Wie kommt man schnell zu seinem Recht, wenn man online etwas in einem anderen EU-Land gekauft, aber nie erhalten hat? Oder man bringt aus dem Urlaub ein Smartphone mit und stellt zu Hause fest, dass es nicht funktioniert.
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Verbraucherinnen und Verbraucher haben europaweit einen Mindeststandard an Rechten, wenn Produkte mangelhaft sind oder gar nicht geliefert werden. EU-weite Regelungen helfen Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen, ihre grenzüberschreitenden Forderungen ohne langwierige Gerichtsverfahren durchzusetzen.
Der Rechtsweg kann belastend, zeitaufwendig und teuer sein. Daher sollte man zunächst versuchen, den Streit gütlich beizulegen. Etwa über eine Streitschlichtungsstelle. Hierbei hilft das Europäische Verbraucherzentrum in Kehl.
Was aber ist zu beachten, wenn man gegen den Händler in einem anderen Mitgliedstaat vorgehen will? Dann ist es wichtig, dessen Namen und Anschrift zu kennen und zu wissen, wo das Gerichtsverfahren eingeleitet werden muss. Außerdem sollte man versuchen herauszufinden, ob der Gegner zahlungsfähig ist. Andernfalls ist ein Rechtsstreit wenig sinnvoll.
Es sind grundsätzlich die Gerichte des Mitgliedstaates zuständig, in dem der Schuldner seinen Wohnsitz oder die Gesellschaft ihren Sitz hat. Wichtig: Will ein Verbraucher Klage erheben, so kann er das auch vor den Gerichten des eigenen Staates tun.
In der EU gibt es Rechtsvorschriften die es erleichtern, Forderungen in anderen Mitgliedstaaten durchzusetzen:
Mit dem Europäischen Zahlungsbefehl (Europäisches Mahnverfahren) kann man eine Geldforderung gegenüber jemandem geltend machen, der diese nicht bestreitet ("unbestrittene Geldforderung"). Man muss dafür in einem Formular ausfüllen begründen, warum es sich um eine grenzüberschreitende Forderung handelt. Außerdem sind die Beweismittel, auf die sich die Forderung stützt, anzugeben. Das Formular ist in sämtlichen EU-Sprachen verfügbar.
Das Gericht prüft den Antrag. Ist das Formblatt ordnungsgemäß ausgefüllt und enthält alle notwendigen Auskünfte, erlässt das Gericht in der Regel innerhalb 30 Tagen den Europäischen Zahlungsbefehl. Anschließend stellt es den Zahlungsbefehl dem Antragsgegner zu. Dieser zahlt entweder den geforderten Betrag oder legt innerhalb von 30 Tagen Einspruch ein. In letzterem Fall wird das Verfahren in ein normales Gerichtsverfahren überführt.
Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, beim Ausfüllen der Formblätter zu unterstützen, zum Beispiel das zuständige Amtsgericht.
Legt der Antragsgegner keinen Einspruch ein, wird der Europäische Zahlungsbefehl automatisch vollstreckbar. Den Vollstreckungsbehörden des Mitgliedstaats, in dem die Forderung vollstreckt werden soll (Mitgliedstaat, in dem der Antragsgegner lebt oder in dem sich sein Vermögen befindet), ist eine Ausfertigung des Europäischen Zahlungsbefehls zu übermitteln.
Das europäische Verfahren für geringfügige Forderungen gilt für grenzüberschreitende Forderungen von bis zu 2.000 Euro - ausschließlich Zinsen. Normalerweise wird es schriftlich mit Hilfe eines Formulars, das vom Kläger auszufüllen ist, durchgeführt. Es muss Angaben zur Person und zu deren Forderung enthalten. Beweisunterlagen wie etwa Quittungen, Rechnungen sind dem Antragsformular beizufügen.
Nachdem das Gericht das Antragsformulars erhalten hat, stellt das Gericht das Formular dem Beklagten innerhalb von 14 Tagen mit einer Stellungnahme zu. Der Beklagte muss innerhalb von 30 Tagen antworten. Das Gericht muss dem Kläger dann innerhalb von 14 Tagen eine Kopie der Antwort zusenden. Nach Eingang der Antwort des Beklagten muss das Gericht innerhalb von 30 Tagen entscheiden. Oder es fordert die Parteien schriftlich zu weiteren Angaben auf oder lädt zu einer mündlichen Verhandlung. Man ist in keinem Fall verpflichtet, sich anwaltlich vertreten zu lassen.
Ergeht ein Urteil zu Gunsten des Verbrauchers, kann er beantragen, das Urteil als Europäischen Vollstreckungstitel zu bestätigen. Zusammen mit einer Kopie des Urteils ist er in dem anderen Mitgliedstaat der EU ohne weitere Formalitäten vollstreckbar.