Auch Erwachsene lernen noch richtig Lesen und Schreiben

Grundbildung am Arbeitsplatz Auch Erwachsene lernen noch richtig Lesen und Schreiben

In Deutschland können 7,5 Millionen Erwachsene nicht richtig lesen und schreiben, davon über vier Millionen Berufstätige. Für sie gibt es unterschiedlichste Hilfsangebote, die bereits vielen geholfen haben. Die Bundesregierung unterstützt sie dabei.

3 Min. Lesedauer

Ein Analphabet schreibt Sätze zur Übung in ein Schulheft.

Schreiben zu lernen ist möglich

Foto: picture-alliance/ dpa

Etwa jede oder jeder siebte Deutsche zwischen 18 und 64 Jahren kann unzureichend lesen und schreiben. Mehr als die Hälfte aller Betroffenen besitzt keinen oder nur einen niedrigen Schulabschluss.
Bei der Arbeit helfen oft Kollegen und Kolleginnen denen, die nicht richtig lesen und schreiben können. Aber die Betroffenen stoßen leicht an ihre Grenzen, wenn diese Hilfe wegfällt.

Schon im privaten Alltag bereiten Formulare Schwierigkeiten. Oder der Wunsch der Kinder, ihnen aus einem Buch vorzulesen, kann nicht erfüllt werden.

Viele verstecken ihre Schwächen und "mogeln" sich durch das tägliche Leben. Aus Scham und aus Angst vor Vorurteilen trauen sie sich meist nicht, aktiv Hilfe zu suchen.

Lesen und Schreiben - Schlüssel zur Welt

Die Kampagne "Lesen & Schreiben – Mein Schlüssel zur Welt" will das Tabu Analphabetismus brechen. Sie will Mut machen und zeigen: Es ist nie zu spät, Lesen und Schreiben zu lernen. Für Betroffene gibt es vielfältige Unterstützungsangebote auf ihrem Weg in ein Leben mit neuen beruflichen und privaten Perspektiven.

Die Kampagne ist Teil der "Nationalen Strategie für Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener". Die Bundesregierung und die Kultusminister der Länder haben sie 2011 gestartet.

Die Hürde überwinden

Viele Betroffenen haben es geschafft. Ihre Geschichten zeigen: Es war wichtig, sich den eigenen Lese- und Schreibschwierigkeiten zu stellen und offen damit umzugehen. In Lese- und Schreibkursen trafen sie Menschen, denen es genauso ging. Das war eine Erleichterung und machte Mut.

Einige haben sich nicht nur beruflich verändert, sie sind Botschafter für Alphabetisierung geworden. Uwe Boldt und Solveig Klockmann sagen: "Jeder kann es lernen. Es ist nie zu spät!“

Berufschancen verbessern

60 Prozent der Analphabetinnen und Analphabeten sind erwerbstätig, vor allem als Hilfskräfte. Sehr vielen gelingt es nicht, eine Ausbildung abzuschließen und richtig im Arbeitsleben Fuß zu fassen. Denn für viele Arbeiten braucht man Lese- und Schreibkompetenz: Beispielsweise um neue Maschinen zu bedienen oder sicher mit dem PC umzugehen.

Die Betroffenen sind oft in ihrem beruflichen Umfeld anerkannt. Immerhin 34 Prozent der Beschäftigten und 42 Prozent der Arbeitgeber kennen einen oder mehrere Kolleginnen oder Kollegen, die mit dem Lesen und Schreiben große Probleme haben. Sie sollten sie ermuntern, es zu lernen.

Lernen bei der Arbeit

Deshalb fördert die Bundesregierung das Programm "Arbeitsplatzorientierte Alphabetisierung und Grundbildung Erwachsener" mit 20 Millionen Euro. Bildungsträger und Unternehmen entwickeln unter anderem neue Konzepte und Materialien für das Lernen bei der Arbeit. Angebote für Smartphones oder Tablets erleichtern das Schreiben- und Lesen-Lernen. Mitarbeiter können sich als Mentoren schulen lassen. Sie sind dann für Betroffene erste Ansprechpartner im Betrieb.

Lernportal und Alfa-Telefon

Auf dem Internetportal ich-will-lernen.de können Erwachsene kostenlos richtig lesen und schreiben lernen. Sie melden sich anonym an und werden beim Lernen von Tutoren begleitet. Rund 50.000 Menschen üben mit mehr als 31.000 Aufgaben.

Beim ALFA-Telefon unter der Telefonnummer 0800-53 33 44 55 können sich Betroffene kostenlos über Lese- und Schreibkurse im gesamten Bundesgebiet informieren. Im Internet zeigt ein Kursfinder auf einer interaktiven Deutschlandkarte die wichtigsten Kursangebote vor Ort.

Analphabetinnen und Analphabeten, die lesen und schreiben lernen wollen, werden finanziell unterstützt. Interessierte wenden sich am besten an die zuständige Arbeitsagentur. Informationen über die Bildungsprämie gibt es unter der Telefonnummer 0800-26 23 000.

Weltalphabetisierungstag
Der Aktionstag am 8. September erinnert an die Bedeutung von Alphabetisierung und Erwachsenenbildung. Er wurde 1965 von der UNESCO ins Leben gerufen. Weltweit können 781 Millionen Erwachsene nicht lesen und schreiben. Dies betrifft vor allem Länder in Asien und Subsahara-Afrika. Das Ziel der Vereinten Nationen, bis 2015 die Zahl der erwachsenen Analphabeten zu halbieren, werde nach Angaben der deutschen UNESCO-Kommission nicht erreicht.