Die Kanzlerin hat den US-Luftschlag auf einen syrischen Stützpunkt als nachvollziehbar bezeichnet. Mit Frankreichs Präsident Hollande und dem italienischen Ministerpräsidenten Gentiloni sei sie sich in Telefonaten einig gewesen, dass die alleinige Verantwortung für diese Entwicklung Präsident Assad trage.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach am Freitagmorgen mit dem französischen Präsidenten François Hollande und Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni über die US-Luftschläge gegen einen syrischen Stützpunkt. Alle seien sich darin einig gewesen, dass die alleinige Verantwortung für diese Entwicklung Präsident Assad trage, sagte Merkel in Berlin.
Als Reaktion auf den Giftgaseinsatz vom 4. April auf den syrischen Ort Chan Scheichun hatte die US-Regierung in der Nacht auf Freitag mit einem Luftschlag eine Militäreinrichtung des syrischen Regimes zerstört.
"Wir wissen alle, dass Chemiewaffen international geächtet sind, und wer sie einsetzt, begeht ein Kriegsverbrechen", so die Kanzlerin. Der Angriff sei angesichts der Dimension der Kriegsverbrechen, angesichts des Leids der unschuldigen Menschen und der Blockade im UN-Sicherheitsrat "nachvollziehbar".
Gleichzeitig sei es wichtig, alle Kraft auf politische Gespräche im UN-Sicherheitsrat und in Genf zu setzen, um zu einer politischen Übergangslösung und einer demokratischen Beendigung des Assad-Regimes zu kommen, sagte die Kanzlerin.
Nach ihrem gemeinsamen Telefonat hatten Merkel und Hollande in einer gemeinsamen Erklärung gefordert, dass Assads wiederholter Einsatz von chemischen Waffen und seine Verbrechen gegen die eigene Bevölkerung eine Sanktionierung verlangten. Frankreich und Deutschland hatten dies bereits im Sommer 2013 nach dem Massaker von Ghuta gefordert.
Die Kanzlerin und der Präsident betonten, dass beide Länder mit ihren Partnern und im Rahmen der Vereinten Nationen ihre Bemühungen fortsetzen würden, um Assad für seine verbrecherischen Taten zur Verantwortung zu ziehen. "Deutschland und Frankreich rufen die internationale Staatengemeinschaft dazu auf, sich gemäß Resolution 2254 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen und des Genfer Kommuniqués geschlossen für einen politischen Übergang in Syrien einzusetzen", heißt es in der Erklärung.
Die Bundeskanzlerin hatte bereits am Dienstagabend (4. April) den Chemiewaffenangriff in Syrien scharf verurteilt und betont: "Solche Kriegsverbrechen müssen bestraft werden."
Der UN-Sicherheitsrat konnte sich am Mittwochabend nicht auf eine gemeinsame Linie zum Giftgas-Angriff in Syrien verständigen. "Es ist eine Schande, dass keine UN-Sicherheitsrat-Resolution zustande kommt. Und hier müssen gerade diejenigen, die sich verweigern, überlegen welche Verantwortung sie damit auf sich nehmen", sagte Merkel am Donnerstag (6. April) am Rande des Treffens mit dem Ministerpräsidenten der ostdeutschen Länder.
Auch Außenminister Sigmar Gabriel äußerte sich zu dem Chemiewaffenangriff. Es sei "kaum erträglich mit ansehen zu müssen, dass der Weltsicherheitsrat nicht in der Lage war, klar und eindeutig auf den barbarischen Einsatz chemischer Waffen gegen unschuldige Menschen in Syrien zu reagieren", so Gabriel. Er bezeichnete es als nachvollziehbar, dass die USA jetzt mit einem Angriff gegen die militärischen Strukturen des Assad-Regimes reagiert haben.
Die Weltgemeinschaft sei sich einig, dass Giftgas eine international geächtete Waffe ist. "So nachvollziehbar nach dem Versagen des Weltsicherheitsrats der Militäreinsatz der USA gegen die militärische Infrastruktur auch war, so entscheidend ist es jetzt, zu gemeinsamen Friedensbemühungen unter dem Dach der UN zu kommen", sagte er Minister.
Trotz aller aktuellen Entwicklungen müsse der Bevölkerung in Syrien und den syrischen Flüchtlingen in den Nachbarländern geholfen werden. Außenminister Gabriel hatte am Mittwoch bei der Syrien–Konferenz in Brüssel angekündigt, dass die Bundesregierung zusätzliche Mittel in Höhe von 1,17 Milliarden Euro bereitstellen wird, um bedrohten und vertriebenen Menschen aus Syrien zu helfen. "Familien und Kinder in Syrien, aber auch in den Nachbarländern Libanon, Jordanien und der Türkei zu unterstützen, steht dabei im Mittelpunkt für uns", sagte Gabriel.
Oft wird übersehen, dass der weitaus größte Teil der syrischen Flüchtlinge in den Nachbarländern Syriens bleibt. Von den jetzt zugesagten Mitteln sollen rund 800 Millionen Euro in Bildung, Qualifizierung und Weiterbildung für diese Personengruppe investiert werden.
Mit der Beschäftigungsoffensive im Libanon, in Jordanien, der Türkei und dem Irak sind seit dem vergangenen Jahr bereits mehr als 60.000 Jobs entstanden. Über 300.000 Kinder konnten die Schule besuchen. Mehr als 7.000 Menschen konnten durch Aus- und Weiterbildungen, zum Beispiel als Handwerker, eine berufliche Perspektive aufbauen.
Deutschland hatte bereits bei der Syrien–Konferenz im vergangenen Jahr in London die größte Einzelzusage in Höhe von 2,3 Milliarden Euro für die Jahre 2016 bis 2019 gemacht. Davon wurden 2016 rund 1,32 Milliarden Euro für humanitäre Hilfe, Maßnahmen zur Stabilisierung sowie in Bildung, Ausbildung und Jobs investiert. Die jetzt von Außenminister Gabriel zugesagten Mittel in Höhe von 1,17 Milliarden Euro stellt die Bundesregierung zusätzlich für 2017 und die darauffolgenden nächsten Jahre bereit.