Krankenhäuser werden für die ambulante Versorgung geöffnet. Terminservicestellen verhelfen zum Facharzttermin. Ist eine Operation geplant, können sich Krankenversicherte eine zweite Meinung einholen. So steht es im Versorgungsstärkungsgesetz.
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Das Versorgungsstärkungsgesetz stellt für Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe wichtige Weichen, um unser Gesundheitswesen fit für die Zukunft zu machen. Denn auch künftig sollen die Menschen darauf vertrauen können, dass sie bei Krankheit, bei einem Pflegefall, bei einem Unfall gut versorgt werden.
Das Gesetz, für den der Bundesrat am 10. Juni den Weg frei machte, stärkt die Versorgung im ländlichen Raum, Rechte der Patienten und die Innovation in der Versorgung. Am 11. Juni 2015 hatte bereits der Bundestag das Gesetz beschlossen. Zum 23. Juli 2015 ist es in seinen wesentlichen Teilen in Kraft getreten.
Wer zeitnah einen Termin beim Facharzt benötigt, kann sich ab Ende Januar 2016 an die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigung wenden. Können die Servicestellen Patientinnen und Patienten nicht an eine geeignete Praxis vermitteln, wird es einen Behandlungstermin in einer Krankenhausambulanz geben. Die Terminservicestellen sollen helfen, wenn es beim Facharzttermin einmal hakt. Ziel ist, dass jeder, der eine medizinische Versorgung braucht, diese innerhalb von vier Wochen erhält.
Ist eine Operation geplant, können sich Krankenversicherte in vielen Fällen ein weiteres Mal beraten lassen. Die Kosten erstatten die Krankenkassen. Bei welchen Eingriffen der Anspruch auf eine Zweitmeinung besteht, wird bis Ende 2015 festgelegt. Patientinnen und Patienten sollen sich künftig darauf verlassen können, dass nur solche Operationen durchgeführt werden, die medizinisch notwendig sind.
Pflegebedürftige und Menschen mit Behinderung werden zusätzliche Leistungen zur zahnmedizinischen Vorsorge in Anspruch nehmen können.
Ärzte sollen dort tätig sein, wo sie für eine gute Versorgung der Patienten gebraucht werden. Während in manchen ländlichen Gebieten und strukturschwachen Regionen eine medizinische Unterversorgung droht, sind einige Ballungsräume überversorgt. Dem will das Versorgungsstärkungsgesetz entgegenwirken, denn gute medizinische Versorgung darf keine Frage des Wohnorts sein. Gerade im ländlichen Raum sind verstärkte Anstrengungen nötig, um eine gute Versorgung aufrechtzuerhalten.
Für Ärztinnen und Ärzte, die sich in strukturschwachen Gebieten niederlassen wollen, werden weitere Anreize geschaffen. "Deshalb ermöglichen wir es den Kassenärztlichen Vereinigungen, zum Beispiel durch Zuschüsse für eine Praxis-Neueröffnung, überall in Deutschland Anreize für die Niederlassung von Ärzten zu schaffen – und zwar bevor eine Unterversorgung entsteht. Das nutzt Ärzten und Patienten", so Gröhe bei der Debatte des Gesetzes im Bundestag. Durch diese Strukturfonds können Praxisgründungen oder -übernahmen finanziell unterstützt werden. Zum Beispiel durch geringere Zulassungsgebühren oder höhere Vergütungen für Hausbesuche.
In überversorgten Gebieten kann die Zahl an Arztpraxen leichter abgebaut werden. Frei werdende Kassensitze müssen nicht neu vergeben werden. Die Selbstverwaltung wird beauftragt, bis 2016 festzustellen, in welchen Bereiches es eine Überversorgung gibt.
Mehr Geld steht künftig für die allgemeinärztliche Weiterbildung zur Verfügung. Davon profitieren vor allem die Hausärzte.
Krankenhäuser und Hochschul-Ambulanzen können künftig mehr Patientinnen und Patienten ambulant behandeln. Außerdem wird der Übergang zwischen stationärer und ambulanter Versorgung besser verzahnt. Krankenhäuser können dann bereits bei der Entlassung notwendige Medikamente verordnen und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausstellen.
Vor allem junge Ärztinnen und Ärzte wünschen sich häufig, in einer Gemeinschaftspraxis zu arbeiten. Deshalb werden zukünftig Praxisnetze und medizinische Versorgungszentren gefördert. Die dort erbrachten Leistungen sollen angemessen vergütet werden.
Mit dem Gesetz soll ein Innovationsfonds geschaffen werden, befristet auf vier Jahre. Von 2016 bis 2019 werden dann jährlich innovative Versorgungsprojekte mit 225 Millionen Euro gefördert, 75 Millionen Euro fließen in die Versorgungsforschung. Die jährlich fälligen 300 Millionen Euro werden zur Hälfte von den Krankenkassen gezahlt, zur Hälfte aus der Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds entnommen. Derzeit enthält diese Reserve gut zwölf Milliarden Euro.
Nach einer Evaluierung wird der Deutsche Bundestag entscheiden, ob der Innovationsfonds nach 2019 weiter geführt wird.