Busfahrer, Lehrer und Dirigenten müssen sich keine Sorgen machen, dass ihre Berufe bald durch Computer ersetzt werden. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung untersucht in einem Forschungsprojekt, ob und in welchem Umfang sich die Arbeitswelt durch die zunehmende Digitalisierung verändert.
Roboter sind in der industriellen Fertigung dem Menschen überlegen.
Foto: Jennifer Braun
Auch wenn das selbstfahrende Auto keine Utopie mehr ist, werden wir uns doch nicht so bald einem Bus anvertrauen, der ohne Fahrer im dichten Stadtverkehr unterwegs ist. Unsere Kinder von einem Computer unterrichten lassen, ist auch keine Perspektive.
Sicher ist elektronisches Lernen effektiv, aber Kinder sollen ja auch lernen, sich in sozialen Situationen zurechtzufinden, was ein Roboter wohl kaum leisten kann. Ob Computer jemals so viel Kreativität entwickeln, dass sie künstlerische Arbeiten wie die eines Dirigenten übernehmen können, erscheint zumindest derzeit utopisch.
Wieviel kann der Computer heute schon ersetzen?
Foto: IAB
Auf der anderen Seite gibt es zahlreiche Tätigkeiten, die eine Maschine sehr viel besser erledigt als ein Mensch. Hier geht es vor allem um die Fertigung. Noch spielen wirtschaftliche Aspekte eine wichtige Rolle, wenn zu entscheiden ist, ob eine Arbeitskraft durch eine teure Maschine ersetzt wird. Auch sind ungelernte Helfer nicht unbedingt am stärksten betroffen. Mal schnell anpacken können Maschinen nicht.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) untersucht, welche beruflichen Tätigkeiten sich schon heute durch Roboter oder Computer ersetzen lassen. Tatsächlich sind 15 Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Berufen tätig, in denen mehr als 70 Prozent der Arbeitsinhalte durch die Digitalisierung entfallen könnten. Dabei ist dies aber nicht gleichbedeutend mit einem Arbeitsplatzverlust, wohl aber mit der Notwendigkeit von Weiterbildungsmaßnahmen. Verstärkt werden Fachkräfte nicht mehr produzieren, dafür aber die Maschinen warten, einrichten und programmieren müssen.
Das Thema ist ein Beispiel für Forschungsaufgaben, mit denen das IAB den Arbeitsmarkt analysiert. "Unsere Forschungsergebnisse helfen den Entscheidungsträgern, ein realistisches Bild von Entwicklungen am Arbeitsmarkt zu erhalten"“, sagt Prof. Dr. Joachim Möller, Direktor des IAB. "Zu den zu beratenden Akteuren gehören außer der Bundesagentur für Arbeit und deren Selbstverwaltung beispielsweise das Parlament, die Regierung, die Ministerien, aber auch Verbände, Gewerkschaften und Arbeitgebervereinigungen."
Auch wenn das IAB eine besondere Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit ist, hat es volle Forschungs- und Publikationsfreiheit. So kann es unabhängigen und kritischen Rat erteilen. Das ist auch für das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, das wegen der Hartz-IV-Begleitforschung einen Teil der Finanzierung der Einrichtung übernimmt, selbstverständlich.
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
Foto: IAB
Um den Arbeitsmarkt besser verstehen und Problemlösungen entwickeln zu können, forschen Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen am IAB, darunter Ökonomen, Soziologen, Psychologen und andere Sozialwissenschaftler.
Neben Prognosen zur Entwicklung des Arbeitsmarktes geht es auch um Fragen der Förderung von Weiterbildungen, Entwicklung der Löhne sowie internationale und regionale Vergleiche zu unterschiedlichen Fragen.
Ein stark in Öffentlichkeit und Wirtschaft diskutiertes Thema ist der vor gut einem Jahr eingeführte gesetzliche Mindestlohn. Seinerzeit befürchteten viele, er könnte zu großen Arbeitsplatzverlusten führen.
Das IAB hat den Arbeitsmarkt und die Lohnentwicklung beobachtet und dazu die statistischen Daten analysiert, die die Bundesagentur für Arbeit regelmäßig erstellt. Daraus entwickelten Forscher des Instituts einen Arbeitsmarktspiegel. Aus diesem lässt sich direkt ablesen, wie sich Zu- und Abgänge aus Beschäftigung und Nicht-Beschäftigung bei unterschiedlichen Gruppen von Arbeitnehmern über die Zeit entwickeln.
Erste Ergebnisse liegen vor, auch wenn ihre Interpretation noch nicht ganz einfach ist, da die Einführung des Mindestlohns in eine Phase des Beschäftigungsaufbaus fiel. Jedenfalls deuten die Zahlen nicht auf größere Arbeitsplatzverluste hin. Ob mehr Arbeitsplätze entstanden wären ohne den Mindestlohn, wird noch untersucht. Die gute Konjunktur machte es vielen Unternehmen leichter, die Löhne auf das neue Niveau anzupassen.
Minijobs im Einzelhandel rückläufig
Foto: Ute Grabowsky/photothek.net
Deutlich wirkte sich der Mindestlohn auf geringfügig Beschäftigte aus, da dieser Personenkreis zu mehr als 50 Prozent weniger als den Mindestlohn verdiente. Im Jahresvergleich verringerte sich die die Zahl dieser Beschäftigten um 194.000 Personen.
Dies ging allerdings nicht mit einem spürbaren Anstieg der Arbeitslosigkeit einher. Häufig wurden geringfügige in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungen umgewandelt. Hinzu kommt: Schüler, Studenten oder Rentner, die ihren Minijob verlieren, scheinen in der Arbeitslosigkeit nicht auf.
Erste Schätzungen gehen davon aus, dass die Zahl der Beschäftigten um 50.000 abgenommen haben könnte, deren Lohn nicht ausreichte, um den Lebensunterhalt zu bestreiten und daher zur Aufstockung finanzielle Leistungen bezogen. Weitere Analysen zeigen, dass der Rückgang bei der Zahl geringfügig Beschäftigter in Regionen mit niedrigerem Lohnniveau - also vor allem in Ost- und Norddeutschland - stärker war als in anderen Regionen.
Kein erkennbarer Rückgang der Beschäftigung
Foto: IAB
Mit derartigen Ergebnissen können die Verantwortlichen in der Bundesregierung Entscheidungen über die künftige Gesetzgebung sehr viel fundierter fällen und auch prüfen, ob ein erlassenes Gesetz die beabsichtigte Wirkung erzielt hat.
Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) in Nürnberg wurde 1967 gegründet. Als besondere Dienststelle der Bundesagentur für Arbeit betreibt das IAB eigenständige und unabhängige Forschung sowie wissenschaftliche Politikberatung. Der gesetzliche Auftrag ist in § 282 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) und § 55 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) festgeschrieben. Finanziert wird das IAB aus Beiträgen der Arbeitslosenversicherung und Steuermitteln des Bundes, daneben werden Drittmittel für Forschungsprojekte eingeworben.