Menschen mit Behinderung in Entwicklungsländern

Etwa zehn Prozent der Weltbevölkerung haben eine Behinderung. 200 Millionen davon sind Kinder. 80 Prozent der Menschen mit Behinderung leben in Entwicklungsländern. Sie zählen zu den Ärmsten, da sie ohne Einkommen schutzlos der Armut ausgesetzt sind. Zahlreiche Risikofaktoren sind in Entwicklungsländern für viele Arten von Behinderung verantwortlich.

Das können Naturkatastrophen, Epidemien, bewaffnete Konflikte, Mangelernährung oder unzureichende medizinische Versorgung sein. Zudem werden behinderte Menschen dort von der Gesellschaft ausgegrenzt, wobei auch der Aberglaube eine große Rolle spielt. Behinderung und Armut bilden einen Teufelskreis, aus dem man nur schwer wieder ausbrechen kann. Die deutsche Entwicklungszusammenarbeit unterstützt die Menschen in Projekten und Programmen dabei, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

Behinderte aus dem Abseits holen

Bislang konnten Menschen mit Behinderung von den meisten Vorhaben der Entwicklungszusammenarbeit nicht profitieren. Ein Grund dafür ist, dass sie aufgrund ihrer extremen Armut generell schwierig zu erreichen sind. Ein weiterer Grund liegt in ihrer gesellschaftlichen Ausgrenzung, die dazu führt, dass sie auch bei Entwicklungsprojekten ins Abseits gedrängt werden.

Laut dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (Unicef) werden nur ein bis zwei Prozent der behinderten Menschen fachgerecht betreut und gefördert. Sehr oft werden sie versteckt oder eingesperrt, gehen nicht zur Schule und werden nicht ausgebildet. Behinderten Mädchen und Frauen geht es oft besonders schlecht, weil sie sehr häufig misshandelt werden, so Unicef.

An Entwicklungsprojekten teilhaben

2006 hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) das Strategiepapier "Behinderung und Entwicklung" vorgelegt. Ihre Rechte und Bedürfnisse sollen in der Entwicklungszusammenarbeit die notwendige Beachtung finden, damit sie an den Projekten teilhaben können. Es entspricht den Kriterien der VN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung, dass die Bundesregierung zu einer inklusiven Entwicklungszusammenarbeit verpflichtet. Ziel der VN-Konvention ist es, Menschen mit Behinderungen Chancengleichheit und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben in ihren Ländern zu ermöglichen.

Die Bundesregierung verfolgt demnach einen zweigleisigen Ansatz: Zum einen werden Projekte gefördert, die sich speziell an Menschen mit Behinderungen richten. Zum anderen sollen deren Belange bei allen Vorhaben der Entwicklungszusammenarbeit berücksichtigt und strukturelle Ursachen sozialer Ungleichheiten bekämpft werden. Arbeitsfelder sind insbesondere die Bereiche Armutsbekämpfung, Menschenrechte, Bildung und Berufsförderung, Gesundheit, soziale Sicherung, Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Ländliche Entwicklung sowie Nothilfe und Wiederaufbau.

Barrierefreiheit in Entwicklungsvorhaben

Ein besonders wichtiger Aspekt der Zusammenarbeit ist, dass in den Entwicklungsvorhaben selbst auf Barrierefreiheit geachtet wird. Das bedeutet Zugänglichkeit der physischen Infrastruktur, aber auch zum Beispiel, dass Informationen so aufbereitet werden, dass sie auch blinden oder gehörlosen Menschen zugänglich sind.

Bereits bei der Planung von Projekten und Programmen wird analysiert, wie die Belange von Menschen mit Behinderungen berücksichtigt werden können. In Nepal hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung beispielsweise den Bau von mit Rampen ausgestatteten Schulen im ländlichen Raum unterstützt.

Verschiedene Arten der Behinderung sind: Körperliche Behinderung, Sinnesbehinderung (Blindheit, Sehbehinderung, Gehörlosigkeit, Schwerhörigkeit, Taubblindheit), Sprachbehinderung, seelische (psychische) Behinderung, Lernbehinderung, geistige Behinderung (Unicef).

Kinder besonders gefährdet

Die meisten Behinderungen von Neugeborenen in Entwicklungsländern wären vermeidbar, wenn die Mütter in der Schwangerschaft die notwendige ärztliche Betreuung und gute Ernährung erhalten würden, so Unicef. Können die Kinder nicht ausreichend Jod und Vitamin A aufnehmen und es fehlen entsprechende Impfungen, wie gegen Polio, steigt ebenfalls die Gefahr der Behinderung. Oft wird den Müttern sogar die „Schuld“ an der Behinderung gegeben, so Unicef. Nicht selten werden sie von der Familien- oder Dorfgemeinschaft verstoßen und müssen um ihr Überleben und das ihres Kindes kämpfen, so das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen.

Beispiele

In Kenia setzt sich beispielsweise die Johanniter-Auslandshilfe für die orthopädische Versorgung der Menschen ein. Sie wird dabei von der Bundesregierung unterstützt. Im Land leben etwa 1,8 Millionen Menschen mit einer Behinderung. Ziel ist, dass die Menschen angemessene orthopädische Basisdienste und Rehabilitation erhalten.

Kambodscha, Tansania und Vietnam

Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) wurde von der Bundesregierung beauftragt, in Kambodscha, Tansania und Vietnam die Lage von Behinderten zu verbessern. Die GIZ führte zusammen mit den Nichtregierungsorganisationen Handicap International und der Christoffel-Blindenmission (CBM) dort erfolgreich Programme durch.

Unter anderem wurde die Beteiligung von Menschen mit Behinderungen bei der Erarbeitung nationaler Strategien zur Armutsbekämpfung gefördert. Kenntnisse und Kompetenzen von Selbstvertretungsorganisationen sind dadurch verbessert worden. So auch ihre Vernetzung mit Regierungsorganisationen. Auch der Austausch von Erfahrungen, von Informationen zur internationalen und nationalen Behinderungspolitik und innovative Methoden der institutionellen Stärkung waren erfolgreich.