Der 13. August 1961 ist ein Sonntag. In den frühen Morgenstunden errichten Bauarbeiter an den Sektorengrenzen zwischen Ost- und West-Berlin provisorische Absperrungen. Stacheldrahtverhaue werden gezogen.
Bernauer Straße winken Frauen Angehörigen zu,
Foto: REGIERUNGonline/Siegmann
An den Verbindungsstraßen zu West-Berlin wird das Pflaster aufgerissen. Einheiten der Volkspolizei, der Transportpolizei sowie der so genannten Betriebskampfgruppen unterbinden jeglichen Verkehr an den Sektorengrenzen. An der Bernauer Straße bietet sich ein besonders dramatisches Bild.
Die Fassaden der Wohnhäuser auf der Ost-Berliner Seite bilden die Grenzlinie – der Gehweg davor gehört bereits zum Westteil. Ganze Familien wagen den Sprung aus den Fenstern.
Heute befindet sich hier die Gedenkstätte Berliner Mauer. Hartmut Richter führt Besuchergruppen durch das Areal. Er war damals 13 Jahre alt. Zufällig war er gerade bei einer Cousine zu Besuch und konnte vom Westen Berlins aus verfolgen, wie Soldaten und Grenztruppen an der Bernauer Straße die ersten Absperrungen hochzogen, mit Mauersteinen und Stacheldrahtrollen. "Die Menschen standen fassungslos und mussten zuschauen – auf beiden Seiten", erinnert sich Richter heute. "Manche waren aufgebracht. Aber was hätte man tun können? Die Soldaten hielten ihre Waffen im Anschlag."
Am Abend des 13. August 1961 sagte der Regierende Bürgermeister Willy Brandt vor dem Abgeordnetenhaus: "(...) Der Senat von Berlin erhebt vor aller Welt Anklage gegen die widerrechtlichen und unmenschlichen Maßnahmen der Spalter Deutschlands, der Bedrücker Ost-Berlins und der Bedroher West-Berlins (...)".
Am 25. Oktober 1961 standen sich amerikanische und sowjetische Panzer am "Ausländerübergang" Checkpoint Charlie gegenüber – nur wenige Meter voneinander entfernt: DDR-Grenzsoldaten hatten zuvor versucht, Repräsentanten der Westalliierten beim Übertritt in den sowjetischen Sektor zu kontrollieren. Dieses Vorgehen verstieß gegen das geltende Recht auf ungehinderte Bewegungsfreiheit in der ganzen Stadt. Nach drei Tagen zogen sich beide Seiten zurück; die Sektorengrenze ließ sich am Checkpoint Charlie wieder passieren.
Die Mauer trennte die Stadt in zwei Teile, riss Familien, Freunde, Nachbarn auseinander. "Damals hat niemand vorhergesehen, dass "Todesstreifen" und immer perfidere Sperranlagen unser Land fast drei Jahrzehnte lang trennen würden", bemerkt Hartmut Richter nachdenklich. Wer die Grenze überwinden wollte, auf den wurde geschossen. Bis zur Friedlichen Revolution in der DDR 1989 war die Berliner Mauer Symbol einer geteilten Welt im Kalten Krieg. "In der Schule lehrte man uns, dass der "antifaschistische Schutzwall" errichtet werden musste, um die DDR, den 1. Deutschen Arbeiter- und Bauernstaat, vor Aggressoren zu schützen."
Hartmut Richter träumte wie viele davon, frei zu sein und in den Westen fahren zu können. 1966 versuchte er zunächst, nach Österreich zu fliehen, wurde aber gefasst und verurteilt. Er versuchte es erneut, schwamm als 18-jähriger in einem tollkühnen Akt durch den Teltow-Kanal – und erreichte den Westteil Berlins.
Berliner Mauer in Zahlen, Stand 31. Juli 1989
Gesamtlänge der Grenze um Westberlin: 155 km
Grenze zwischen Ost- und West-Berlin: 43,1 km
Grenze zwischen West-Berlin und der DDR: 111,9 km
Grenze durch bewohnte Gebiete in Berlin: 37 km
Betonelemente der Mauer, Höhe 3,60 m: 106 km
Metallgitterzaun: 66,5 km
KFZ-Sperrgraben: 105,5 km
Kontakt-, Signalzaun: 127,5 km
Postenweg, circa 6 bis 7 m breit: 124,3 km
Anzahl der Wachtürme: 302
Anzahl der Bunker: 20
Quelle: Berliner Mauer Online