Jüdisches Leben schützen
Antisemitismus hat in Deutschland keinen Platz: Der Kampf gegen Antisemitismus ist eine zentrale Aufgabe unseres demokratischen Rechtsstaats und der gesamten Gesellschaft. Die Bundesregierung setzt sich mit aller Kraft dafür ein, das jüdische Leben in Deutschland weiter zu stärken und zu fördern – ein Überblick.
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Bundeskanzler Olaf Scholz hat bei seinem Besuch der Gedenkveranstaltung in der Hamburger Synagoge Hohe Weid am 7. Oktober 2024 keinen Zweifel aufkommen lassen: „Wir müssen alles dafür tun, gegenzuhalten und sicherzustellen, dass die jüdischen Bürgerinnen und Bürger unseres Landes auch sicher leben können.“ Während der Gedenkzeremonie wurde den Opfern des Hamas-Angriffs auf Israel vor einem Jahr gedacht.
Strafrecht und Schutz jüdischer Einrichtungen
Zunächst gehört die juristische Ahndung antisemitischer Straftaten zur wirksamen Bekämpfung von Antisemitismus. Hinzu kommen umfassende Schutzmaßnahmen für jüdische Einrichtungen in Deutschland. Zudem hat die Bundesregierung eine Strategie gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben beschlossen.
- § 130 Strafgesetzbuch, Volksverhetzung: Wichtige Strafnorm zum Schutz des friedlichen Zusammenlebens und zum Schutz vor Äußerungen, die Personen auf Grund bestimmter Merkmale in ihrer Menschenwürde verletzen oder herabwürdigen. Hier sind Freiheitsstrafen von bis zu 5 Jahren möglich.
- Antisemitische Motive als strafschärfendes Merkmal: Handelt ein Täter aus antisemitischen Beweggründen oder Zielen heraus, soll sich dies strafschärfend auswirken. Daher wurde das Merkmal „antisemitisch“ 2021 ausdrücklich in die Regelungen zur Strafzumessung aufgenommen.
- Vereinsverbote: Vereine können verboten werden, wenn ihre Zwecke oder Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder sie sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richten. Daher hat Bundesinnenministerin Faeser auch die Betätigung der Terrororganisation Hamas und des internationalen Netzwerks „Samidoun – Palestinian Prisoner Solidarity Network“ in Deutschland verboten. Die Teilorganisation „Samidoun Deutschland“, auch agierend unter den Bezeichnungen „HIRAK – Palestinian Youth Mobilization Jugendbewegung (Germany)“ und „Hirak e.V.“, ist verboten und wird aufgelöst. Ende Juli 2024 hat die Bundesinnenministerin zudem das Islamische Zentrum (IZH) in Hamburg verboten. Es ist eine extremistische Organisation des Islamismus und verfolgt verfassungsfeindliche Ziele.
- Schutz jüdischer Einrichtungen: Im vergangenen Jahr hat die Bundesregierung die jährlichen Leistungen an den Zentralrat der Juden in Deutschland auf 22 Millionen Euro erhöht. Ziel ist es u.a., die Sicherheit der jüdischen Gemeinschaft weiter zu stärken. Unmittelbar nach Beginn des Terrorangriffs auf Israel durch die Hamas haben die deutschen Sicherheitsbehörden den Schutz von jüdischen und israelischen Einrichtungen hierzulande erhöht. Wie wichtig das war, hat vor wenigen Wochen der versuchte Anschlag auf das israelische Generalkonsulat in München gezeigt.
Zudem wurden dem Zentralrat der Juden in Deutschland bereits im Jahr 2020 Sondermittel in Höhe von 22 Millionen Euro durch die Bundesregierung für die Sicherung jüdischer Einrichtungen zur Verfügung gestellt. Sie dienen der gesamten jüdischen Gemeinschaft zur Verstärkung der baulichen und technischen Sicherungsmaßnahmen an inländischen jüdischen Einrichtungen und ergänzen die umfangreichen Maßnahmen der Länder zu deren Sicherung. Diese zusätzliche Unterstützung war Konsequenz aus dem Anschlag auf die Synagoge von Halle. - Strategie gegen Antisemitismus: Ende 2022 hat die Bundesregierung die Nationale Strategie gegen Antisemitismus und für jüdisches Leben beschlossen. Es ist die erste Strategie der Bundesregierung, die ausschließlich die Bekämpfung von Antisemitismus und die Förderung jüdischen Lebens behandelt. Ziel ist es, Jüdinnen und Juden in Deutschland zu stärken und ihre Lebensrealitäten sichtbarer zu machen.
Förderprogramme der Bundesregierung
Ziel ist es, Antisemitismus auf allen politischen und gesellschaftlichen Ebenen zu verhindern und zu bekämpfen. Die Bundesregierung engagiert sich deshalb mit einer Reihe von Maßnahmen und Projekten – darunter:
- Bundesprogramm "Demokratie leben!": Im Bundesprogramm „Demokratie leben!“ werden seit 2015 verschiedene Maßnahmen auf kommunaler, regionaler und bundesweiter Ebene gefördert, die sich neben Extremismus auch mit dem Themenfeld Antisemitismus auseinandersetzen. Darunter beispielsweise die Projekte „Meet a Jew“ vom Zentralrat der Juden in Deutschland oder „Schalom und Salam miteinander“ von Kubus e.V..
- Kompetenznetzwerk Antisemitismus: Im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ werden seit 2020 auch verschiedene Kompetenznetzwerke gefördert, darunter auch ein Kompetenznetzwerk mit dem Schwerpunkt „Antisemitismus“. Darin arbeiten fünf bundesweit tätige Organisationen zusammen, die über langjährige Erfahrungen in der Antisemitismusprävention, der antisemitismuskritischen Bildungsarbeit und der Beratung verfügen, darunter beispielsweise das Anne Frank Zentrum und der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus. Die Zielgruppen des Kompetenznetzwerks sind Kinder und Jugendliche, aber auch pädagogische Fachkräfte.
- Antisemitismusforschung: Die Bundesregierung unterstützt Forschung zum Themenbereich Antisemitismus. Im Rahmen der Förderrichtlinie „Aktuelle Dynamiken und Herausforderungen des Antisemitismus“ stehen bis 2025 insgesamt ca. 12 Millionen Euro für Forschung zur Verfügung. Die Erkenntnisse sollen zum tieferen Verständnis und zur effektiven Bekämpfung des Phänomens beitragen. Die Förderlinie steht im weiteren Kontext der BMBF-geförderten Extremismus- und Radikalisierungsforschung.
- Präventionsarbeit an Schulen: Das Bundesbildungsministerium fördert Projekte zur Antisemitismusprävention an Schulen. Mit dem Programm EMPATHIA³ werden beispielsweise Lehrerinnen und Lehrer in ihrer Ausbildung auf die Begegnung mit menschenverachtenden Äußerungen vorbereitet und geschult. Ein weiteres Projekt AIES entwickelt unter anderem digitale Unterrichtsmaterialen zur Antisemitismusprävention.
- Jugendaustausch: Das Koordinierungszentrum für den Deutsch-Israelischen Jugendaustausch ConAct unterstützt den außerschulischen Jugend- und Fachkräfteaustausch. Ziel ist, das gegenseitige Verständnis zu fördern. Außerdem leistet er einen wichtigen Beitrag zur internationalen Verständigung. Das Bundesfamilienministerium fördert den Austausch.
Die Bundesregierung hat zudem einen Beauftragten für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus. Felix Klein ist Ansprechpartner für jüdische Gruppen und gesellschaftliche Organisationen sowie Vermittler für die Antisemitismusbekämpfung durch Bund, Länder und Zivilgesellschaft. Darüber hinaus hat er die Aufgabe, Maßnahmen der Bundesregierung, die den Antisemitismus bekämpfen, ressortübergreifend zu koordinieren.