"Zu uns kommen nicht anonyme Menschenmassen", sagte Kanzlerin Merkel. Sie erinnerte daran, dass jeder Mensch ein Recht auf einen "Grundmaßstab" menschenwürdiger Behandlung habe. Regierungssprecher Seibert erklärte, Steuererhöhungen werde es nicht geben.
3 Min. Lesedauer
"Es bleibt dabei: weder wollen wir Steuererhöhungen in Deutschland noch wollen wir die Einführung einer EU-Steuer", stellte Regierungssprecher Steffen Seibert am Samstag klar.
Menschen, die wegen Terror und Krieg aus ihren Heimatländern fliehen, "die sollen bei uns willkommen sein", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf einer Konferenz in Wuppertal (8. Oktober).
Ängsten, der Rechtsstaat sei gefährdet, trat sie entschieden entgegen: "Wenn wir 76 Millionen Menschen haben, die keine Muslime sind und vier Millionen Menschen, die Muslime sind, dann müsste es eigentlich gehen, dass wir unsere Kultur, die uns so wichtig ist, zum Ausdruck bringen. Da ermuntere ich uns zu Selbstbewusstsein."
Bundesinnenminister Thomas de Maizière ergänzte in einem Interview mit Zeitungen der Funke Mediengruppe (9. Oktober), dass die Sicherheitsbehörden jeden Hinweis auf terroristische Anschläge sehr ernst nehmen: "Es gab und gibt Hinweise von Nachrichtendiensten aus dem Ausland, dass sich Terroristen unter die Flüchtlinge mischen. Bisher hat sich keiner dieser Hinweise bewahrheitet."
Bereits zuvor (7. Oktober) hatte Merkel für Zuversicht im Umgang mit der Flüchtlingskrise geworben. Im ARD-Interview sagte die Kanzlerin: "Wir schaffen das. Deutschland ist ein starkes Land."
Forderungen nach einer sofortigen Begrenzung der Flüchtlingszahlen, wies die Bundeskanzlerin zurück. Eine Schließung der Grenzen oder ein Aufnahmestopp kämen nicht in Frage.
Die Ursachen für die Zahl der Flüchtlinge lägen weitgehend außerhalb des eigenen Landes, hob Merkel hervor. Um diese Ursachen zu bekämpfen, müsse die Situation in den Flüchtlingslagern in der Region um die Herkunftsländer verbessert werden. Zudem müsse mit der Türkei über Grenzschutz geredet werden. Erneut machte Merkel aber auch deutlich, dass nicht alle in Deutschland bleiben könnten. Wer keinen Schutz bedürfe, müsse unser Land wieder verlassen.
Das Bundeskabinett beschloss (7. Oktober) zudem ein Koordinierungskonzept zur Bewältigung der Flüchtlingssituation. Die politische Gesamtkoordinierung liegt bei Kanzleramtschef Peter Altmaier. Bei ihm laufen künftig die vielfältigen Aufgaben in der Flüchtlingspolitik zusammen. Sein ständiger Vertreter wird Staatsminister Helge Braun. Zu ihrer Unterstützung wird im Bundeskanzleramt eine Stabsstelle eingerichtet.
Im Bundesinnenministerium bleibt die gesamte operative Koordinierung fachlicher, organisatorischer, rechtlicher und finanzieller Aspekte der Flüchtlingslage. Der bereits bestehende Lenkungsausschuss aus Vertretern der Ressorts im Bundesinnenministerium werde verstärkt, so der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter. Das verbessere die Abläufe, intensiviere und beschleunige die Arbeit.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière wertete das Konzept als Fortschritt. Zentral sei die Bündelung der operativen Verantwortlichkeiten der verschiedenen Ressorts im Innenministerium. Dies sei auf seinen Vorschlag hin erfolgt.
Mit einem eindringlichen Appell für mehr Solidarität und gemeinsames Handeln haben sich Bundeskanzlerin Merkel und der französische Staatspräsident François Hollande an die Europa-Parlamentarier gewandt (7. Oktober). Die Flüchtlingskrise bezeichnete Merkel als "eine Bewährungsprobe historischen Ausmaßes" für Europa. Es werde "eines entschlossenen Beitrags durch Europa" zur Lösung der Krisen brauchen, die Ursachen für die Fluchtbewegungen sind, sagte Merkel in ihrer Rede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg.
"Wir dürfen in der Flüchtlingskrise nicht der Versuchung erliegen, in nationalstaatliches Handeln zurückzufallen – ganz im Gegenteil", sagte Merkel. Gerade jetzt brauche es mehr Europa. "Denn nur gemeinsam wird es Europa gelingen, die weltweiten Ursachen von Flucht und Vertreibung zu verringern." Nur gemeinsam könne man Schlepper bekämpfen, die europäischen Außengrenzen besser schützen und ein Europa ohne Binnengrenzen nicht gefährden.
Das Dublin-Verfahren in seiner jetzigen Form habe sich angesichts der aktuellen Herausforderungen als nicht tragfähig erwiesen. Man müsse ein "neues Vorgehen für Fairness und Solidarität in der Lastenteilung vereinbaren". Hier seien Deutschland und Frankreich einer Meinung.