Erstmals gilt in Deutschland ab dem 1. Januar 2015 ein gesetzlicher Mindestlohn von 8,50 Euro. 3,7 Millionen Menschen werden davon profitieren. Das Kabinett hat zugestimmt, dass Arbeitgeber die Arbeitszeiten dokumentieren müssen.
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Mit dem Mindestlohngesetz wird ab Januar 2015 eine angemessene Lohnuntergrenze für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sichergestellt. Rund 3,7 Millionen Menschen werden ab 2015 davon profitieren.
Der Zoll kontrolliert die Einhaltung des Mindestlohns. Dafür werden künftig zusätzliche 1.600 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgen.
Das Mindestlohngesetz sieht bestimmte Dokumentationspflichten für Arbeitgeber vor. Sie müssen in bestimmten Bereichen die Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten aufzeichnen. Die Dokumentationspflichten werden auf Beschäftigte in Bereichen konzentriert, bei denen aufgrund des Verdienstes das Risiko für einen Mindestlohnverstoß höher ist.
Die Dokumentationspflicht gilt nicht für Beschäftigte, die regelmäßig monatlich mehr als 2.958 Euro verdienen. Bei diesen Beschäftigten gibt es kein nennenswertes Risiko, dass gegen den Mindestlohn verstoßen wird.
Die Entgeltgrenze von 2.958 Euro dabei errechnet sich so: Nach dem Arbeitszeitgesetz ist eine monatliche Arbeitszeit (selbst mit Ausnahmegenehmigung der Arbeitsschutzbehörde und möglicher Sonntagsarbeit) von 348 Stunden maximal zulässig. Multipliziert man diese Höchststundenzahl mit dem gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro ergibt sich die Entgeltgrenze von 2.958 Euro.
Das Kabinett hat die entsprechende Verordnung des BMAS dazu zur Kenntnis genommen.
Das Bundeskabinett hat außerdem die Mitglieder der Mindestlohn-Kommission berufen. Sie wird erstmals zum 1. Januar 2017 über eine mögliche Erhöhung des Mindestlohn beraten. Dabei orientiert sie sich an den tariflichen Entgeltanpassungen. Sie wird dann alle zwei Jahre prüfen, in welchen Schritten der Mindestlohn künftig angehoben wird.
Den Vorsitz der Kommission übernimmt auf gemeinsamen Vorschlag der Spitzenorganisationen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern hin Jan Zilius. Nachdem Hening Vorscherau sein Amt im April aus gesundheitlichen Gründen niedergelegt hatte, haben sich die Sozialpartner auf den ehemaligen RWE-Arbeitsdirektor geeinigt. Zilius war unter anderem ehrenamtlicher Richter am Bundesarbeitsgericht und Mitautor des Kommentars zum Tarifvertragsgesetz. Außer dem Vorsitzenden gehören sechs stimmberechtigte sowie zwei beratende Mitglieder dazu. Alle fünf Jahre schlagen die Spitzenverbände von Arbeitgebern und Arbeitnehmern je drei Vertreterinnen oder Vertreter für die Kommission vor. Die zwei beratenden Mitglieder sind nicht stimmberechtigt und sollen ihren wissenschaftlichen Sachverstand einbringen.
In Branchen mit einfachen Tätigkeiten werden oft nur Niedriglöhne gezahlt. Denn nur die Hälfte der Beschäftigten arbeitet in tarifgebundenen Betrieben. Das hat zu weißen Flecken in der Tariflandschaft geführt.
"Ab dem 1. Januar 2015 gilt der gesetzliche Mindeststundenlohn von brutto 8,50 flächendeckend in Ost und West gleichermaßen, ohne dass irgendeine Branche ausgenommen wird", bekräftigte Nahles. Bisher gibt es nur in zwölf Branchen allgemeinverbindliche Mindestlöhne.
Nur in Branchen, in denen es allgemeinverbindliche Tarifverträge gibt, sind bis Ende 2016 auch niedrigere Mindestlöhne möglich. Spätestens 2017 müssen auch hier 8,50 Euro gezahlt werden.
Der gesetzliche Mindestlohn setzt eine feste Grenze, die in Zukunft nicht mehr unterschritten werden darf. Somit schützt der Mindestlohn Beschäftigte im Niedriglohnsektor vor Dumpinglöhnen und verringert so die Zahl der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die trotz Vollzeitbeschäftigung auf Sozialleistungen angewiesen sind.
Für Erntehelfer wurde eine auf vier Jahre befristete Sonderregelung vereinbart, um die Einführung des Mindestlohns für diese Branche zu erleichtern. Die Grenze für die sozialabgabenfreie kurzfristige Beschäftigung wird von 50 auf 70 Tage angehoben.
Zeitungsausträger haben 2015 Anspruch auf 75 Prozent und 2016 auf 85 Prozent des gesetzlichen Mindestlohns. 2017 müssen die vollen 8,50 Euro gezahlt werden.
Die Übergangsregelung vereinfacht den Einstieg in den Mindestlohn für alle Branchen, deren Löhne zurzeit deutlich unter dem Niveau von 8,50 Euro liegen.
Der allgemeine gesetzliche Mindestlohn gilt ab dem 18. Geburtstag – oder vorher bei abgeschlossener Berufsausbildung. Damit sei die "Generation Praktikum" beendet, bekräftigte Nahles.
Das Gesetz schreibt außerdem erstmals einen Qualitätsrahmen für Praktika vor: Praktikanten müssen einen Vertrag bekommen mit klaren Praktikumszielen und haben Anspruch auf ein Zeugnis. Für Orientierungspraktika vor oder während einer Ausbildung oder eines Studiums gilt, dass sie nur für eine Dauer von maximal drei Monaten vom Mindestlohn ausgenommen sind. Lediglich verbindliche Pflichtpraktika in Ausbildung oder Studium dürfen länger als drei Monate dauern.
"Die sogenannten Ausnahmen vom Mindestlohn für das Praktikum sind keine Ausnahmen", so die Ministerin.
Dass unter 18-Jährigen kein Mindestlohn gezahlt werden muss, hat einen guten Grund: Gerade schwache Schulabgänger sollen nicht durch einen ungelernten Job davon abgehalten werden, eine Ausbildung zu machen.
Langzeitarbeitslose haben es immer noch zu schwer, einen Arbeitsplatz zu finden. Um ihnen den Einstieg zu erleichtern, sollen sie in den ersten sechs Monaten einer Beschäftigung auch unter Mindestlohn bezahlt werden können. Ob diese Regelung hilft, Langzeitarbeitslose besser in den Arbeitsmarkt zu bringen, wird Mitte 2016 überprüft.