Fragen und Antworten
Der Ausbau der Stromnetze ist zentral auf dem Weg zu einer klimaneutralen Energieversorgung. Warum ist das so, wie kommt der Ausbau voran – und wer profitiert davon besonders? Fragen und Antworten.
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Mit dem schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien muss der Ausbau der Stromnetze Hand in Hand gehen. Denn der Strom aus Wind und Sonne muss dort hinkommen, wo er gebraucht wird.
Damit der Netzausbau schneller vorankommt, hat die Bundesregierung bereits viel auf den Weg gebracht und vor allem Planung und Genehmigung beschleunigt. Das trägt Früchte: Seit 2022 hat der Ausbau deutlich an Fahrt gewonnen.
Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Seit 2022 hat sich der Ausbau enorm beschleunigt – sowohl bei den Genehmigungen als auch beim Bau. So wurden 2023 viermal so viele Trassenkilometer genehmigt wie 2021, 2024 werden es voraussichtlich noch einmal doppelt so viele sein.
Bereits im Bau befanden sich 2023 zudem doppelt so viele Trassenkilometer wie 2021. 2024 könnten es mit etwa 1500 Kilometern sogar fünfmal so viele werden – so viele wie noch nie.
Damit ist der Ausbau für die Übertragungsnetze weitgehend in dem Zeitplan, den die Bundesregierung 2022 mit der Eröffnungsbilanz vorgestellt hat. Nach derzeitigem Stand müssen für die Energiewende knapp 18.000 Kilometer Stromnetz ausgebaut oder verstärkt werden. Das deutsche Stromübertragungsnetz ist heute insgesamt etwa 35.000 Kilometer lang.
Zum Stichtag 31. Dezember 2023 waren 30 Projekte mit einer Gesamtlänge von 2.822 Kilometern fertiggestellt. Dank der deutlichen Zunahme bei Genehmigungen und der ebenfalls beschleunigten Bautätigkeit ist damit zu rechnen, dass auch die Länge der fertiggestellten Leitungen in naher Zukunft deutlich steigen wird. Die wichtigste Voraussetzung dafür ist gegeben: die deutliche Beschleunigung bei Planung und Genehmigung.
Damit die Vorhaben beim Netzausbau schneller vorankommen, hat die Bundesregierung bereits viel auf den Weg gebracht. Sie arbeitet weiter daran, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und zu erleichtern.
Die Planungs- und Genehmigungsverfahren werden verkürzt: So genügt es etwa nach dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz, die Verfahrensunterlagen elektronisch auszulegen. Bei neuen Stromautobahnen kann unter bestimmten Voraussetzungen auf die Bundesfachplanung verzichtet werden. Weitere Regelungen erleichtern bei bestimmten Projekten den vorzeitigen Baubeginn parallel zum Zulassungsverfahren.
Mit den jüngsten Änderungen im Raumordnungsgesetz und im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung werden weitere Hürden beseitigt: Bei Genehmigungsverfahren kann unter bestimmten Voraussetzungen auf Umweltverträglichkeits- und artenschutzrechtliche Prüfungen verzichtet werden.
Um Klimaneutralität im Stromsektor zu erreichen, müssen in den nächsten zwei Jahrzehnten rund 18.000 Kilometer Stromnetze verstärkt oder ausgebaut werden. Denn der wachsende Anteil von erneuerbaren Energien an der Stromproduktion schafft neue Herausforderungen für das Netz:
- So muss der Strom teilweise über weite Strecken von den Stromerzeugern zu den Verbraucherinnen und Verbrauchern gelangen: Erzeugt wird er beispielsweise aus Windenergie vorrangig im Norden und Osten sowie auf See, wo der Wind besonders stark weht. Die größten Stromverbraucher – allen voran große Industriebetriebe – befinden sich aber im Süden und Westen Deutschlands. Neue Stromautobahnen wie der „SuedOst“- und der „SuedLink“ werden dazu beitragen, die Versorgung von mehreren Millionen Privathaushalten und Unternehmen in Süddeutschland zu sichern.
- Auch der Ausbau der Verbindungen zu den europäischen Nachbarn wird immer wichtiger, denn die Energiewende ist zunehmend europäisch eingebettet. So können etwa Wasserkraft in Skandinavien und den Alpenländern mit Windkraft und Photovoltaik in Deutschland verbunden werden.
Die Höchstspannungsleitung ist wichtig, um die Systemstabilität im deutschen und europäischen Übertragungsnetz zu gewährleisten. Die EU hat den „SuedOstLink“ deshalb auch als „Projekt von gemeinsamem Interesse“ eingestuft. Dies unterstreicht die Relevanz neuer Stromautobahnen wie „SuedLink“ oder „SuedOstLink“ für die Energiewende.
Das Bundesbedarfsplangesetz enthält eine Liste der Höchstspannungsleitungen, die ausgebaut oder neu errichtet werden müssen. Die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf zum Ausbau des Übertragungsnetzes stehen damit gesetzlich fest.
Neben dem Neubau von Stromleitungen arbeiten das Bundeswirtschaftsministerium und die Übertragungsnetzbetreiber daran, die Transportkapazitäten in den bestehenden Stromnetzen kurz- und mittelfristig zu optimieren. Auch hier wurden schon deutliche Fortschritte gemacht, etwa durch eine bessere Auslastung durch die Übertragungsnetzbetreiber oder durch eine schnellere Modernisierung bestehender Trassen. Alte Freileitungen können jetzt zum Beispiel innerhalb von zwei bis drei Jahren durch moderne Leiterseile in bestehenden Trassen ersetzt werden, was einer Beschleunigung von bis zu fünf Jahren entspricht.
Die Stromleitung „SuedLink“ soll 700 Kilometern lang werden und im Jahr 2028 in Betrieb gehen. „SuedLink garantiert sichere Stromversorgung in Bayern und Baden-Württemberg“, so Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Nach dem Baustart des ersten Konverters im Juli im Umspannwerk Leingarten bei Heilbronn ist im Oktober 2023 auch der erste Leitungabschnitt von SuedLink in den Bau gegangen.
„Mit dem SuedLink wird der Süden Deutschlands zukünftig von den großen Windstrommengen aus dem Norden profitieren können. Damit stärken wir die Versorgungssicherheit in Deutschland und auch die unserer Nachbarländer“, sagte Habeck zum offiziellen Baustart. Die anstehende Fertigstellung der Westküstenleitung sei zudem ein Zeichen dafür, wie stark das Land sein kann.
Geplant ist im ersten und technisch wohl herausfordensten Bauabschnitt ein zirka 5,2 Kilometer langer begehbarer Tunnel unter der Elbe in Schleswig-Holstein mit einem Innendurchmesser von etwa vier Metern. Vorhabenträger ist der Übertragungsnetzbetreiber TenneT.
Neben „SuedLink“ ist mit dem Konverter in Wolmirstedt bei Magdeburg auch die Gleichstromleitung „SuedOstLink“ in der Realisierungsphase. Diese etwa 540 Kilometer lange Stromautobahn soll ab 2027 große Mengen Strom aus den Windparks in Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sowie aus Offshore-Windparks im Norden zuverlässig nach Bayern transportieren.
Die 137 Kilometer lange Westküstenleitung unterstützt die großflächige Verteilung des in Schleswig-Holstein und in der Nordsee produzierten Windstroms. Sie ist bereits seit Oktober 2023 in Betrieb und soll den Stromtransport aus den Windregionen Dänemarks deutlich verbessern und damit auch das Europäische Stromnetz verstärken.
„Die Westküstenleitung ist ein besonders herausforderndes Projekt. Umso mehr freue ich mich, dass die Leitung nun fertig gestellt wird und zur Entlastung der Stromnetze in der Region beitragen kann“, sagte Minister Habeck beim Besuch des Umspannwerks Heide West in Schleswig-Holstein im September 2023. Die kurzen Planungszeiten müsse man auch deutschlandweit umsetzen: „Wir brauchen eine Halbierung der Planungs- und Genehmigungszeiten für den Netzausbau“, so Habeck.
Mit dem Bau der Konverter beginnen die Bau- und Realisierungsphasen der Stromautobahnen „SuedLink“ und „Sued-OstLink“. In den Konverter können bis zu zwei Gigawatt des aus Windenergie erzeugten Wechselstroma in Gleichstrom umwandelt werden. Gleichstrom lässt sich besser über lange Strecken zu den Verbauchern transportieren. Die Kapazität entspricht etwa der von 600 bis 700 Windrädern, die unter Volllast Strom produzieren, so der „Sued-Ostlink“-Betreiber 50 Hertz.
Große Stromautobahnen sollen vorrangig als Erdkabel geplant werden. Das wurde bereits im Jahr 2015 mit dem Gesetz zum Energieleitungsbau festgelegt. Erdkabel sind zwar teurer, erhöhen aber die Akzeptanz, da der Eingriff in die Landschaft deutlich geringer ist. Für den „SuedOstLink“, die erste Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitung, steht der komplette Erdkabel-Trassenkorridor fest, so 50 Hertz.
Die vier Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland sind TenneT, 50Hertz Transmission, Amprion und TransnetBW. Sie sorgen für den sicheren Betrieb der Infrastruktur der Übertragungsnetze und deren Instandhaltung. Sie bauen Stromleitungen aus und gewähren Stromhändlern und -lieferanten diskriminierungsfrei Zugang zu diesen Netzen.
Kontrolliert werden sie von der Bundesnetzagentur, die zum Beispiel den Netzausbau und die Entgelte für die Nutzung der Netze genehmigt.
Ein immer größerer Anteil des deutschen Energiebedarfs wird durch erneuerbare Energien, gedeckt: 2023 wurde mit fast 52 Prozent erstmals mehr als die Hälfte des verbrauchten Stroms durch erneuerbare Energieträger gedeckt. Und erstmals wurde mit 56 Prozent auch deutlich mehr als die Hälfte des Stroms aus erneuerbaren Energien erzeugt. Damit ist Deutschland auf Kurs, bis 2030 mindestens 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus errneuerbaren Energien zu decken.
Dafür soll zum Jahr 2030 die installierte Leistung von Windenergie auf See auf mindestens 30 Gigawatt und bis 2045 auf mindestens 70 Gigawatt steigen. Mit dem Windenergie-auf-See-Gesetz hat die Bundesregierung die Voraussetzungen geschaffen. Um den Ausbau von Windkraftanlagen an Land weiter voranzubringen, entwickelte das Bundeswirtschaftsministerium im Austausch mit den Ländern und der Branche eine „Wind-an-Land-Strategie“. Damit sollen Planung, Genehmigung und Bau von Windkraftanlagen beschleunigen werden.
Den bereits erfolgreichen Ausbau der Solarenergie will die Bundesregierung ebenfalls weiter beschleunigen.