Wer hat die Nase vorn, die Autoindustrie oder Designer für ungewöhnliche Beleuchtungskonzepte? Beide sind auf dem Sprung, denn bald gibt es völlig neuartige Leuchtmittel zu kaufen: leuchtende Folien und Glasscheiben. Bei dieser Innovation handelt es sich um "Organische Licht emittierende Dioden", kurz OLEDs. Die Bundesregierung fördert diese neue Technologie mit zweistelligen Millionenbeträgen.
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Eigentlich bestehen OLEDs nur aus einer extrem dünnen, aber sehr kompliziert aufgebauten Beschichtung aus organischen - aus Erdöl gewonnenen - Kunststoffen. Das Besondere an diesen Stoffen ist, dass an der Grenze zwischen zwei unterschiedlichen Substanzen Licht entsteht, wenn eine elektrische Spannung anliegt.
Das gleiche Prinzip funktioniert auch bei den inzwischen bekannten LEDs Nur mit dem Unterschied, dass sie aus herkömmlichen Halbleitermaterialien bestehen und Licht punktuell abgeben.
Das Besondere an OLEDs ist, dass das Licht auf der gesamten Fläche entsteht. Grundsätzlich wäre es möglich, eine ganze Wand mit einer OLED-Folie zu tapezieren oder Fensterscheiben zu beschichten. Die Fenster würden dann auf der Fläche Licht abgeben, sobald es draußen dunkel ist. Inzwischen leuchten die OLEDs jedoch so stark, dass eine beschichtete Wand unerträglich hell wäre. Interessanter sind daher kleinere Folienflächen, die an die Decke geklebt, in einen Spiegel integriert oder zu Teilen futuristischer Lampen werden. Bereits in wenigen Jahren werden wir starre OLEDs in Autos sehen. Auf längere Sichtkönnten Rückscheinwerfer und Bremsleuchten sogar als Folien einfach auf die Karosserie geklebt werden.
"Die OLED wird sich nur durchsetzen, wenn sie vom Preis-Leistungs-Verhältnis so gut ist wie die beste Konkurrenztechnologie. Das ist derzeit die LED", sagt Ulrich Eisele, Leiter der OLED-Segments bei Osram in Regensburg. Genau daran arbeitet man in hier an der neuen Pilot-Produktionsanlage, die Glasscheiben und Folien extrem dünn mit organischen Kunststoffen beschichtet. Die gesamte OLED ist nur 400 Nanometer dick. Das entspricht dem Hundertstel eines menschlichen Haares.
Das Prinzip der OLEDs ist seit einigen Jahren bekannt. Das größte Problem ist aber die kostengünstige Serienfertigung. Die verwendeten Materialien sind derzeit noch teurer als Gold. Die chemische Industrie lässt sich ihr Knowhow teuer bezahlen, vor allem so lange noch keine großen Mengen abgenommen werden. Das ist ein Grund, weshalb es sich lohnt, die Schichtdicke so dünn wie nur irgend möglich zu machen. Ein anderer Grund ist die angestrebte Transparenz der Schicht. Die einzige Möglichkeit, eine Substanz so dünn aufzutragen, besteht darin, sie aufzudampfen. Dies jedoch so gleichmäßig zu schaffen, dass die gesamte Fläche später durchgängig leuchtet, hat den Forschern viel abverlangt.
Darüber hinaus ist die Entwicklung geeigneter Kunststoffe sehr schwierig. So tüftelt man derzeit noch an einer Substanz für Licht mit hohem Blauanteil. Daher ist die Industrie froh, dass der Bund die Forschung finanziell unterstützt - und dies mit zweistelligen Millionenbeträgen. Den Löwenanteil der Kosten tragen allerdings die beteiligten Unternehmen. Eisele hält es für gut investiertes Geld, da es hilft, auf dem Hightech-Gebiet eine führende Rolle in der Welt zu behaupten.
Das Bundesforschungsministerium unterstützt das Unternehmen im Rahmen der Innovationsallianz OLED 2015. Von 2006 bis 2015 fließen insgesamt 100 Millionen Euro Fördermitteln für Forschung und Entwicklung an die beteiligten Forschungseinrichtungen und Unternehmen. Die Wirtschaft wendet ein Mehrfaches dieser Summe auf, die um diese Technologie voranzutreiben. Der Erfolg ist deutlich: Weltweit sind deutsche Forscher und Unternehmen führend im Bereich der OLED-Entwicklung. Außer der Osram-OLED-Pilotfertigung fördert das Ministerium unter anderem das neue Materialforschungszentrum von Merck in Darmstadt, den Bau des neuen Forschungszentrums samt Pilotfertigung von Aixtron in Herzogenrath und die OLED-Pilotlinie von Philips in Aachen.
Erste OLED-Kacheln sind bereits auf dem Markt, Osram produziert sie seit dem 30. August 2011. Noch sind die Kacheln relativ teuer. Viele der über 200 Mitarbeiter am Standort Regensburg arbeiten ehrgeizig daran, transparente OLED-Panels zu fertigen. Auch wollen sie die Helligkeit der OLED verdoppeln und ihre Lebensdauer und Effizienz weiter steigern. In der letzten Ausbaustufe sollen die Herstellungskosten um 90 Prozent sinken.
Wie steht es aber mit dem immer wichtigeren Thema Energieverbrauch? Auch hier sollen die OLEDs zu echten Konkurrenten für das derzeit energieeffizienteste Leuchtmittel werden, die LEDs. Da auch in OLEDs Strom direkt in Licht umgewandelt wird und keine nennenswerte Wärme entsteht, könnten sie einmal genauso sparsam sein wie LEDs.
Noch ist es zu früh, als Endverbraucher auf OLEDs für die private Beleuchtung zu setzen. In wenigen Jahren aber können wir über ganz neue Raumgestaltungen nachdenken – und dann leuchten vielleicht sogar Tapeten und Fenster.
Gespannt warten viele Verbraucher auf die ersten OLED-Fernseher. Tatsächlich ist die Technik geeignet, um hochauflösende, energiesparende und sehr flache Fernsehmonitore zu bauen. Erste Prototypen gibt es bereits. Sie sind besonders kontrastreich und reaktionsschnell, aber noch viel zu teuer für den Hausgebrauch. Vermutlich ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Preise purzeln und OLEDs auch in der Unterhaltungselektronik unsere Haushalte erobern.