22. September 1989 - Auf dem Weg zur Deutschen Einheit
22. September 1989: SED-Generalsekretär Erich Honecker fordert die "Isolierung der Organisatoren der konterrevolutionären Tätigkeit". Er will schnell umsetzen, was seit langem geplant ist: Die Internierung von 85.939 Oppositionellen und Aussteigern.
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Alle Konterrevolutionäre wegsperren
Foto: picture-alliance/dpa
Internierungslager im ganzen Land
"Schlagartig, konspirativ und vorbeugend" will das SED-Regime innerhalb von 24 Stunden die Betroffenen verhaften und isolieren. Die Lager sind bereits im ganzen Land vorbereitet. Die Bevölkerung soll dafür Kühlhäuser und andere Gebäude freimachen.
Schon seit Jahren haben sich die DDR-Machthaber auf ein Eingreifen gegen den "Staatsfeind" vorbereitet. Menschen mit "verfestigter feindlich-negativer Einstellung zur DDR" werden akribisch unter einer Kennziffer erfasst: Direktive 67/1 heißt die Aktion. Dazu gehören nicht nur alle politisch Vorbestraften und Mitunterzeichner von Resolutionen. Auch Anhänger von Friedensbewegungen, Mitglieder von Menschenrechts- und Umweltschutzbewegungen genauso wie Kirchenbesucher, Ausreisewillige und Nichtwähler kommen auf die Liste.
Liste mit 85.939 Namen
85.939 Menschen sind in der Liste namentlich erfasst, ihre möglichen Fluchtwege mit Fotos ihrer Wohnungen und Häuser dokumentiert.
Was nach der Festnahme mit den Betroffenen geschehen sollte, ist nicht eindeutig belegt. Von Liquidieren ist in den Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit teilweise die Rede. Doch dieser Begriff ist im Vokabular der Staatssicherheit gängig und lässt Interpretationen zu: festnehmen, unschädlich machen, vernichten oder töten. Es gibt ein breites Spektrum an Handlungsmöglichkeiten.
Verhindert wird diese Aktion nur dadurch, dass ihr die Sowjetunion nicht zustimmt.