu können in den ungehinderten Zugang für die OSZE-Beobachter. Dieser sei "absolut essenziell", um überprüfen zu können, ob es zu einem kontrollierten Abzug schwerer Waffen komme.

Jeder Schritt, insbesondere der Waffenabzug, müsse überwacht und verifiziert werden, forderte Seibert. Dafür sei die OSZE da. "Und da, wo sie nicht die Möglichkeit hat, ihre Leute zur Überwachung und Verifizierung an den richtigen Ort zu bringen, wo sie nicht die notwendigen Informationen hat, da muss das hergestellt werden." Diese Aufforderung gehe ganz klar an die Separatisten und "noch einmal dringlich auch an Russland: Dass es seinen Einfluss auf die Separatisten in dieser Frage geltend machen möge", betonte der Sprecher.

Die Bundesregierung arbeite weiter an der Umsetzung des Minsker Maßnahmenkatalogs, sagte Seibert. Er verwies auf das Treffen der vier Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Russlands und der Ukraine in Paris am Dienstag (24. Februar): "Wir erinnern noch einmal daran, dass Russland durch seine Zustimmung zur UN-Resolution eine zusätzliche Verpflichtung vor der Weltöffentlichkeit übernommen hat."

Europäische Friedensordnung sichern

Sicherheit in Europa mit Russland und nicht gegen Russland sei "unser Ansatz", bekräftigte die Kanzlerin. "Aber wenn es nicht geht, müssen wir halt auch unsere Prinzipien durchsetzen", stellte Merkel klar. Immerhin gehe es um nicht mehr und nicht weniger als um die europäische Friedensordnung und ihren Erhalt. Das sei "eine sehr prinzipielle Sache, und deshalb müssen wir auch gemeinschaftlich reagieren."