Eine europäische Asylpolitik für alle

800.000 Flüchtlinge erwartet Eine europäische Asylpolitik für alle

Angesichts neuer Rekord-Zahlen von Flüchtlingen wollen Außenminister Steinmeier und Bundeswirtschaftsminister Gabriel einen europäischen Asyl-Kodex. Zuvor hatte bereits Bundesinnenminister de Maizière einen Vorschlag zur gemeinsamen EU-Politik angekündigt.

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Laut Flüchtlingsprognose wird die Zahl der Flüchtlinge 2015 so hoch wie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr: 800.000 Asyl-Anträge werden allein für Deutschland erwartet. Grund sind unter anderem Krieg und politische Verfolgung.

In einem der größten Seenot-Einsätze haben italienische Behörden am Wochenende allein 4.400 Flüchtlinge zwischen Libyen und Sizilien aus dem Mittelmeer gerettet. Circa 1.500 Flüchtlinge haben unterdessen am 22. August einen Zaun an der griechisch-mazedonischen Grenze passiert.

Schulterschluss mit Frankreich

Bei einem Treffen mit Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve am 20. August hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière konkrete Erwartungen zur Bewältigung der Flüchtlingsströme geäußert: Zielsetzung sei unter anderem die Einrichtung sogenannter Hotspots - also Wartezonen für Flüchtlinge - in den Erstaufnahmeländern Griechenland und Italien bis Ende 2015.

Der Minister verwies zudem auf die große Bedeutung des kommenden Pariser Gipfels von Europäischer Union und den afrikanischen Staaten für die drängenden Asylfragen. Schließlich kündigten die Minister an, Frankreichs Staatspräsidenten und der Bundeskanzlerin einen Vorschlag für eine gemeinsame europäische Asylpolitik zu unterbreiten - auch im Interesse des Reiseverkehrs im Schengen-Raum.

Details nannte de Maizière vorerst nicht. Es gebe "einen engen Schulterschluss zwischen Deutschland und Frankreich."

Neue Flüchtlingsprognose

Eine Abschwächung des Zustroms sei derzeit nicht zu erwarten, hatte de Maizière am Mittwoch (19. August) bei der Vorstellung der Flüchtlingsprognose 2015 erklärt. Bei der Asylmigration aus den Westbalkanstaaten sei erstmals ein leichter Rückgang erkennbar. Dies lasse allerdings noch nicht auf eine Trendwende schließen.

Die steigenden Zahlen seien "eine Herausforderung für uns alle, die wir gemeinsam aufnehmen", sagte de Maizière. Er kündigte an, dass Bund und Länder einen Koordinierungsstab einrichten, der bereits am Montag seine Arbeit aufnimmt. Der Minister sagte weiter, es sei "an der Zeit neue Wege zu gehen, Zeit für pragmatische Lösungen."

Voraussichtlich am 24. September finde hierzu ein weiterer so genannter Flüchtlingsgipfel statt. Zudem sollen laut de Maizière bundesweit vier Entscheidungszentren eingerichtet werden, die sich vor allem um offene Asylverfahren kümmern sollen.

Zeit für europäische Lösungen

Innerhalb der Europäischen Union nimmt Deutschland heute mit großem Abstand die meisten Asylbewerber auf. Alle europäischen Staaten müssten ihrer Verantwortung gerecht werden, so de Maizière. "Europa muss sich als Solidaritätsgemeinschaft beweisen" sagte de Maizière. Deutschland könne nicht auf Dauer rund 40 Prozent der nach Europa kommenden Flüchtlinge aufnehmen.

De Maizière wies darauf hin, dass viele der Flüchtlinge, die nach Deutschland kommen, bleiben werden. "Wir müssen sie aufnehmen und integrieren", sagte der Minister. Wer allerdings keine Bleibeperspektive habe, müsse das Land wieder verlassen.

Jeder Flüchtling habe "das Recht in Deutschland würdig, sicher und anständig aufgenommen zu werden. Hass, Beleidigungen und Angriffe auf Asylbewerber und Flüchtlingsheime sind unseres Landes unwürdig. Wir werden dem mit aller Härte entgegentreten", betonte de Maizière.

Angesichts neuerlicher Gewalt haben de Maizière und Bundesjustizminister Heiko Maas am Samstag (22. August) ein hartes Vorgehen des Rechtsstaates angekündigt. Nach Ausschreitungen von Gegnern eines neuen Flüchtlingsheims im sächsischen Heidenau sagte de Maizière, der wehrhafte Rechtsstaat werde sich keine Gewalt gefallen lassen. Maas kündigte "Null Toleranz gegen Rassismus" an. Gegner einer neuen Unterkunft hatten am Freitag (21. August) Blockaden errichtet und Polizisten angegriffen. Tags darauf kam es erneut zu Übergriffen.

Schwerpunkt: Hilfe vor Ort

Grundsätzlich gilt für die Bundesregierung: Deutschland kann die Not von Bürgerkriegen und humanitären Katastrophen nicht hier in Deutschland lösen. Deshalb ist es nach wie vor notwendig, die Hilfe vor Ort zu intensivieren. Wichtig ist, dass die Menschen insbesondere in Nordafrika rasch auf eine bessere Lebensperspektive vertrauen können. Deutschland hilft dabei bilateral und gemeinsam mit den anderen EU-Staaten. Der Schwerpunkt der deutschen Flüchtlingshilfe liegt in der Hilfe vor Ort, vor allem, indem Fluchtursachen bekämpft und die Aufnahmeregionen unterstützt werden.