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Importstrategie für Wasserstoff Für eine klimaneutrale Wirtschaft

Deutschland muss künftig viel Wasserstoff importieren, damit Stahl-, Chemie- und Zementwerke bis 2045 klimaneutral produzieren können. Die Bundesregierung hat jetzt eine Importstrategie für Wasserstoff beschlossen. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

5 Min. Lesedauer

Ein Mitarbeiter tankt einen Lastkraftwagen mit Wasserstoff an einem Hafen.

Wasserstoff soll zukünftigt verstärkt importiert werden. Am Hamburger Hafen wurde dazu ein Testfeld mit einer Wasserstofftankstelle in Betrieb genommen.

Foto: picture alliance/dpa


Deutschland wird künftig weltweit zu den größten Wasserstoffimporteuren gehören. Mit der nun im Kabinett beschlossenen Wasserstoffstrategie will die Bundesregierung dazu beitragen, den weltweiten Wasserstoffhochlauf und somit auch die globale Energiewende zu beschleunigen.

Sie sendet damit zugleich ein wichtiges Signal an die deutsche Wirtschaft: Mit der Strategie sichert sie eine verlässliche Versorgung mit ausreichenden Mengen an Wasserstoff und seinen Derivaten für die Umstellung auf klimafreundliche Verfahren. Die Importstrategie ergänzt die Nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung.

Denn: Der Einsatz von Wasserstoff wird es ermöglichen, vor allem Deutschlands energieintensive Industrie entsprechend der nationalen Klimaschutzziele umzugestalten. Wasserstoff wird auch im Luft-, Schiffs- und Schwerlastverkehr sowie beim Umbau des Energiesystems eine wichtige Rolle zukommen.

Wie viel Wasserstoff wird Deutschland künftig benötigen und wie viel muss importiert werden?

Da hierzulande nicht genügend Wasserstoff hergestellt werden kann, müssen wir künftig viel importieren.

Die Bundesregierung rechnet gegenwärtig damit, dass bis 2030 insgesamt etwa 95 bis 130 TWh Wasserstoff und Wasserstoffderivate benötigt werden. Davon müssen 50 bis 70 Prozent importiert werden. Bis 2045 dürfte der Gesamtbedarf auf etwa 360 bis 500 TWh für Wasserstoff sowie 200 TWh für Wasserstoffderivate steigen.

Was sind Wasserstoffderivate?

Wasserstoffderivate, auch Wasserstoffträger genannt, sind zum Beispiel Ammoniak oder Methanol. Mit Hilfe solcher Derivate kann molekularer Wasserstoff chemisch gebunden und dadurch leichter transportiert und gespeichert werden.

Woher soll der Wasserstoff importiert werden?

In Europa gibt es gute Bedingungen für die Produktion von Wassestoff in Nord- und Ostsee, im Mittelmeer und im Schwarzen Meer. Daher ist eine verstärkte Zusammenarbeit innerhalb der EU sowie mit EU-Anrainerstaaten, zum Beispiel mit Norwegen, Dänemark, Großbritannien oder in Ländern Nordafrikas von großer Bedeutung.

Die Bundesregierung will die Lieferquellen möglichst breit diversifizieren. Sie arbeitet bereits mit einer Vielzahl an Partnerländern, -regionen und internationalen Akteuren zusammen, auch um später grünen Wasserstoff zu beziehen, so etwa mit Kanada und Namibia.

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz kooperiert dazu bereits im Rahmen von mehr als 30 Klima- und Energiepartnerschaften und Energiedialogen mit verschiedenen Ländern.

Wie steht es mit dem Import von grünem Wasserstoff?

In der Hochlaufphase gibt es auch anderswo noch nicht genügend grünen Wasserstoff zu wettbewerbsfähigen Preisen. Zunächst müssen auch in den Exportländern die nötigen Kapazitäten einschließlich der Pipeline- und Schiffstransporte für einen weltweiten – künftig auch grünen – Wasserstoffmarkt geschaffen werden.

Eine nachhaltige, stabile, sichere und diversifizierte, Versorgung mit ausreichend Wasserstoff und Wasserstoffderivaten ist im strategischen Interesse Deutschlands. Um unsere Klimaschutzziele bis 2045 zu erreichen, ist insbesondere ein rascher Wasserstoffhochlauf erforderlich. Die Bundesregierung bezieht daher kohlenstoffarmen Wasserstoff und diverse Wasserstoffderivate in ihre Importstrategie ein.

Ihr Ziel ist es weiterhin, eine zuverlässige Versorgung mit grünem, auf Dauer nachhaltigem Wasserstoff und seinen Derivaten zu gewährleisten. Sie flankiert mit ihrer Strategie zugleich den Markthochlauf von grünem Wasserstoff. Sie fördert den Aufbau von Erzeugungsanlagen von grünem Wasserstoff und seinen Derivaten, das Speichern, den Transport und die integrierte Anwendung von Wasserstoff international sowie Forschung und Entwicklung.

Strategische Partnerschaften etwa mit Süd- und Westafrika sowie mit Australien bilden den Grundstein für die zukünftige Versorgung mit grünem Wasserstoff. In diesen Ländern eignen sich die Bedingungen besonders, um Wind- und Solarstrom für die Herstellung von Wasserstoff zu produzieren.

Was tut die Bundesregierung, damit hierzulande die Infrastrukturen für Wasserstoffimporte entstehen?

Die Bundesregierung treibt parallel zu ihrer Importstrategie den Aufbau von Importinfrastrukturen für Pipeline- und Schiffstransporte voran. Sie hat Ende Mai ein Gesetz auf den Weg gebracht, um den Auf- und Ausbau der Infrastruktur für Wasserstoff zu beschleunigen. Dazu gehören auch Pipelines und Importterminals.

In Deutschland soll bis 2027/2028 ein Wasserstoffnetz mit mehr als 1.800 Kilometern umgestellten und neuen Leitungen aufgebaut werden. Die Grundlagen für die Planung und den Aufbau eines Wasserstoff-Kernnetzes und für seine Finanzierung stehen. Ebenfalls hat die Bundesregierung eine umfassende integrierte Netzentwicklungsplanung für das Erdgas- sowie das zukünftige Wasserstoff-Transportnetz vorgelegt.

Wird Wasserstoff denn bereits heute in der Industrie eingesetzt?

Ja, in der Grundstoff- und Petrochemie wird Wasserstoff bereits heute entlang etablierter Prozessrouten lokal produziert und direkt als chemischer Rohstoff genutzt. Perspektivisch soll Wasserstoff sowohl als Brenngas für Hochtemperaturprozesse als auch zusammen mit Kohlenstoffdioxid als Ausgangsstoff in chemischen Prozessen eingesetzt werden. Der Wasserstoffbedarf für diese Industrieprozesse wird bis 2045 um ein Vielfaches steigen.

In der Stahlindustrie wird heute noch kein Wasserstoff eingesetzt. Stattdessen werden Hochöfen in der Regel mit Kokskohle betrieben. Um Eisen und Stahl künftig emissionsfrei herzustellen, müssen die Hochöfen durch Direktreduktionsanlagen ausgetauscht werden, die mit Wasserstoff funktionieren. Der Wasserstoffbedarf der deutschen Stahlindustrie wird mit der Umstellung auf diese Anlagen sukzessive und bis 2045 massiv steigen.

Soll Wasserstoff künftig auch im Schiffs-, Luft- und Lastverkehr genutzt werden?

Für einen klimafreundlichen deutschen Schiffsverkehr können künftig strombasierte Kraftstoffe – neben vollelektrischen Batterieantrieben – eine wichtige Rolle spielen. Für internationale Frachtschiffrouten werden vor allem Wasserstoffderivate wie Ammoniak, Methanol sowie flüssiger Wasserstoff diskutiert. Ein hoher Bedarf an diversen Wasserstoffderivaten wird wegen der langen Investitionszyklen erst mittel- bis langfristig erwartet.

Zur Umstellung des Flugverkehrs vom fossilen Kerosin auf nachhaltiges e-Kerosin gibt es noch keine abschließenden Bedarfsprognosen für Wasserstoff. Die Bundesregierung rechnet jedoch auch hier mit einem hohen Wasserstoffbedarf in 2045.

Im Schwerlastverkehr wird die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie andere alternative Antriebsformen ergänzen. Aufgrund der CO2-Emissionsreduktionsziele und Maßnahmen wie der CO2-basierten Lkw-Maut wird hier der Bedarf ab Wasserstoff bis 2030 steigen.

Wird Wasserstoff auch bei der Wärmeversorgung eine Rolle spielen?

Um perspektivisch Wasserstoff bei der zentralen und dezentralen Wärmeversorgung nutzen zu können, hat die Bundesregierung mit dem Wärmeplanungsgesetz und der letzten Novelle des Gebäudeenergiegesetzes die nötigen Rahmenbedingungen geschaffen.

Kommunen können sich bei der Wärmeplanung für die Ausweisung von Wasserstoffnetzgebieten oder die Nutzung von synthetischem Methan entscheiden. Dies schließt auch die Option der Verwendung von Wasserstoff bei der Fernwärme mit ein.