Der mutmaßliche Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz ist tot. Anis Amri starb bei einem Schusswechsel während einer Polizeikontrolle in Mailand. Kanzlerin Merkel dankte den italienischen Behörden für die "denkbar engste Zusammenarbeit" bei der Fahndung. Die Ermittlungen in diesem Fall gingen weiter.
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"Der Terrorismus fordert uns alle heraus. Es tut gut zu wissen, wie entschlossen und wirksam wir alle in Europa und darüber hinaus uns diesem Terrorismus entgegenstellen", würdigte Bundeskanzlerin Angela Merkel die ausgezeichnete Zusammenarbeit mit den internationalen Partnern.
Nach dem 24-jährigen Tunesier Anis Amri war zuvor europaweit gefahndet worden. Er ist dringend verdächtig, das Lkw-Attentat am Berliner Breitscheidplatz am Montag (19. Dezember) begangen zu haben. Wie Generalbundesanwalt Frank mitteilte, ist die Identität Amris anhand von Fingerabdrücken zweifelsfrei festgestellt worden.
Auch nach dem Tod Amris gingen die Ermittlungen mit hoher Intensität weiter: "Für uns ist jetzt von großer Bedeutung festzustellen, ob es bei der Tatvorbereitung, Tatausführung und bei der Flucht des Gesuchten ein Unterstützer- und Helfernetzwerk, ob es Mitwisser oder Gehilfen gab", sagte Generalbundesanwalt Peter Frank. Zentral sei außerdem, den Fluchtweg von Amri nachzuvollziehen. Dazu stehe man in Kontakt mit den italienischen Behörden. Von Interesse sei auch, ob die bei Amri in Mailand gefundene Waffe auch die Tatwaffe von Berlin ist.
"Der islamistische Terrorismus und seine Taten forderten uns immer wieder und auf immer neue Weise heraus. So hat auch die Bundesregierung in den letzten Jahren immer wieder die Gesetze und die Sicherheitspolitik an die Herausforderungen angepasst. Wir werden jetzt mit Nachdruck prüfen, inwieweit staatliche Maßnahmen verändert werden müssen", erklärte die Kanzlerin.
Deshalb habe sie Bundesinnenminister Thomas de Maizière gebeten, in Zusammenarbeit mit dem Bundesjustizminister Heiko Maas, dem Bundeskanzleramt, den Kollegen aus den Bundesländern und den Sicherheitsbehörden jeden Aspekt des Falles zu analysieren und baldmöglichst Ergebnisse vorzulegen. "Dort, wo Bedarf für politische oder gesetzliche Veränderungen gesehen wird, werden wir notwendige Maßnahmen innerhalb der Bundesregierung zügig verabreden und umsetzen", versicherte Merkel.
Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière gratulierte seinem italienischen Amtskollegen und der italienischen Polizei zu dem Fahndungserfolg. Er danke besonders den beiden Polizisten, "die in dieser Nacht exzellent gearbeitet haben und besonders tapfer waren". Der Minister bekräftigte: "Ich bin sehr erleichtert, dass von diesem Attentäter keine Gefahr mehr ausgeht." Die BKA-Ermittler stünden in engstem Kontakt mit ihren italienischen Kollegen. Ein spezielles Team des BKA werde heute noch in Italien eintreffen, so de Maizière weiter.
Auch dieser Fall zeige erneut, "von welch immenser Bedeutung die intensive europäische, aber auch die internationale und transatlantische Zusammenarbeit für die Bekämpfung des internationalen Terrorismus ist".
Bundesjustizminister Heiko Maas hat rasche Beratungen über rechts- und sicherheitspolitische Konsequenzen angekündigt. Bei den geplanten Gesprächen mit dem Bundesinnenminister werde "es insbesondere um die Fragen gehen, wie Ausreisepflichtige so schnell wie möglich abgeschoben werden und wie Gefährder noch besser überwacht werden können", so Maas.
Im Fahrerhaus des Tat-Lkw waren zuvor Fingerabdrücke des dringend tatverdächtigen Anis Amri gefunden worden. Das sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière nach einem Besuch des Bundeskriminalamtes in Berlin am Donnerstag (22. Dezember), an dem auch die Kanzlerin und der Bundesjustizminister teilnahmen. "Es gibt zusätzliche Hinweise, dass dieser Tatverdächtige wirklich der Täter ist", so de Maizière weiter.
Die Bundeskanzlerin Merkel die "hochprofessionelle Arbeit" des BKA und der Landesbehörden, die "mit großem Elan" vorgingen. Allen Beteiligten sei bewusst, dass Millionen Menschen hofften, "dass wir bald des Täters habhaft werden". Merkel weiter: "Wir wissen, dass wir die Werte von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit auf unserer Seite haben."
Wie die Kanzlerin betonte, sei man "in jeder Stunde" in Gedanken bei den Opfern des Anschlags. Sie lobte die Reaktion der Bevölkerung nach dem Anschlag: "Ich bin in den letzten Tagen sehr stolz gewesen, wie besonnen die große Zahl der Menschen auf diese Situation reagiert."
Der Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz am 19. Dezember forderte nach jetzigem Stand zwölf Menschenleben. Rund 50 Menschen wurden verletzt, 18 von ihnen schwer.
"Das war ein gezielter Anschlag", hatte de Maizière am Dienstagabend (20. Dezember) gesagt. Für die Silvesterfeiern zum Jahreswechsel kündigte der Bundesinnenminister verschärfte Kontrollen an. "Es wird vor Ort mehr Sicherheitsmaßnahmen geben. Wenn ich sage, dass wir uns unser freiheitliches Leben nicht zerstören lassen dürfen, gilt das auch für das Silvesterfest", so de Maizière in einem Interview mit der Bild-Zeitung (21. Dezember).