Protest gegen Riesen-Schweinerei

  • Bundesregierung | Startseite
  • Deutsche Einheit

  • Schwerpunkte der Bundesregierung  

  • Bundeskanzler

  • Bundesregierung

  • Aktuelles

  • Mediathek

  • Service

18. November 1989 - Auf dem Weg zur Deutschen Einheit Protest gegen Riesen-Schweinerei

18. November 1989: Bei Neustadt/Orla demonstrieren Tausende gegen eine Umweltbelastung der besonderen Art: Ohne Rücksicht auf Natur und Anwohner hat das SED-Regime eine riesige Schweinezuchtanstalt gebaut – um Fleisch in den Westen exportieren zu können.

1 Min. Lesedauer

Tausende demonstrieren bei Neustadt gegen die Schweinemast

Protest gegen Riesenschweinerei

Foto: Michael Kaestner

3.000 Kubikmeter Gülle täglich

Fast 280 Fußballfelder groß ist die Anlage, die seit 1978 oberhalb von Neustadt an der Orla steht. In langen Ställen werden bis zu 185.000 Schweine gemästet. Täglich fallen 3.000 Kubikmeter Gülle an. Gülle, die – nur ungenügend von Feststoffen gereinigt – über "Verregnungsanlagen" auf die Felder kommt und bis in die nahe Saale gelangt. Bei Ziegenrück stinkt der Fluss regelmäßig zum Himmel.

Bei der "Verregnung" entweicht zudem Ammoniak. Das giftige Gas schädigt über 2.000 Hektar Wald, fast 800 davon vollständig. Auch das Trinkwasser ist in der Umgebung verseucht – durch Schwermetalle wie Kupfer, Cadmium und Zink. Auf den Bauernhöfen in der Umgebung müssen die Brunnen dichtgemacht werden, junge Mütter bekommen für ihre Babys kostenlos Trinkwasser.

Schweine für Devisen

Und das alles, weil die DDR dringend Devisen braucht. Denn die meisten Schweine werden nicht für den heimischen Markt gezüchtet. Rund 80 Prozent werden exportiert – in die Bundesrepublik und andere EG-Staaten.

In den 1980er Jahren regt sich bei den Einwohnern der umliegenden Dörfer Unmut. In den Kirchengemeinden von Knau und Dittersdorf bilden sich Umweltgruppen, die die Umweltzerstörung durch die Schweinemastanlage dokumentieren. Die Mitglieder halten bei kirchlichen Umweltseminaren und auf Kirchentagen in der ganzen DDR Vorträge. Die Stasi versucht, die Gruppen zu behindern, und verhängt Strafgelder. Aber sie kann die Menschen nicht zum Schweigen bringen.

Im Herbst 1989 entsteht aus den Gruppen eine Bürgerinitiative. Am 18. November 1989 folgen Tausende ihrem Demonstrationsaufruf. 1990/91 muss die Schweinezuchtanstalt ihren Betrieb einstellen.