Indonesien, der größte Inselstaat der Erde, ist in ständiger Gefahr vor Seebeben, verbunden mit gefürchteten Tsunamis. Bundeskanzlerin Angela Merkel besuchte 2012 das Warnzentrum für Tsunamis in Jakarta, das mit deutscher Hilfe entstanden ist.
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Die Republik mit ihren Tausenden Inseln ist reich an Rohstoffen, Bodenschätzen und biologischer Vielfalt. Indonesien hat das dritthöchste Wirtschaftswachstum weltweit und ist damit eines der führenden Schwellenländer. Zudem ist es das viertbevölkerungsreichste Land der Welt (240 Millionen Einwohner).
Bei ihrem Indonesien-Besuch vom 10. bis 11. Juli 2012 verkündete Angela Merkel gemeinsam mit Präsident Susilo Bambang Yudhoyono eine neue, umfassende Partnerschaft. Diese Partnerschaft unterstreicht nicht nur die Bedeutung der deutsch-indonesischen Beziehungen, sondern sie zeigt auch: Deutschland hat in Indonesien einen guten Ruf.
Dieser Ruf gründet sich auch auf der Hilfsbereitschaft Deutschlands nach der großen Tsunami-Katastrophe am 26. Dezember 2004, bei der 230.000 Menschen ihr Leben verloren. Das verheerende Ausmaß der zerstörerischen Flutwelle beruhte vor allem auf der fehlenden Vorsorge im Indischen Ozean für eine derartige Naturkatastrophe.
Die beispielhafte Welle der Anteilnahme und Hilfsbereitschaft Deutschlands hat die Bevölkerung Indonesiens nicht vergessen. Hinzu kam ein in Deutschland entwickeltes Tsunami-Frühwarnsystem (German Indonesian Tsunami Early Warning System – kurz: GITEWS), das an Indonesien übergeben wurde.
Die Ende 2007 erfolgreich abgeschlossenen Projekte der Partnerschaftsinitiative privater Spender aus Deutschland sowie die Arbeit der vielen Hilfsorganisationen runden das positive Bild deutscher Hilfe ab.
Der Besuch der Kanzlerin im mit deutscher Unterstützung geschaffenen Tsunami-Frühwarnzentrum in Jakarta stand deshalb fest auf dem Besuchsprogramm. Die Bundeskanzlerin lobte die erfolgreiche Umsetzung des GITEWS-Konzepts: "Man kann hier höchste wissenschaftliche Qualität sehen. Ich bin sehr beeindruckt vom Tsunami-Warnzentrum", lobte die Kanzlerin. "Es ist ein sehr gutes Beispiel für eine deutsch-indonesische Kooperation, die auch wirklich zum Wohle der Menschen arbeitet."
Angela Merkel, selbst Physikerin, informierte sich sehr ausführlich über die Arbeitsweise des Frühwarnsystems und über das Zusammenspiel der verschiedenen Komponenten. Die Ausbildung und das Training des Personals vor Ort, das auch von deutschen Experten begleitet wird, interessierten sie ebenfalls sehr.
"Indonesische Fachkräfte werden hier weitergebildet und haben die Möglichkeit, an der wissenschaftlichen Entwicklung teilzuhaben, die Deutschland bietet. Insofern ist dies ein Paradebeispiel für die Kooperation, die natürlich auch Mittel der Entwicklungshilfe und der technischen Zusammenarbeit enthält. Ich glaube, das Geld ist hier wirklich gut eingesetzt", sagte Merkel.
Unmittelbar nach der Tsunami-Katastrophe hatte die Bundesregierung den Auftrag zur Entwicklung und Implementierung eines Frühwarnsystems für Tsunamis im Indischen Ozean erteilt. Der Auftrag ging an die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren, vertreten durch das Deutsche GeoForschungsZentrum (GFZ) in Potsdam.
Die Mittel in Höhe von insgesamt 55 Millionen Euro stammen zu großen Teilen aus dem Beitrag der Bundesregierung im Rahmen der Flutopferhilfe. Das Projekt wurde als Forschungsvorhaben vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert und in Zusammenarbeit mit dem indonesischen Wissenschaftsministerium sowie zuständigen Fachbehörden durchgeführt.
Im November 2008 nahm GITEWS seinen Betrieb auf und wurde in der darauffolgenden gemeinsamen Betriebsphase weiter optimiert. Seine Funktionsfähigkeit stellte das Frühwarnsystem unter realen Bedingungen etliche Male erfolgreich unter Beweis, zuletzt bei dem extremen Seebeben am 11. April 2012 vor Sumatra.
Dabei arbeiteten alle Komponenten einwandfrei wie beispielsweise die ozeanografischen Messinstrumente. Sie sind zusätzlich mit GPS ausgestattet, um Meeresspiegelschwankungen erfassen zu können. Die verschiedenen Sensortypen sind über Satellitenkommunikation an das Warnzentrum angeschlossen, welches vom Meteorologischen, Klimatologischen und Geophysikalischen Dienst (BMKG) in Jakarta betrieben wird.
Am 29. März 2011, rund sechs Jahre nach der Tsunami-Katastrophe im Indischen Ozean, endete das GITEWS-Projekt planungsgemäß und wurde vollständig an Indonesien übergeben. "Das bedeutet aber nicht, dass wir uns jetzt aus dem System zurückziehen", so Professor Reinhard Hüttl vom GFZ Potsdam. "Insbesondere mit der nachhaltigen Aus- und Weiterbildung von Mitarbeitern des Warnzentrumsbetreibers unterstützt Deutschland weiterhin den Betrieb."
Neben dem technischen Aufbau mussten Wissenschaftler, Katastrophenmanager, Mitarbeiter der Verwaltung und die Bevölkerung geschult werden. Sie müssen wissen, was bei einem Starkbeben und einem Tsunami zu tun ist und welche präventiven Maßnahmen getroffen werden können. In drei Testregionen wurde dazu der Ablauf einer Tsunami-Warnung bis hin zur Räumung des Küstenabschnitts durchgespielt.
Unabhängig davon entwickelte Indonesiens Erdbebendienst BMKG Alarmpläne für das gesamte Land. Bis Ende März 2014 dauerte dieser Teil des Nachsorge-Konzepts für GITEWS an.
Ein funktionierendes Tsunami-Frühwarnsystems ist aber nicht gleichbedeutend mit einem kompletten Schutz vor der Katastrophe, so das GFZ Potsdam. Dieses trügerische Sicherheitsgefühl zu bekämpfen, ist deshalb auch Teil der Arbeiten im Tsunami-Frühwarnsystem für Indonesien.
Deutschland leistete mit seinem Beitrag zum Tsunami-Frühwarnsystem GITEWS einen entscheidenden Schritt zur Katastrophenvorsorge in Indonesien und den gefährdeten Küsten des Indischen Ozeans. Neue wissenschaftliche Verfahren und Technologien, Sensorensysteme, schnelle Simulationsprogramme und der Einsatz von Satelliten wurden zu einem weltweit einmaligen Frühwarnsystem kombiniert.