Ernährung ist wichtig für unsere Gesundheit. Welche Nahrungsmittel aber wie im Körper wirken und wie die Wirkung überhaupt erreicht wird, ist ein Thema der Ernährungsforschung und damit Teil der Zukunftsaufgabe "Gesundes Leben" der Hightech-Strategie der Bundesregierung.
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Jan Frank, Ernährungsforscher an der Universität Hohenheim, täuscht Körperzellen, damit sie sich der Wirkung wertvoller Pflanzenstoffe nicht entziehen. Es gibt solche Stoffe mit nachgewiesener Gesundheitswirkung, die die Zelle aber nicht aufnehmen will.
Das Beispiel, mit dem sich Frank seit seiner Diplomarbeit beschäftigt, ist Curcumin. Es ist Bestandteil des Kurkuma, eines intensiv gelben Stoffes. Er wird aus der Wurzel des Gelbwurz gewonnen, einer Pflanze aus der Familie der Ingwergewächse. Die meisten Currymischungen enthalten das Pulver und geben dem Gewürz so die typische Farbe.
Die Pflanze spielt eine wichtige Rolle in der Jahrtausende alten traditionellen indischen Heilkunst, der Ayurveda. Hier gilt das Pulver nahezu als Allheilmittel. Es soll gegen Entzündungen, Rheuma und Hautkrankheiten helfen.
Die westliche Forschung stellte fest, dass Curcumin unter anderem den Cholesterinspiegel senkt und Entzündungen bekämpft. Außerdem soll es Krebserkrankungen hemmen. Krebszellen sind durch Genveränderungen mutierte Zellen, die sich unaufhörlich teilen. Curcumin kann einige Genprodukte herunterregulieren und so die Wucherung eindämmen.
Mitochondrien, die Kraftwerke in Gehirnzellen, lassen im Alter in ihrer Wirkung nach, was im schlimmsten Fall zur Alzheimer-Demenz führt. Curcumin kann den Funktionsverlust verlangsamen und so die Krankheit aufhalten. Allerdings stammen diese Ergebnisse bisher noch nicht aus klinischen Studien am Menschen.
Dazu muss jedoch zunächst ein großes Problem gelöst werden, das in gleicher Weise auch für viele andere Pflanzenstoffe gilt. Wie gelangt der Stoff in ausreichender Menge in die Zellen? Mehr Curry zu essen, nützt wenig. Frank erklärt, dass die Konzentration von Curcumin in einem gut gewürzten indischen Gericht viel zu gering ist, um zu wirken.
Aber auch der Verzehr großer Mengen des Stoffes hilft nicht. Curcumin zählt zu den sogenannten sekundären Pflanzenstoffen, die der Körper nur in ganz geringer Menge aufnimmt.
Seit Jahren sucht Frank in vom Bundesforschungsministerium geförderten Projekten nach Wegen, wie es das Gewürz besser in die Zelle schafft. Eine Möglichkeit fand er dadurch, dass er Curcumin in Stoffe verpackt, die der Körper leichter aufnimmt. Mit Mizellen, kleinen Bläschen, lassen sich fettlösliche Nährstoffe so verpacken, dass sie in wässrige Umgebungen - zum Beispiel ins Zellinnere - aufgenommen werden
Der andere Weg läuft über seine Ablenkungsmethode: „Wir beschäftigen den Körper mit anderen Stoffen und hemmen somit den Abbau und die Ausscheidung des Curcumin“, erklärt Frank. Andere Pflanzeninhaltsstoffe sollen die Abbaumechanismen im Darm beschäftigen, sodass das Curcumin länger wirken kann, bevor es zersetzt wird.
Das nächste Ziel seiner Arbeit ist es, in Zusammenarbeit mit der Industrie Nahrung mit einem zusätzlichen Gesundheitsnutzen für den Endverbraucher herzustellen. Das wird noch lange dauern, da es zahlreiche Studien erfordert. Wenn es gelingt, werden curryhaltige Lebensmittel nicht mehr nur gut schmecken, sondern auch vor Alzheimer und anderen Krankheiten schützen.
Das Projekt ist ein gutes Beispiel für die Aufgabe der Ernährungsforschung. Um den Zusammenhang zwischen Krankheiten und Ernährung zu verstehen, müssen die hoch komplexen molekularen Prozesse in den Zellen analysiert werden. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler folgen den Nährstoffen auf ihrem Weg durch den Körper.
In der Förderinitiative „Funktionelle Ernährungsforschung“ des Bundesforschungsministeriums werden Erkenntnisse über die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Nahrungsbestandteilen und Körperfunktionen gesucht. Fachübergreifend arbeiten Mediziner, Biologen, Ernährungswissenschaftler, Chemiker und Lebensmitteltechnologen in zahlreichen Projekten und Netzwerken zusammen.
Das Bundesforschungsministerium stellt von 2013 bis 2016 insgesamt bis zu 125 Millionen Euro für Forschungs- und Entwicklungsprojekte im Bereich „Prävention und Ernährung“ zur Verfügung. Sie sind gebündelt in einem Aktionsplan, der von den Grundlagen bis zur anwendungsorientierten Forschung reicht.