Der Tourismus spielt für die wirtschaftliche Entwicklung Tunesiens eine wesentliche Rolle. Mit deutscher Unterstützung wurde ein nachhaltiges Tourismusprojekt gestartet. Es soll die nach den politischen Unruhen geschwächte Tourismusbranche stärken. Vor allem Frauen werden gefördert.
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Vor gut einem Jahr hat die tunesische Bevölkerung einen friedlichen Umbruch im Lande zu mehr Demokratie herbeigeführt. Sie hat als erste in Nordafrika den demokratischen Aufbruch gewagt und ist beim Aufbau demokratischer Strukturen Vorreiter. Auch die Zivilcourage der tunesischen Frauen hat wesentlich zur „Jasmin-Revolution“ beigetragen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel sicherte dem neuen Präsidenten Hammadi Jebali bei seinem Besuch in Deutschland zu, dass die Bundesregierung den Demokratisierungsprozess in Tunesien weiterhin unterstützen werde. „Der demokratische Aufbruch hat in Tunesien begonnen, und er ist dort auch weit fortgeschritten." Zwischen Deutschland und Tunesien werde es eine „sehr lebendige Zusammenarbeit“ geben, betonte Merkel. Es werde nicht nur wirtschaftliche Hilfen geben, auch der demokratische Prozess der Erneuerung werde von Deutschland unterstützt.
Auch Bundesentwicklungsminister Dirk Niebel lobt die zentrale Rolle Tunesiens für die historische Entwicklung in der Region: "Das Land ist Ausgangspunkt des ‚Arabischen Frühlings' und hat gleichzeitig beste Aussichten, die eingeleiteten Reformprozesse zum Erfolg zu führen. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) hat sehr schnell auf die veränderte politische Situation reagiert und drei Fonds eingerichtet, die im für den Reformprozess entscheidenden Dreiklang - Demokratie, Bildung und Wirtschaftsentwicklung - Unterstützung leisten."
Zur Erneuerung in einem Demokratisierungsprozess gehört auch, die Rolle der Frau in der Gesellschaft zu stärken. Besondere Beachtung findet deshalb bei den deutschen Projektmaßnahmen die Gleichstellung der Geschlechter.
Mit beruflicher Bildung sollen tunesische Frauen, die mit den Jugendlichen des Landes besonders unter Arbeitslosigkeit leiden, Perspektiven erhalten. Viele Frauen in Tunesien sind auf der Suche nach Beschäftigung und sollen nun so den Weg in Fortbildung und Berufstätigkeit finden. Um sie in Beruf und Einkommen zu bringen, sollen sie beispielsweise für die Tourismusbranche ausgebildet werden.
Das BMZ hat deshalb ein Förderprojekt für eine bessere Tourismusausbildung von Frauen in Tunesien initiiert. Es wird von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) im Auftrag des BMZ gemeinsam mit einem Touristik-Unternehmen umgesetzt.
Das BMZ und der Reisveranstalter teilen sich die Finanzierung von einer Million Euro. Die Projektlaufzeit beträgt fünf Jahre. Ziel ist die sozial nachhaltige Förderung und Entwicklung des Tourismus in Tunesien.
Im Rahmen ihrer jüngsten Tunesienreise eröffnete die Parlamentarische Staatssekretärin im BMZ, Gudrun Kopp, die Kick-off-Veranstaltung für dieses Projekt. Sie bekräftigte: „Der Tourismus birgt für Tunesien ein enormes Potenzial für die Entwicklung seiner Wirtschaft. Und er bietet auch und gerade für Frauen zahlreiche Chancen – vor allem ihnen wollen wir Türen öffnen!“
Die noch weit verbreitete traditionelle Frauenrolle erschwert vielen Frauen in Tunesien aber den Eintritt in den Arbeitsmarkt. Aus diesem Grund steht die wirtschaftliche Integration von Frauen im Fokus. Das Förderprojekt umfasst drei Ansätze:
1. Weiterbildung des Managements größerer Hotels
Die Themen soziale Verantwortung und Chancengleichheit stehen im Mittelpunkt der Weiterbildung des Managements. In Kooperation mit dem tunesischen Hotelverband werden zur Sensibilisierung Trainings durchgeführt. Zu den Inhalten gehören unter anderem die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Umgang miteinander, gerade auch für Mitarbeiterinnen. Auch das Thema ökologische und soziale Nachhaltigkeit wird in die Trainings integriert.
2. Verbesserte Aus- und Fortbildung vor allem weiblicher Hotelangestellter
Das tunesische Ausbildungssystems an Hotelfachschulen wird modernisiert. Hierfür werden die Inhalte der Ausbildung neu definiert. Sie haben zum Ziel, Frauen für höherwertige Tätigkeiten zu qualifizieren. Um dies zu erreichen werden unter anderem Bildungskredite und Stipendien vergeben. Hiervon verspricht man sich eine nachhaltige Steigerung der Ausbildungsqualität im Hotelfach.
3. Förderung des tunesischen Kunsthandwerks
Der Anteil der Frauen in der tunesischen Kunsthandwerksproduktion ist hoch. Ausgewählte Kunsthandwerksinitiativen sollen gefördert werden und so das Angebot für die Gäste bezüglich Qualität und Sortimentsbreite verbessern. Dies führt auch zu steigenden Einkommen der Herstellerinnen.
Nach Ägypten, Südafrika und Marokko ist Tunesien das viertwichtigste Zielland europäischer Touristen in Afrika. 2008 erreichte die Zahl der Touristen etwa sieben Millionen – in Folge der politischen Unruhen in der Region brachen die Urlauberzahlen allerdings kräftig ein und erholen sich erst allmählich wieder.
Tunesien hat mit 1300 Kilometern Küste, zumeist mit Sandstrand und einem reichen kulturellen Erbe ein großes touristisches Potenzial. Der Tourismus ist zudem ein wichtiger Wirtschaftssektor für das Land in Nordafrika. Er beschäftigt etwa 400.000 Menschen und trägt circa sieben Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei (2010).
Um den Dialog zwischen tunesischen und deutschen Tourismusexperten zu fördern und gemeinsam neue Strategien auszuarbeiten, organisieren die Deutsch-Tunesische Industrie und Handelskammer und das Fremdenverkehrsamt Tunesien die „3. Deutsch-Tunesische Tourismuskonferenz“. Sie ist für November diesen Jahres geplant und findet voraussichtlich in Hammamet statt.