Gemeinsames Handeln für Frieden

Merkel zum Ukraine-Konflikt Gemeinsames Handeln für Frieden

"Russlands Griff nach der Krim genauso wie seine Handlungen in der Ostukraine fordern uns Europäer heraus", hat Kanzlerin Merkel in der vergangenen Woche erklärt. Die EU habe jedoch - trotz unterschiedlicher Interessen - stets geschlossen reagiert. Diese Haltung hat der EU-Rat in Brüssel bekräftigt.

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Es sei das politische Bekenntnis der EU-Partner und "die eigentliche Botschaft", so Bundeskanzlerin Angela Merkel in Brüssel, "dass wir die volle Umsetzung der Minsker Vereinbarungen wollen." Die Geltungsdauer der restriktiven Maßnahmen, die am 31. Juli 2014 angenommen und am 8. September noch einmal ausgeweitet wurden, werde man "eindeutig an die vollständige Umsetzung der Vereinbarung von Minsk knüpfen."

Gemeinsame Herausforderung

Die Ukraine-Krise sei eine der größten gemeinsamen geopolitischen Herausforderungen, denen sich Europa 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs und 25 Jahre nach Beendigung des Kalten Krieges ausgesetzt sehe. Das hatte die Bundeskanzlerin in ihrer Regierungserklärung vor dem Deutschen Bundestag festgestellt.

Ähnlich äußerte sich auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier am 23. März im slowenischen Bratislava. Dort war er mit den Außenministern der Slowakei, Tschechien und Ungarn sowie mit dem polnischen Europaminister zusammengetroffen. "In unseren Gesprächen sind wir uns einig gewesen: Es kann für den Konflikt in der Ukraine keine militärische Lösung geben. Deshalb ist es unsere gemeinsame Aufgabe, eine diplomatische Lösung zu finden", erklärte Steinmeier.

Am 25. März kamen die Politischen Direktoren aus den Außenministerien der Ukraine, Russland, Frankreich und Deutschland erneut in Paris zusammen. Sie berieten über die weitere Umsetzung der Minsker Vereinbarungen.

Referendum als russisches Werkzeug

Merkels Analyse der Krise: "Wir wussten damals wie heute: Die Gründe, die für dieses Referendum genannt wurden, waren Vorwände. Dieses Referendum hatte einen einzigen Zweck: Es war das Werkzeug, einem russischen Plan folgend, die Krim der Ukraine zu entreißen. Russland sollte die Krim dann als Teil bekommen - und so ist es auch geschehen."

Die Annexion der Krim "war und bleibt ein Akt gegen das internationale Recht", kritisierte die Kanzlerin. Sie stehe im Widerspruch zu den Verträgen, in denen sich Russland zur Achtung der Integrität und Souveränität der Ukraine verpflichtet hatte. Damit habe Russland das Fundament der europäischen Friedensordnung in Frage gestellt.

Eindeutige Antwort Europas

Sie sei froh, so Merkel, "dass Europa darauf von Anfang an und bis heute eine klare Antwort gegeben hat." Russlands Griff nach der Krim, genau wie seine Handlungen in der Ostukraine, forderten die Europäer heraus. Innerhalb der Europäischen Union seien die Interessen zwar unterschiedlich, ebenso die Abhängigkeiten von Energieimporten oder Handelsverbindungen. Dennoch habe die EU die Herausforderung "bis heute bestanden", betonte die Kanzlerin.

"Wir haben uns nicht spalten lassen, wir haben in der Diskussion - wie es unsere Art ist - zu gemeinsamen Entscheidungen gefunden und diese auch nach außen vertreten", sagte Merkel und bezog die transatlantischen Partner in diese Einmütigkeit ein. Sie werde mit der gesamten Bundesregierung darauf hinarbeiten, dass dies auch so bleibe.

Minsker Vereinbarungen als Richtschnur

Die Bundeskanzlerin erinnerte an ihre gemeinsame Initiative mit dem französischen Staatspräsidenten François Hollande vom Februar. Es sei dabei vorrangig darum gegangen, das Blutvergießen und das tägliche Leid der Menschen in der Ostukraine zu beenden. Das in Minsk von Russland, der Ukraine und den prorussischen Separatisten vereinbarte Maßnahmenpaket sehe nach einem Waffenstillstand und dem Abzug schwerer Waffen weitere politische Schritte zur Lösung des Konflikts vor.

"Uns musste immer klar sein, dass dieser Prozess nicht ohne Verzögerungen und Rückschläge ablaufen würde, dass er nur ein Hoffnungsschimmer sein konnte. Nicht mehr - aber eben auch nicht weniger", betonte Merkel. Auch wenn der Waffenstillstand noch zerbrechlich sei und der Waffenabzug noch nicht ausreichend überwacht werde, seien doch "Anfänge gemacht".

Alle Konfliktbeteiligten müssten auf diesem Weg weitergehen, bis hin zum letzten Schritt des Maßnahmenpakets von Minsk: "Wenn nämlich die Ukraine wieder die Kontrolle über ihre eigene Grenze zu Russland übernimmt", mahnte die Kanzlerin.

Europäische Werte als Basis

Merkel erläuterte ihre Haltung zur europäischen Sanktionspolitik gegenüber Russland. Die im Juli und September auslaufenden Maßnahmen "wollen und können wir nicht aufheben, wenn nur erste Forderungen der Minsker Vereinbarungen erfüllt sind. Das wäre falsch", stellte sie klar. Sie werde sich deshalb dafür einsetzen, "dass sich die Dauer der Sanktionen am Paket von Minsk und seiner Erfüllung orientiert".

Die Kanzlerin bekräftigte: "Ich bin überzeugt, damit handeln wir im Sinne der europäischen Werte, die uns einen, und im Interesse der Menschen, die in den betroffenen Gebieten leben. Und wir machen deutlich, dass wir auf der Umsetzung des gesamten Pakets von Minsk bestehen."

Hilfe für die Ukraine

Angesichts der enormen wirtschaftlichen Herausforderungen für die Ukraine habe Deutschland bilateral einen zusätzlichen Kreditrahmen in Höhe von 500 Millionen zugesagt. Darüber hinaus habe Deutschland als G7-Vorsitz das Engagement der internationalen Gemeinschaft zur Hilfe für die Ukraine koordiniert, erklärte Merkel.

Die Entscheidung des Internationalen Währungsfonds, Kredithilfen in Höhe von 17,5 Milliarden US-Dollar zu gewähren, und ebenso die EU-Zusage über weitere 1,8 Milliarden Euro seien "wichtige Beiträge, um die Lage in der Ukraine zu stabilisieren".

Die Mitgliedsstaaten der EU, vorrangig Deutschland, hätten außerdem ihre humanitäre Hilfe in den besonders betroffenen Gebieten in der Ostukraine deutlich verstärkt, hob die Kanzlerin hervor.

Östliche Partnerschaft

Mit Blick auf den nächsten Gipfel der Östlichen Partnerschaft im Mai in Riga erklärte Merkel, die Ukraine-Krise beeinflusse auch das Verhältnis der EU zu ihren übrigen östlichen Nachbarn.

"Ziel ist nicht der Beitritt zur Europäischen Union oder zur Nato. Die Östliche Partnerschaft - das gilt unverändert - richtet sich gegen niemanden, auch nicht gegen Russland", stellte die Kanzlerin klar. Sie bedauere daher sehr, dass Präsident Putin dennoch Entscheidungen einzelner Länder für ein EU-Assoziierungsabkommen "zu einer Frage von 'entweder oder', für oder gegen Russland gemacht" habe.

Das Gegenteil sei der Fall: "Es geht nicht um 'entweder oder', sondern es geht um 'sowohl als auch', von dem alle nur profitieren können", betonte Merkel. In diesem Geiste werde die EU ihr Angebot der Östlichen Partnerschaft auch bekräftigen.

Die Ukraine, Georgien und Moldau haben im Rahmen der Östlichen Partnerschaft Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union geschlossen. Ziel dieser Abkommen ist die europäische Unterstützung beim Aufbau eines funktionierenden Rechtsstaats und einer erfolgreichen Marktwirtschaft.
Die Gesetze zu den Assoziierungsabkommen wurden am 26. März 2015 im Deutschen Bundestag abschließend beraten. Nach Billigung durch den Bundesrat am 8. Mai kann es im Juni 2015 in Kraft treten. Damit treten die vertraglichen Beziehungen zwischen der EU und der Ukraine in eine neue Phase.

Widerstand gegen Destabilisierung

Angesichts des sogenannten "Bündnis- und Integrationsvertrages" zwischen Russland und der abtrünnigen georgischen Region Südossetien erklärte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz, dies stelle erneut die territoriale Integrität und Souveränität Georgiens in Frage. "Damit erschwert Moskau die laufenden Bemühungen für eine Konfliktbeilegung mit Abchasien und Südossetien im Rahmen der Genfer Gespräche", sagte sie in der Regierungspressekonferenz am 20. März.

Deutschland werde Georgien auch weiterhin darin unterstützen, seine territoriale Integrität zu schützen, betonte Wirtz. Die Bundesregierung werde Tiflis Hilfestellung leisten bei seinen Bemühungen um eine friedliche Reintegration der abtrünnigen Regionen, der Umsetzung der EU-Assoziierung und bei der Bildung gutnachbarschaftlicher Beziehungen zu Russland.

Seit 2008 gibt es in und um Georgiens Provinzen Südossetien und Abchasien Streitigkeiten mit der Russischen Föderation.

Außenamtssprecher Martin Schäfer erinnerte in diesem Zusammenhang auch an die Lage in Transnistrien, einer abtrünnigen Provinz Moldawiens. "Es bleibt dabei, dass wir die Grenzen in Europa und die Souveränität der Staaten als einen ganz wichtigen - vielleicht den entscheidenden - Bestandteil einer europäischen Friedensordnung achten", betonte Schäfer. "Wer auch immer diese Regeln verletzt, wird dabei auf den Widerstand der Bundesregierung stoßen."