Intensiven Austausch weiter pflegen

Chinas Regierungschef in Berlin Intensiven Austausch weiter pflegen

In Zeiten größerer globaler Unsicherheit wollen Deutschland und China ihre Zusammenarbeit verstetigen. Das bekräftigte Kanzlerin Merkel nach ersten Gesprächen mit ihrem chinesischen Amtskollegen Li. Der Ministerpräsident hält sich zu einem zweitägigen Besuch in Deutschland auf.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel geht im Bundeskanzleramt neben Chinas Premierminister Li Keqiang.

Gemeinsam auf dem Weg zu einer Tagung des Deutsch-Chinesischen Forums.

Foto: Bundesregierung/Bergmann

Video Presseunterrichtung der Kanzlerin mit Chinas Regierungschef Li

Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte auf der gemeinsamen Pressekonferenz mit Ministerpräsident Li Keqiang in Berlin die gute und intensive Gesprächsatmosphäre. In den 45 Jahren seit Aufnahme diplomatischer Beziehungen sei China "ein immer wichtigerer und inzwischen auch strategischer Partner geworden". Das gelte für die gesamte Bandbreite der Beziehungen, politisch, wirtschaftlich, "aber auch in der Kooperation in Kultur und Gesellschaftsfragen", bilanzierte die Kanzlerin. Sie dankte ihrem Gast für die Offenheit und Intensität der Gespräche.

Globale Probleme gemeinsam angehen

Merkel hob angesichts vielfältiger globaler Herausforderungen die Notwendigkeit hervor, Verantwortung zu übernehmen und die Partnerschaft in den verschiedenen Bereichen auszubauen. Das heiße, sich gemeinsam "für eine regelbasierte Ordnung der Welt einzusetzen". Im Jahr der G20-Präsidentschaft Deutschlands – im Anschluss an die Chinas im Jahr 2016 – sei sie froh über den intensiven Erfahrungsaustausch mit der chinesischen Führung.

Dies gelte nicht zuletzt für den Bereich des Klimaschutzes, wo sich auch der chinesische Ministerpräsident ausdrücklich zum Pariser Klimaabkommen bekannte. Die Volksrepublik China werde zu ihrer Verantwortung stehen und den Schutz des Klimas weltweit weiter vorantreiben, sagte Li. Er versprach zugleich Hilfeleistungen im Rahmen der "Süd-Süd-Kooperation" für bedürftige Staaten.

Handelsbeziehungen fair gestalten

Man sei sich einig gewesen, so die Kanzlerin, dass Handelsnationen wie Deutschland und China "klare Bekenntnisse zum freien Handel eingehen" müssten. Mit einem bilateralen Handelsvolumen von 170 Milliarden Euro im Jahr 2016 sei China Deutschlands wichtigster Handelspartner gewesen. Diese "sehr beeindruckenden Zahlen" und die "für beide Seiten sehr positive Entwicklung" wolle man weiter ausbauen. Die Unterzeichnung von elf Vereinbarungen bei diesem Treffen zeige die ganze Bandbreite der Zusammenarbeit.

Insgesamt elf Verträge und Absichtserklärungen für die Kooperation beispielsweise auf den Gebieten Luftfahrttechnik, Elektromobilität und Recyclingtechnik sowie im Bereich künstliche Intelligenz wurden abgeschlossen. Partner auf deutscher Seite sind sowohl Großunternehmen wie Airbus, Daimler, VW und Bosch, als auch mittelständische Betriebe und Forschungseinrichtungen.

Grafik zu den deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen

China ist der wichtigste Wirtschaftspartner Deutschlands.

Foto: Bundesregierung

"Wir setzen auf offene Märkte und einen regelbasierten Welthandel. Wir sehen die Welthandelsorganisation (WTO) dabei in einer zentralen Funktion", betonte Merkel. Beide Länder seien sich einig in der Unterstützung der WTO-Regeln. Seitens der EU, die für die Mitgliedsstaaten verhandele, strebe man eine Lösung an, die China nicht diskriminiere, sondern regelkonform alle Staaten gleich behandele. So schnell wie möglich solle auch ein Investitionsschutzabkommen zwischen der EU und China ausgehandelt werden.

Was die Öffnung der Märkte angehe, habe die Kanzlerin gegenüber ihrem Gast deutlich gemacht, dass es hier Fortschritte geben müsse: "Wir setzen auf eine Gleichbehandlung ausländischer Unternehmen in China." Hier gebe es immer wieder problematische Einzelfälle, über die man sich ausgetauscht habe, so Merkel.

Gemeinsam für mehr Innovation

Im Bereich Elektromobilität verfolgten Deutschland und China "ähnliche Zielsetzungen". Deshalb habe man über die Rahmenbedingungen für deutsche Hersteller in China gesprochen, "die natürlich günstig sein müssen, damit wir die Ziele der Elektromobilität auch erreichen können." Sie glaube, es gebe Anlass, "darauf zu vertrauen, dass günstige Lösungen gefunden werden", zeigte sich Merkel zuversichtlich.

Gemeinsam nahmen Merkel und Li an einer Tagung des Deutsch-Chinesischen Forums teil. Die Veranstaltung unter der Schirmherrschaft von Forschungsministerin Johanna Wanka und ihrem Amtskollegen Wan Gang stand unter dem Motto "Innovation Gemeinsam Gestalten". Sowohl die Kanzlerin als auch der chinesische Ministerpräsident steuerten Impulsreferate bei.

Für eine starke Zivilgesellschaft

Sie freue sich, dass es unter der neuen Gesetzgebung in China jetzt gelungen sei, eine Lösung für die Arbeit der politischen Stiftungen aus der Bundesrepublik in der Volksrepublik zu finden. Erfreulicherweise hätten inzwischen alle Büros der in China vertretenen Stiftungen wieder erfolgreich im Gastland registriert werden können. Sie hoffe, so Merkel, dass sie jetzt auch ihre politische und kulturelle Bildungsarbeit im Zusammenwirken mit der chinesischen Zivilgesellschaft wieder aufnehmen könnten.

"Denn aus unserer Perspektive ist es sehr wichtig, dass die Zivilgesellschaft auch gestärkt wird durch die Anwesenheit und die Arbeit verschiedener Nichtregierungsorganisationen." Es tue beiden Ländern gut, wenn die Zivilgesellschaften sich auch dadurch weiterentwickeln könnten, "dass die Nichtregierungsorganisationen frei und vernünftig arbeiten können", bekräftigte die Kanzlerin. Denn: "Wir sind der Überzeugung, dass unsere politischen Stiftungen einen ganz wesentlichen Beitrag leisten."

Breites Themenspektrum

Der Atomkonflikt mit Nordkorea, von dem laut Merkel "Gefahren für den Weltfrieden ausgehen können", war ein wichtiges außenpolitisches Thema bei den Gesprächen mit Ministerpräsident Li. Beide seien sich einig, "dass wir die Sanktionen erfüllen müssen. Aber wir setzen auf eine Verhandlungslösung." Diese sei "sehr sehr dringlich", und Deutschland habe seine Bereitschaft bekundet, hierzu einen Beitrag zu leisten, sagte die Kanzlerin.

Begrüßung mit militärischen Ehren

Kanzlerin Angela Merkel und der chinesische Ministerpräsident Li Keqiang geben sich die Hände - hinter ihnen zahlreiche Fotografen mit Kameras.

Ministerpräsident Li ist zu Gesprächen mit Bundeskanzlerin Merkel nach Berlin gekommen.

Foto: Bundesregierung/Denzel

Am Mittwochnachmittag hatte Merkel ihren Gast aus China mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt begrüßt. Hieran schloss sich ein erstes Gespräch mit der Kanzlerin und mehreren Ministern über außen- und wirtschaftspolitische Fragen an.

Am Abend nahm Ministerpräsident Li zum Abschluss seines ersten Besuchstags an einem Essen mit der Bundeskanzlerin teil.

Die Bundesrepublik Deutschland unterhält seit 1972 diplomatische Beziehungen mit der Volksrepublik China. Seither vertritt Deutschland gemeinsam mit den anderen EU-Staaten eine Ein-China-Politik. Das Land ist inzwischen der wichtigste Wirtschaftspartner Deutschlands überhaupt, vor Frankreich und den USA, mit einem Handelsvolumen von knapp 170 Milliarden Euro (2016).

Rege Besuchsdiplomatie mit China

Beim G20-Außenministertreffen im Februar in Bonn als auch beim Strategischen Dialog Ende April in Berlin war bereits der chinesische Außenminister Wang Yi Gast von Außenmister Gabriel. Der deutsche Minister reiste seinerseits in der vergangenen Woche (23. Mai) zu Gesprächen nach Peking. Dort standen die Reformagenda, Handel und Investitionen sowie die Elektromobilität auf der Tagesordnung. Aber auch Menschenrechtsfragen sprach Gabriel an.

Die Bundesminister Zypries (Wirtschaft), Maas (Justiz) und Müller (Entwicklungszusammenarbeit) waren ebenfalls erst kürzlich zum Meinungsaustausch mit ihren Amtskollegen in der Volksrepublik China.

Zum bevorstehenden G20-Gipfel Anfang Juli in Hamburg wird auch Chinas Staatspräsident Xi Jinping nach Deutschland kommen. Der Welthandel und der offene Zugang zu den Märkten nach den Regeln der Welthandelsorganisation WTO wird hier eine große Rolle spielen. "China und Europa stehen für eine offene Welthandelsordnung", hatte Minister Gabriel vergangene Woche in Peking betont.

Seit 2004 werden die deutsch-chinesischen Beziehungen als "strategische Partnerschaft in globaler Verantwortung" definiert – im März 2014 wurden sie zur "umfassenden strategischen Partnerschaft" aufgewertet. Regierungskonsultationen zwischen beiden Ländern finden seit 2011 regelmäßig statt. Hinzu kommen 60 bilaterale Dialogformate, viele davon auf hoher Regierungsebene, unter anderem ein Rechtsstaatsdialog und ein Menschrechtsdialog. Sie sollen die Beziehungen beider Länder weiter festigen. Bei seinem Peking-Besuch im Mai rief Außenminister Gabriel den zivilgesellschaftlichen "People-to-People-Dialog" ins Leben.