Studieren mit Behinderung an deutschen Hochschulen

Studieren mit Behinderung an deutschen Hochschulen

Rund 8 Prozent der Studierende in der Bundesrepublik Deutschland haben eine gesundheitliche Beeinträchtigung, die ihr Studium erschweren kann. Die Bundesregierung setzt sich für Chancengleichheit im deutschen Bildungssystem ein, wonach auch Menschen mit Behinderung und chronischer Krankheit barrierefrei studieren können sollen.

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Bei einer Vorlesung im Hörsaal einer Universität sitzen in der ersten Reihe mehrere Studierende im Rollstuhl

Barrierefrei studieren

Foto: JOKER

Mit dem Hochschulrahmengesetz gibt der Bund Rahmenbedingungen für das deutsche Hochschulwesen vor. Danach sind Hochschulen dazu verpflichtet, den Studierenden mit Behinderung ihr selbst gewähltes Studium zu ermöglichen.

Die Ausgestaltung dieses Bundesgesetzes obliegt aufgrund der Kultur- und Wissenschaftshoheit den Ländern. Ihre jeweiligen Landeshochschulgesetze enthalten spezifische Regelungen für Studierende mit Behinderung.

Barrierefreies Studium

Beratungsangebote und Service- und Unterstützungsangebote für ein barrierefreies Studium gibt es bundesweit an Hochschulen und Universitäten. Jungen Menschen soll trotz gesundheitlicher Beeinträchtigung ein selbstständiges Studentenleben ermöglicht werden. Universitäten stellen den Studierenden beispielsweise technische Hilfsmittel, wie behindertengerechte PC-Arbeitsplätze zur Verfügung. Oft helfen Studierende ohne Behinderung ihren Kommilitonen und Kommilitoninnen, den Studienalltag in Vorlesungen, Seminaren und Bibliotheken zu bewerkstelligen. Diese sogenannten Studienassistenten helfen bei der Mitschrift in Vorlesungen, wofür sie in der Regel eine Aufwandsentschädigung erhalten.

An der Universität Potsdam engagieren sich ehrenamtliche Studierende ohne Behinderung im Rahmen eines Tutorenprogramms. Seit 2008 gehört zu der Grundausbildung eines Tutors nicht nur den Studienanfängern den Einstieg an der Universität zu erleichtern. Sie lernen auch Studierende mit Behinderung und chronischer Krankheit zu unterstützen. Studierende helfen sich gegenseitig nach dem Motto: „Eine Uni für alle“. Dieses Programm steht stellvertretend für viele Initiativen für ein barrierefreies Studium an deutschen Hochschulen und Universitäten.

Studentenwerke beraten

Neben der behindertengerechten Ausstattung der Institutsgebäude und universitären Einrichtungen, wie Bibliotheken und Hörsäle, unterstützen auch die Studentenwerke die Studierenden. In persönlichen Beratungsgesprächen erhalten sie Informationen zu finanziellen und sozialen Fragen. In Studentenwohnheimen stehen speziell ausgestattete und barrierefrei gestaltete Wohnräume zur Verfügung. Auch der Weg zum Studienort ist kein Hindernis. Fahrdienste und ambulante Dienste helfen den Studierenden mobil zu sein.

Einige Hochschulen haben auch spezielle Programme, die Studierenden mit Behinderung den Einstieg ins Studium erleichtern sollen. Die Universitäten in Dortmund, Hamburg und Karlsruhe bieten beispielsweise Informationstage oder ein „Schnupperstudium“ an. Dabei können Studieninteressierte innerhalb von zwei bis drei Tagen unter anderem die Gebäude kennenlernen und von den Erfahrungen anderer Studierender mit Behinderung berichtet bekommen. Am Ende des Studiums werden den Studienabsolventen mehrtägige Seminaren zur Berufsvorbereitung angeboten.

Viele Anlaufstellen

Bevor jedoch der Abschluss ansteht, sorgt auch der Allgemeine Studierendenausschuss für die Integration der Studierenden mit Behinderung. Diese studentische Vereinigung ist Anlaufstelle für jeden ratsuchenden Studenten und bietet somit auch Hilfestellungen für behinderte Studierende. Spezielle Beratung und Hilfe geben universitären Interessengemeinschaften, innerhalb derer Erfahrungen ausgetauscht und Hilfestellung von Studierenden ohne Behinderung angeboten werden.

Die BAG Behinderung und Studium, das bundesweite Netzwerk der Interessengemeinschaften behinderter Studierender, ermöglicht den Kontakt und Austausch zwischen Selbsthilfegruppen und Interessensgemeinschaften von Studierenden mit Behinderung an 80 Hochschulstandorten. Der „Deutsche Verein der Blinden und Sehbehinderten im Studium und Beruf“ und die „Bundesarbeitsgemeinschaft Hörbehinderter Studenten und Absolventen“ beraten insbesondere Studierenden mit einer Seh- oder Hörbehinderung.

Studienfinanzierung

Menschen mit Behinderung stehen oft vor erheblichen Lebensunterhalts- und Ausbildungskosten. Mit dem Bildungskredit sorgt die Bundesregierung dafür, dass auch Studierende mit Behinderung bei der Finanzierung ihre Hochschulausbildung unterstützt werden. Dieser zinsvergünstigte Studienkredit steht allen Studierenden bundesweit offen und gehört neben dem Bafög zu den finanziellen Förderprogrammen des Bundes.

Für Studierende mit Behinderung gibt es darüber hinaus die Möglichkeit, beim Bafög den Förderungszeitraum zu verlängern und spezielle Rückzahlungsmodalitäten zu vereinbaren. Die Sozialgesetzbücher SGB II und SGB XII sehen bei einem behinderungsbedingten Mehrbedarf, beispielsweise für technische Hilfsmittel, Vorlesekräfte, Gebärdensprachdolmetscher und Gebärdendolmetscherinnen, Einmalleistungen und auch regelmäßige Zahlungen vor. Wer sehr gute Studienleistungen aufweisen kann, dem stehen auch zahlreiche Förderungsmöglichkeiten über Stipendien zur Verfügung. Die Bundesregierung möchte auch hier junge Menschen auf ihrem Ausbildungsweg mit dem Deutschlandstipendium unterstützen. Stipendiaten und Stipendiatinnen erhalten ein einkommensunabhängiges Fördergeld von monatlich 300 Euro.

Studieren im Ausland

Der Weg ins Ausland stellt auch für Studierenden mit Behinderung und chronischer Krankheit keine Barriere dar. Ein Auslandsaufenthalt für ein bis zwei Studiensemester ist für viele Studierende eine erfahrungsreiche und unvergessliche Zeit. Andere Kulturen kennen und verstehen zu lernen, erweitert den eigenen Horizont und schafft neue Perspektiven im Alltag.

Das Erasmus-Austauschprogramm fördert den Studienaufenthalt in europäischen Ländern finanziell. Mehrkosten für Reise und Unterkunft werden übernommen. Auch die medizinische Versorgung und die Begleitung durch Helfer sind im EU-Ausland sichergestellt.