"Wir müssen aufeinander achtgeben"

Im Wortlaut: de Maizière "Wir müssen aufeinander achtgeben"

Laut Bundesinnenminister de Maizières war die Terrorgefahr in Deutschland schon vor den großen Flüchtlingszahlen erheblich. Politik und Sicherheitsbehörden täten alles dafür, dass die Menschen hier frei und sicher leben könnten, so der Minister im Interview. Doch es könne keine hundertprozentige Sicherheit geben.

  • Interview mit Thomas de Maizière
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Das Interview im Wortlaut:

BILD: Lassen Sie Ihre Kinder nach dem Anschlag noch auf den Weihnachtsmarkt?

Thomas de Maizière: Ja. Natürlich verstehe ich, wenn Menschen Sorgen haben, und natürlich entscheidet am Ende jeder selbst, aber: Wir dürfen uns unseren freiheitlichen Lebensstil nicht von denen zerstören lassen, die ihn auf so hinterhältige Weise angreifen. Warum soll man nicht einen Engel oder eine Kerze auf dem Weihnachtsmarkt kaufen?

BILD: Warum ist es ein Unterschied, wenn der Täter ein Flüchtling ist?

De Maizière: Am heutigen Tag, in diesen schweren Stunden sind meine Gedanken und mein tief empfundenes Mitgefühl bei den Familien und Angehörigen der Opfer und Verletzten, für deren Genesung ich bete. Für diese Menschen ist es kein Unterschied, ob die Tat aus einer terroristischen Motivation begangen wurde, aus bloßer Bösartigkeit oder anderen Gründen. Für die Frage, welche Maßnahmen Behörden zu ergreifen haben, damit so etwas sich nicht wiederholt, spielen diese Dinge aber eine Rolle, und die unter Hochdruck laufenden Ermittlungen werden hierzu die notwendigen Erkenntnisse bringen. Das sollten wir abwarten.

BILD: Was bedeutet es für Sie als Minister für Innere Sicherheit, dass Sie Sicherheit nicht mehr gewährleisten können?

De Maizière: Die Politik und die Sicherheitsbehörden tun alles, damit unsere Gesellschaften frei und zugleich sicher bleiben und haben so auch schon viele Anschläge verhindert. Das bleibt weiter unser oberstes Ziel, und dafür wird rund um die Uhr gearbeitet. Ich habe schon oft betont: In einem freiheitlichen Rechtsstaat kann es keine hundertprozentige Sicherheit geben.

BILD: Was antworten Sie Menschen, die sagen: "Das sind Merkels Tote?"

De Maizière: Eine solche zynische Behauptung hat mit der Realität nichts zu tun. Das finde ich widerwärtig.

BILD: Regionalzüge, Musikfeste und Weihnachtsmärkte: Wie sicher wird Silvester in Deutschland?

De Maizière: Dass die Sicherheitslage in Deutschland sehr angespannt ist, wissen wir nicht erst seit Montagabend. Es wird vor Ort mehr Sicherheitsmaßnahmen geben. Wenn ich sage, dass wir uns unser freiheitliches Leben nicht zerstören lassen dürfen, gilt das auch für das Silvesterfest. Aber: Achtsamkeit untereinander und miteinander ist in schwierigen Zeiten wie diesen besonders wichtig. Wir müssen aufeinander achtgeben.

BILD: Müssen wir als Konsequenz der großen Flüchtlingskrise jetzt mit dem Terror leben lernen?

De Maizière: Schon vor den großen Flüchtlingszahlen hatten wir eine erhebliche Terrorgefahr im Land. Mit ihr werden wir als Teil des freiheitlichen Westens lange leben müssen.

Das Interview führte Franz Solms-Laubach für die

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