Ein neues Leitmotiv für Europa

Europäische Union Ein neues Leitmotiv für Europa

Mit neuen Leitmotiven in die Zukunft zu starten, das war das Ziel des Gemeinschaftsprojekts "New narrative for Europe". Bundeskanzlerin Angela Merkel und EU-Kommissionspräsident Barroso stellten in Berlin Ideen und Vorstellungen dazu vor.

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Merkel hält eine Rede, hinter ihr das Logo der Veranstaltung

Die Bundeskanzlerin berichtet auch darüber, was Europa für sie geworden ist.

Foto: Bundesregierung/Kugler

Das Leitmotiv im Europa der Nachkriegszeit "Frieden durch einen gemeinsamen Markt" ist zunehmend schwieriger zu vermitteln. Europa braucht aber gerade in Krisenzeiten ein einigendes und zukunftsfähiges Leitmotiv.

Gemeinsame Werte

Die Europäische Union steht seit ihrer Gründung für Werte wie Freiheit, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit. Um diese Werte verständlich und vermittelbar zu machen, ist eine starke Grundidee erforderlich. Nur so können sich Unionsbürgerinnen und -bürger mit der europäischen Idee identifizieren.

Die Debatte für ein Leitmotiv Europas wird seit 2013 geführt. Es gilt, das Vertrauen in Europa wiederherzustellen und die Bürgerinnen und Bürger aufs Neue für dieses Projekt zu begeistern. Die Abschlusserklärung in Berlin ist der vorläufige Höhepunkt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hielt auf der Abschlussveranstaltung eine Rede. Merkel erinnerte zunächst an die drei Urmotive der europäischen Einigung: das Versprechen auf Frieden, das Versprechen auf Freiheit und das Versprechen auf Wohlstand.

Lehren aus der Geschichte nicht vergessen

In Frieden leben - 2012 hatte die Europäische Union den Friedensnobelpreis erhalten. Für die Kanzlerin ist der Preis vor allem Verpflichtung "den Frieden im Innern Europas weiter zu sichern und nach außen dazu beizutragen, dass dort, wo kein Frieden ist, auch Frieden werden kann." Europäerinnen und Europäer seien aufgefordert, "die Lehren aus der Geschichte nicht zu vergessen, sondern sie auch immer wieder aktiv zu leben."

Ruf nach Freiheit und Demokratie unterstützen

Vor 25 Jahren fiel in Deutschland die Mauer. Ein glücklicher Moment in der deutschen, aber auch in der europäischen Geschichte. Betrachte man diesen glücklichen Wandel, seien die Gedanken in diesen Tagen bei den Menschen in Kiew und der Ukraine "die auch das erleben wollen, was wir schon erleben durften." Merkel betonte: "Deshalb müssen wir ihrem Ruf und ihrem Willen nach Freiheit und Demokratie alle Unterstützung geben."

Die territoriale Integrität der Ukraine müsse gewahrt werden und alles dafür getan, "dass das, was wir aus der Geschichte eigentlich gelernt haben, nämlich dass Konflikte friedlich und diplomatisch gelöst werden, auch jetzt im Zusammenhang mit der Ukraine bei Beibehaltung unserer grundlegenden Prinzipien möglich ist."

Freiheit sei die Grundlage für das einige Europa, betont Merkel. Sie sei nicht selbstverständlich - müsse immer wieder verteidigt werden.

Der Euro - Symbol für die Einigung Europas

Der Euro sei das Symbol für die gelungene friedliche und demokratische Einigung Europas. Er sei mehr, als eine Währung, so die Kanzlerin. Die Gründungsväter und Gründungsmütter Europas hätten oft darauf hingewiesen, dass diejenigen, die dauerhaft eine Währung haben, nie wieder in einem Krieg gegeneinander kämpfen werden.

Europa selbstverständlich leben

Europa jeden Tag ganz selbstverständlich zu leben "ich glaube, das beschreibt den Erfahrungshorizont der meisten Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union." Man führe sich gar nicht mehr vor Augen, dass es auch anders sein könnte.

Monika Grütters sitzt neben Angela Merkel

Barroso, Merkel, Grütters

Foto: Bundesregierung/Kugler

Bürgerinnen und Bürger haben Foren gebildet, um über Europa zu reden. "Wenn sie sagen, dass sie über das gestritten haben, was für sie Europa ausmacht, dann ist das ja nichts anderes, als sich aus der eigenen Erfahrungswelt zu erzählen." Die Kanzlerin glaubt: "Es lohnt sich, noch genauer hinzuhören, was uns die Menschen sagen, was sie sich gegenseitig zu erzählen haben."

Zum Abschluss ihrer Rede dankte die Bundeskanzlerin EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso und dem Europäischen Parlament für die Initiative und fügt hinzu: "Es ermuntert mich, weiter von dem zu erzählen, was für mich Europa geworden ist."

Reflexion über die Geschichte Europas

Auf Anregung des Europäischen Parlaments hatte die Europäische Kommission Künstler, Schriftsteller, Wissenschaftler und Kulturschaffende zu einer Debatte über Europa eingeladen. Sie alle haben an der "Geschichte Europas" mitgeschrieben.

Drei Kernfragen standen dabei im Mittelpunkt:

  1. Was können Kultur und Wissenschaft an Vorstellungen und Ideen zur Lösung der heutigen Herausforderungen beisteuern?
  2. Welche Wege würden Künstler, Wissenschaftler und Denker einschlagen, um ein stärkeres europäisches Bewusstsein unter den Unionsbürgern und einen stärkeren Gemeinsinn zu erzeugen?
  3. Wofür könnte das europäische Projekt eingesetzt werden?

Das neue Leitmotiv für Europa soll insbesondere der Tatsache Rechnung tragen, dass es bei der Europäischen Union nicht nur um Wirtschaft und Wachstum, sondern auch um eine kulturelle Einheit und gemeinsame Werte in einer globalisierten Welt geht.

Bisher fanden drei Konferenzen dazu statt: in Brüssel, Warschau und Mailand. In Berlin wurden nun die Ergebnisse der Debatte zusammengefasst und die von Künstlern und Intellektuellen verfasste Erklärung vorgestellt.