Überschwemmungen in Süddeutschland
Starkregen hat in Süddeutschland große Überschwemmungen verursacht. Menschen müssen in Sicherheit gebracht, Gebäude wieder bewohnbar gemacht werden. Was tut die Bundesregierung für die Gebiete? Was müssen Betroffene wissen? Und wo können Freiwillige sich melden? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
6 Min. Lesedauer
Was tut die Bundesregierung für die betroffenen Gebiete?
In der aktuellen Hochwasser-Situation geht es zunächst darum, Menschen in Sicherheit zu bringen, Gebäude wieder bewohnbar zu machen, verschmutzte Keller zu säubern. Der Bund unterstützt dabei unter anderem mit Kräften des Technischen Hilfswerks (THW), der Bundeswehr und der Bundespolizei sowie des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK).
Das THW ist seit dem 30. Mai 2024 mit mehr als 1.500 ehrenamtliche Helferinnen und Helfern aus mehr als 100 Ortsverbänden dauerhaft im Einsatz. Der extreme Starkregen hat vor allem in Süddeutschland teils großflächige Überschwemmungen verursacht. Die Schwerpunkte des Einsatzes liegen in Teilen von Bayern und Baden-Württemberg. Es laufen aber auch Einsätze in Rheinland-Pfalz sowie Sachsen und Thüringen.
Mehr zur aktuellen Lage finden Sie hier beim THW und beim BBK .
Gibt es finanzielle Unterstützung?
Generell gilt: Für den Ausgleich von Schäden durch Naturkatastrophen sind nach dem Grundgesetz die Bundesländer zuständig. Der Bund kann nur ausnahmsweise im Fall von Naturkatastrophen mit nationalem Ausmaß Finanzhilfen geben. Von daher müssen jetzt die Schäden begutachtet und das konkrete Ausmaß beziffert werden. Was eine Unterstützung des Bundes angeht, hat Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinem Besuch im bayerischen Flutgebiet auf die „geübte Praxis der Solidarität“ in Deutschland hingewiesen. Diese Solidarität habe sich bereits an vielen anderen Stellen gezeigt – und sie werde auch dieses Mal nach der Akuthilfe und den Aufräumarbeiten zum Ausdruck kommen.
In seiner Regierungserklärung im Deutschen Bundestag am 6. Juni 2024 erklärte Bundeskanzler Scholz, das große Ausmaß der Schäden werde gemeinsam mit den Ländern bewertet und Hilfe werde organisiert.
Mein Arbeitsweg ist vom Hochwasser betroffen: Was muss ich wissen?
Beschäftigte können nicht verpflichtet werden zu arbeiten, wenn es faktisch unmöglich oder völlig unzumutbar ist. Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn sie aufgrund von überschwemmten Straßen oder aufgrund von hochwasserbedingten Unterbrechungen des öffentlichen Nahverkehrs den Betrieb nicht mehr erreichen können.
Wichtig: Wenn Sie nicht zur Arbeit können, müssen Sie unverzüglich Ihren Arbeitgeber informieren. Besprechen Sie, ob Fehlzeiten beispielsweise durch Urlaubstage oder Freizeitausgleich für geleistete Überstunden ausgeglichen werden können.
Ich bin selbst vom Hochwasser betroffen: Habe ich Anspruch auf Lohnfortzahlung?
Beschäftigte können bei Notlagen, die sie nicht verschuldet haben – und dazu zählen auch Naturkatastrophen – ihrer Arbeit fernbleiben. Es kann also Anspruch auf Lohnfortzahlung bestehen, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer etwa selbst evakuiert wurden. Das regelt das Bürgerliche Gesetzbuch im Paragraf 616. Sollte ein Anspruch auf Lohnfortzahlung bestehen, sind dies aber in der Regel nur wenige Tage.
Entscheidend ist der Einzelfall. Im Arbeitsvertrag, in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag können die Regelungen des § 616 BGB ausgeschlossen werden. Deswegen sollte man dort immer als Erstes nach einer Regelung suchen.
Ich möchte helfen: Was kann ich tun?
Die Landesverbände des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) ermöglichen unkompliziertes und zielgerichtetes Spenden. Wer selbst vor Ort mithelfen will, sollte sich vorher über die lokalen Portale anmelden, damit die Hilfe besser koordiniert werden kann. Informationen und Hinweise finden Sie hier beim Deutschen Roten Kreuz sowie bei den Landesverbänden Bayern und Baden-Württemberg.
Wird jetzt eine bundesweite, verpflichtende Elementarschadenversicherung eingeführt?
Bund und Länder haben 2023 eine gemeinsame Arbeitsgruppe eingerichtet, um über den Umgang mit Elementarrisiken zu beraten und Lösungsvorschläge zu entwickeln. Diese Arbeitsgruppe prüft auch, wie die Verbreitung der Elementarschadenversicherung erhöht werden kann, inklusive einer Pflichtversicherung. Hier gilt es, das Für und Wider sorgfältig abzuwägen. Darüber hinaus prüft sie, welche Präventionsmaßnahmen zum Beispiel im Bau- und Umweltrecht notwendig sind, um die Wahrscheinlichkeit von Schäden bei Naturereignissen zu reduzieren.
In seiner Regierungserklärung am 6. Juni 2024 im Deutschen Bundestag sagte Scholz: „Eigentümer von Häusern und Wohnungen müssen sich gegen Elementarschäden versichern können.“ Er verwies auf das Treffen mit den Regierungschefinnen und -chefs der Länder am 20. Juni 2024, bei dem das ein wichtiges Thema sein wird.
Was unternimmt die Bundesregierung, damit das Land zukünftig besser gegen Extremwetter gewappnet ist?
Das aktuelle Hochwasser zeigt erneut: Extremwetter und andere Auswirkungen des Klimawandels werden immer stärker in Deutschland bemerkbar. Bund, Länder und Gemeinden müssen deshalb gezielt Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel vornehmen.
In seiner Regierungserklärung im Deutschen Bundestag am 6. Juni 2024 hob der Bundeskanzler hervor, dass der menschengemachte Klimawandel die größte globale Herausforderung sei. „Eine Herausforderung, die für die Bundesregierung von Tag eins an höchste Priorität hat.“
Bundesumweltministerin Steffi Lemke hat die Novellierung des Hochwasserschutzgesetzes angekündigt. Durch dieses soll die natürliche Hochwasservorsorge verbessert werden. Intensive Gespräche mit den Bundesländern laufen dazu bereits. Noch in diesem Jahr soll das neue Hochwasserschutzgesetz im Kabinett verabschieden werden.
Bereits vor knapp einem Jahr hat die Bundesregierung das Klimaanpassungsgesetz verabschiedet. Damit wird ein verbindlicher Rahmen für die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und anderen Verwaltungen geschaffen. Es sollen möglichst flächendeckend, vor allem auf lokaler Ebene, Anpassungskonzepte und Maßnahmenpläne erstellt werden.
Das neu eingerichtete Zentrum Klimaanpassung hilft dabei. Es berät Kommunen in allen Phasen der Anpassung an den Klimawandel: zum Beispiel bei der Suche nach passenden Förderprogrammen oder der Entwicklung von Anpassungskonzepten. Zusätzlich erarbeitet der Bund bis zum Herbst nächsten Jahres eine vorsorgende Klimaanpassungsstrategie.
Darüber hinaus setzt die Bundesregierung gemeinsam mit den Ländern und Kommunen bereits die Nationale Wasserstrategie um, die im Frühjahr 2023 beschlossen wurde. Ein Ziel ist es, den Wasserhaushalt besser gegen Extremwetter zu wappnen. Landschaft und Böden sollen wieder stärker als natürliche Wasserspeicher fungieren. Uferbereiche von Seen und Flüssen sowie Auen sollen naturnah gestaltet werden – und so wieder stärker als natürliche Rückhalteräume und Puffer bei Hochwasser dienen. Trockengelegte Moore sind zu renaturieren.
Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz flankiert die Nationale Wasserstrategie. Gegen Hochwasser werden zum Beispiel Maßnahmen gefördert, die das Wasser wieder stärker in der Landschaft halten.
Welche vorbeugenden Maßnahmen wurden seit dem Elbehochwasser 2013 und dem Hochwasser im Ahrtal 2021 ergriffen?
Nach den Hochwassern im Juni 2013 im Elbe- und Donaugebiet wurde von den Ländern die Erarbeitung eines Nationalen Hochwasserschutzprogramms beschlossen – der Bund koordiniert dabei. Es wurde eine Liste mit Hochwasserschutzmaßnahmen erarbeitet, die prioritär sind und überregional wirken. Einen Überblick über den Umsetzungsstand der Maßnahmen gibt die Veröffentlichung „10 Jahre Nationales Hochwasserschutzprogramm“
Das Nationale Hochwasserschutzprogramm sieht unter anderem Rückverlegungen von Deichen vor. Außerdem Projekte, mit denen Hochwasser gesteuert zurückgehalten werden kann – zum Beispiel durch Flutpolder. Inzwischen umfasst das Hochwasserschutzprogramm folgende Punkte:
- 34 Einzel- und Verbundmaßnahmen zur Deichrückverlegung beziehungsweise Wiedergewinnung von natürlichen Rückhalteflächen
- 61 Einzel- und Verbundmaßnahmen zur gesteuerten Hochwasserrückhaltung, also im wesentlichen Flutpolder
- 16 Einzel- und Verbundmaßnahmen zur Beseitigung von Schwachstellen.
Die Verbundmaßnahmen bestehen jeweils aus mehreren Teilmaßnahmen, sodass sich insgesamt 243 Einzel- und Teilmaßnahmen an Donau, Elbe, Oder, Rhein und Weser ergeben. 2024 unterstützt der Bund das Programm mit 50 Millionen Euro. Die geschätzte Gesamtsumme der erforderlichen Haushaltsmittel für alle Maßnahmen beträgt rund 6,7 Milliarden Euro.
Auch innerhalb der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) unterstützt die Bundesregierung die Länder beim Hochwasserschutz. 2024 stehen für die GAK insgesamt rund 907 Millionen Euro an Bundesmitteln zur Verfügung, davon 120 Millionen Euro für den Küstenschutz und 127 Millionen Euro für den Hochwasserschutz im Binnenland.