Künstlerischer Kraftakt gegen Nazi-Propaganda

Ausstellung "London 1938" Künstlerischer Kraftakt gegen Nazi-Propaganda

Vor 80 Jahren eröffnete in London die Kunstschau "Twentieth Century German Art" als Antwort auf die nationalsozialistische Propagandaaktion "Entartete Kunst". In der Liebermann-Villa in Berlin wird sie nun in der Ausstellung "London 1938. Mit Kandinsky, Liebermann und Nolde gegen Hitler" rekonstruiert.

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Leihgabe des Kunstmuseums Bonn.

In der Ausstellung zu sehen: Erich Heckels "Badende" aus dem Jahr 1914.

Foto: Kunstmuseum Bonn/Foto: Reni Hansen

Sie ist bis heute die größte Ausstellung deutscher Kunst, die je in Großbritannien zu sehen war: mit rund 300 Werken von Künstlerinnen und Künstlern, die von den Nationalsozialisten als "entartet" diffamiert wurden, setzte die Londoner New Burlington Gallery im Sommer 1938 in der Kunstschau "Twentieth Century German Art" ein mächtiges Zeichen gegen die Verhöhnung, Verfolgung und Entrechtung von Kunstschaffenden in Deutschland unter den Nationalsozialisten.

Eine internationale Gruppe aus Kunsthistorikern, Kritikern und Galleristen - viele davon Emigranten - hatten eigens für die Ausstellung Werke, die in ganz Europa verstreut waren, zusammengeführt.

Akt der Solidarität über Ländergrenzen hinweg

In deutsch-britischer Zusammenarbeit ist nun in der Max-Liebermann-Villa in Berlin eine Rekonstruktion dieser Ausstellung entstanden. Zur Eröffnung erklärte Kulturstaatsministerin Grütters: "Die Londoner Ausstellung 1938 war ein Licht der Hoffnung in der dunkelsten Zeit der deutschen Geschichte, ein ermutigendes Bekenntnis zur Freiheit der Kunst und ein Akt der Solidarität über Ländergrenzen hinweg."

"London 1938. Mit Kandinsky, Liebermann und Nolde gegen Hitler" ist bis zum 14. Januar in der Max-Liebermann-Villa in Berlin zu sehen. Ausgestellt sind Werke von Wassily Kandinsky, Max Liebermann, Emil Nolde oder Paula Modersohn-Becker. Max Liebermann war mit 22 Werken einer der prominentesten unter den 64 Künstlern der Londoner Kunstschau.

Die Ausstellung erinnert uns daran, so Grütters, dass die Freiheit der Kunst zu den bedeutendsten Errungenschaften der demokratischen Grundordnung in Deutschland gehört. "Und sie zeigt einmal mehr, dass die Aufarbeitung der schändlichen Kunstpolitik der Nationalsozialisten sowie des beispiellosen Kunstraubs, Teil der historischen Verantwortung Deutschlands ist", betonte die Kulturstaatsministerin.

Artikel 5: Kultur und Wissenschaft sind frei

Die Aktion "Entartete Kunst" stehe für den Tod der Kunstfreiheit. "Gott sei Dank haben wir in Deutschland aus unserer Geschichte gelernt. In Artikel 5 unseres Grundgesetzes heißt es: 'Kultur und Wissenschaft sind frei'", hob Grütters hervor.

Dass Künstlerinnen und Künstlern heute in ihren Ausdrucksformen keine Grenzen gesetzt werden, "gehört zu den bedeutendsten Errungenschaften unserer demokratischen Grundordnung Deutschlands. Die Freiheit und Vielfalt der Kunst und Kultur zu sichern und so jedem neuerlichen Totalitarismus vorzubeugen, das ist deshalb oberster Grundsatz unserer Kulturpolitik."

Kultureller Austausch trotz Brexit

Die zivilisatorische Errungenschaft der Kunstfreiheit habe Deutschland auch Großbritannien zu verdanken, fuhr Grütters fort. "Als Wiege der modernen Demokratie verhalf der Staat uns Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg zu Freiheit und Demokratie. Half, dass das politisch und wirtschaftlich zerstörte und auch geistig und moralisch verwüstete Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg wieder auf die Beine kam. Das werden wir niemals vergessen!"

Mit Blick auf die Entscheidung Großbritanniens, die Europäische Union zu verlassen, betonte die Staatsministerin, "hoffen wir sehr, dass unsere guten Verbindungen im Kultur- und Medienbereich nicht abreißen werden und Groß Britannien mit seiner langen Tradition der Demokratie und der Freiheit den Kulturraum Europa auch künftig mit Leben erfüllen wird."