7. Juni 1990 - Auf dem Weg zur Deutschen Einheit
7. Juni 1990: Die erste frei gewählte Volkskammer setzt eine Sonderkommission zur Kontrolle der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit ein. Es geht um die "vollständige Aufklärung aller Verbrechen" der Stasi und deren "endgültige Auflösung".
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111 Kilometer Stasi-Akten
Leiter der Kommission wird der Theologen Joachim Gauck. Er beginnt mit der Prüfung aller Daten, Datenbanken und Unterlagen. Das Ministerium für Staatssicherheit, "Schild und Schwert der Partei", hatte über Jahre ein riesiges Archiv mit Spitzelberichten über sechs Millionen Personen aufgebaut, darunter von zwei Millionen Westdeutschen. Nun kommen auch die besonders geheim gehaltenen Akten über Agenten – sogenannte Offiziere im besonderen Einsatz – ans Tageslicht.
Zusätzlich zu den vollständigen Akten stellt die Kommission 16.250 Säcke mit 41 Millionen zerfetzten Seiten sicher. Die Stasi hatte in den letzten Tagen des SED-Regimes begonnen, Unterlagen zu zerstören. Zuletzt bestand die Stasi aus über 91.000 hauptamtlichen und über 150.000 "Inoffiziellen" Mitarbeitern, sogenannten IM.
Aufarbeitung eines schwierigen Erbes
Gauck legt den Grundstein für die Aufarbeitung dieses schwierigen SED-Erbes. Nach der Wiedervereinigung leitet er die neue Behörde mit dem langen Namen "Bundesbeauftragter für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik". Binnen kürzester Zeit wird daraus kurz: "Gauck-Behörde".
Dass die Arbeit, die die Sonderkommission begonnen hat, nach der Wiedervereinigung fortgesetzt werden kann, ist zunächst keineswegs sicher. Starke Kräfte plädieren dafür, sämtliche Akten dem Bundesarchiv zu überantworten. Auf Jahrzehnte hinaus wäre die Auseinandersetzung damit kaum möglich gewesen. Doch dann sorgen vor allem die ehemaligen Bürgerrechtler für ein Umdenken: 1991 verabschiedet der Deutsche Bundestag das Stasi-Unterlagengesetz. Es verhindert ein Wegschließen der Stasi-Akten.
Akteneinsicht für die Stasi-Opfer
Geht es am Anfang vor allem um die Sicherung und Sichtung der Unterlagen, besteht die Aufgabe bald auch darin, sie den Opfern der SED-Geheimpolizei zugänglich zu machen. Auch die Überprüfung und Verfolgung politischer Verbrechen wird anhand der vorliegenden Dokumente möglich. Spitzel, die ihren Mitmenschen zu DDR-Zeiten geschadet haben, lassen sich überführen.
Auch viele Jahre nach der Wiedervereinigung reißt das Interesse an diesen Dokumenten nicht ab. Tag für Tag treffen weitere Anträge ein.