Die deutsch-französischen Beziehungen
Vor 60 Jahren wurde die deutsch-französische Freundschaft durch die Unterschriften von Bundeskanzler Konrad Adenauer und vom französischen Staatspräsidenten Charles de Gaulle besiegelt. Seitdem steht der Élysée-Vertrag für starke binationale Beziehungen in Politik und Gesellschaft.
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Im 19. und 20. Jahrhundert war die deutsch-französische Nachbarschaft von starken Gegensätzen geprägt. Fortschreitende kriegerische und politische Auseinandersetzungen führten zu einer nachhaltigen Feindschaft zwischen beiden Ländern. Bis 1813 herrschte Napoleon über die deutschen Gebiete. Nach der Niederlage Frankreichs im Deutsch-Französischen Krieg wurde 1871 das deutsche Kaiserreich in einem für Frankreich demütigenden Akt in Versailles proklamiert.
Die Annexion des Elsass und Lothringens führten ebenfalls zu einer Demütigung Frankreichs und zu einer anti-deutschen Stimmung in Frankreich.
Zeiten kriegerischer Auseinandersetzungen
Der anhaltende deutsch-französische Antagonismus sowie verheerende Fehlkalkulationen in den widerstreitenden Bündnissystemen führten in den Ersten Weltkrieg, den Deutschland und seine Verbündeten 1918 verloren.
Als 21 Jahre später das nationalsozialistische Deutsche Reich unter Adolf Hitler Polen angriff, erklärten Großbritannien und Frankreich ihm im September 1939 den Krieg. Deutsche Soldaten besetzten die nördliche Hälfte Frankreichs und Paris, während das sogenannte Vichy-Regime unter Pétain mit Hitler zusammenarbeitete.
Nachdem die Alliierten 1944 Frankreich befreit hatten, kapitulierte Deutschland schließlich im Mai 1945.
Auf dem Weg zum Élysée-Vertrag
Nach dem Ende des Krieges schien eine Versöhnung zwischen den beiden Nachbarländern zunächst unvorstellbar. Als 1958 der französische Ministerpräsident und spätere Präsident Charles de Gaulle den damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer in sein privates Landhaus einlud, galt dies als historisch einmalige Geste. Das Ziel war die Wiederaufnahme der deutsch-französischen Beziehungen auf kultureller, wirtschaftlicher und politischer Ebene.
Der bilaterale Einigungsprozess diente als Motor für die europäische Einigung und den Integrationsprozess, der mit den Römischen Verträgen und der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft von 1957 begonnen hatte.
In einer bewegenden Versöhnungsmesse in der Kathedrale von Reims – jahrhundertelang Krönungsort der französischen Könige – machten Adenauer und de Gaulle die deutsch-französische Freundschaft öffentlich; von dort führte der Weg zur Unterzeichnung des deutsch-französischen Freundschaftsvertrages am 22. Januar 1963 im Élysée-Palast.
Mit dem Freundschaftsvertrag zur Versöhnung
Mit dem Élysée-Vertrag setzten sie einen Meilenstein in der Geschichte Europas. Sie legten das Fundament für die weitere europäische Integration und eine enge bilaterale Zusammenarbeit und gingen als politische Köpfe der europäischen Aussöhnungspolitik in die Geschichte ein.
Festgelegt wurde ein Konsultationsmechanismus, der regelmäßige Treffen auf allen politischen Ebenen festlegte. Außerdem wurden die Regierungen verpflichtet, sich in der Außen-, Europa- und Verteidigungspolitik, aber auch in Erziehungs- und Jugendfragen enger abzustimmen.
Zudem wurde beispielsweise das Deutsch-Französische Jugendwerk (DFJW) geschaffen, das bis heute Millionen Kindern und Jugendlichen aus beiden Ländern die Teilnahme an über 320.000 Austauschprogrammen ermöglicht.
Partnerschaft im modernen Europa
Mit dem Élysée-Vertrag, der ganz im Zeichen der Aussöhnung und Begegnung stand, wurde die deutsch-französische Freundschaft besiegelt. Zukünftig sollten beide Länder und ihre Bürgerinnen und Bürger vertrauensvoll zusammenarbeiten. Seither entwickelte sich eine enge politische und freundschaftliche Partnerschaft, die sich bis heute an der Weiterentwicklung des europäischen Projektes orientiert.
Bereits in den 1970er-Jahren setzten sich Präsident Valéry Giscard d’Estaing und Bundeskanzler Helmut Schmidt für die Einrichtung des Europäischen Rates und eines Europäischen Währungssystems für die Europäische Gemeinschaft (EG) ein. Beide riefen außerdem den jährlich stattfindenden Weltwirtschaftsgipfel ins Leben.
In die Zeit der engen Zusammenarbeit zwischen Bundeskanzler Helmut Kohl und Staatspräsident François Mitterrand fiel die deutsche Wiedervereinigung.
Auch künftig wollen Deutschland und Frankreich gemeinsam Verantwortung übernehmen und die europäische Integration voranbringen. Dazu vereinbarten Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzlerin Angela Merkel im Januar 2018 anlässlich des 55. Jahrestages des Élysée-Vertrages die Ausarbeitung eines neuen Vertrages.
Der Vertrag von Aachen, der 2019 im Krönungssaal des Aachener Rathauses unterzeichnet wurde, ergänzt den Élysée-Vertrag.
Zum 60-jährigen Jubiläum reist das gesamte Kabinett von Bundeskanzler Scholz nach Paris. Dort wird es neben dem deutsch-französischen Ministerrat auch bilaterale Gespräche mit den jeweiligen Amtskolleginnen und -kollegen geben. Ein Höhepunkt des Jubiläums werden die Reden von Präsident Macron und Kanzler Scholz vor der Pariser Universität Sorbonne sein.
Der Vertrag von Aachen soll die Kooperation im Bereich der wirtschaftlichen Integration und die Zusammenarbeit der Zivilgesellschaften beider Länder verstärken. Er sieht außerdem die Erweiterung der Zusammenarbeit in der Außen-, Verteidigungs-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik vor. Mit ihm werden die globalen Herausforderungen des 21. Jahrhundert, die Wettbewerbsfähigkeit beider Länder und Zukunftsthemen wie Klimaschutz, Umwelt, Gesundheit und Nachhaltigkeit in den Fokus gerückt.