Rede von Kulturstaatsministerin Grütters zur Eröffnung der BKM-Veranstaltung „Runder Tisch Museen und Klimaschutz“

Im Wortlaut Rede von Kulturstaatsministerin Grütters zur Eröffnung der BKM-Veranstaltung „Runder Tisch Museen und Klimaschutz“

Deutsche Museen sollen nachhaltiger werden – das ist das Ziel von Kulturstaatsministerin Grütters. Sie hatte Vertreterinnen und Vertreter des Bundes und der Länder, der kommunalen Spitzenverbände, die Leitungen ausgewählter Museen sowie den Vorsitzenden der Kulturministerkonferenz, Senator Klaus Lederer, und den Präsidenten des Deutschen Museumsbundes, Eckart Köhne, zu einem Runden Tisch zum Thema „Museen und Klimaschutz“ eingeladen. Geplant ist die Einrichtung einer Arbeitsgruppe, die Strategien für den ressourcenschonenden Betrieb von Museen entwickeln soll.

Donnerstag, 27. Mai 2021

Das Corona-Virus hat nicht nur das kulturelle Leben im vergangenen Jahr stark eingeschränkt; es hat auch die öffentlichen Debatten und unser aller Agenda bestimmt. Das Thema Klimaschutz rückte dabei – wie so viele wichtige Themen – in den Hintergrund. Es hat aber nicht an Dringlichkeit verloren. Deshalb ist es gut, dass das Klima heute im Mittelpunkt steht – das Klima in den Museen und das Klima außerhalb der Museen. 

Das eine zugunsten des anderen zu verändern, ist alles andere als einfach. 
Aber genau das ist unser – gemeinsames − Ziel: Deutsche Museen sollen nachhaltiger werden. Sie müssen nachhaltiger werden, wenn auch sie ihren Beitrag zum Klimaschutz leisten wollen.

Dass sie das wollen, haben zahlreiche deutsche Museumsleitungen in einem offenen Brief an mich bestärkt. Einige der Unterzeichnerinnen und Unterzeichner sind heute dabei. In ihrem Brief heißt es, ich zitiere: „Kunst und Kultur haben das Potenzial, die Gesellschaft durch neue Ideen voranzubringen“. Ich bin der gleichen Meinung. 

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die Kulturbranche insgesamt ihrer Verantwortung für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen noch nicht in dem Maße gerecht wird, wie dies ihrem Selbstverständnis und ihrer Rolle als gesellschaftliche Avantgarde angemessen wäre. Ökologische Fragen stellen sich im Zusammenhang mit dem Ressourcenverbrauch künstlerischer Produktionen oder eben der energetischen Bilanz von Kulturinstitutionen in erheblichem Maße. Das Bundeskulturressort unterstützt die Branche deshalb dabei, ihrer öffentlichen Vorbildfunktion noch mehr als bisher gerecht zu werden und als Ideengeber die Gesellschaft voranzubringen.

Beispiel Film: Impulse für eine ressourcenschonende Produktion sind Teil der Förderregularien. Die von mir darüber hinaus initiierte Gemeinsame Erklärung für eine nachhaltige Film– und Serienproduktion, die ich 2020 mit zahlreichen Vertreterinnen und Vertretern der Film– und Fernsehbranche unterzeichnet habe, zielt darauf ab, ökologische Auswirkungen der Produktion so weit wie möglich zu minimieren.

Beispiel EU-Ratspräsidentschaft: Da Klimaschutz keine nationale Aufgabe ist, haben wir als BKM unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020 die Verknüpfung der Kultur mit dem „European Green Deal“ befördert. Die neue Handschrift drückt sich z.B. bereits in der Idee des „Neuen Europäischen Bauhauses“ aus − ein Vorhaben, zu dem gerade die deutschen Kultureinrichtungen und Kreative einiges beitragen können. Zudem wurden zwei EU-Arbeitsgruppen eingesetzt, die sich erstens mit der kulturellen Dimension nachhaltiger Entwicklung und zweitens mit der Beziehung von Kulturerbe und Klimaschutz befassen. 

Beispiel Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit in Kultur & Medien: Damit unterstützen wir betriebsökologische Verbesserungen und Beratungsangebote für Kultureinrichtungen verschiedener Sparten. Hier werden unter anderem digitale Lösungen für den Klimaschutz erprobt, etwa mit einem CO2–Rechner, der dabei hilft, Klimabilanzen zu erstellen und Emissionen zu verringern. 

Ein weiteres Beispiel liefert die Kulturstiftung des Bundes: Sie hat ein Pilotprojekt initiiert, das Kultureinrichtungen dabei berät, eine Klimabilanz zu erstellen und den eigenen CO2–Fußabdruck zu ermitteln. Ziel ist es, modellhaft den Prozess der Klimabilanzerstellung im Kulturbereich zu erproben, damit weitere Kultureinrichtungen folgen können. Neben Bühnen und Bibliotheken sind bereits einige Museen dabei. 

Die Museen stehen dabei vor mehreren Herausforderungen, die die Sache nicht einfacher machen. Sie beherbergen wertvolles und altes, manchmal sogar sehr altes, Kulturgut, das oft aufwendig geschützt werden muss. Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Sauerstoffgehalt und Licht müssen passen. Das kann sehr energieintensiv sein. Sie sind damit aber „Kulturgutschützer“. Hinzu kommt: Viele Museen sind in alten und kulturell bedeutsamen Gebäuden untergebracht. Bei allen Modernisierungsmaßnahmen – egal ob es um energetische Sanierung oder barrierefreien Zugang geht − muss dann die Denkmalgerechtigkeit der Maßnahmen beachtet werden. Die Museen sind damit also auch „Denkmalschützer“.

Und jetzt auch noch Klimaschützer?

Es wird auf dem Weg dorthin einige Zielkonflikte geben. Und es wird Kompromisse geben müssen. Aber es ist sowohl aus ökologischer als auch aus kulturpolitischer Sicht erforderlich, dass die wichtigen Ziele des Klimaschutzes und des Denkmalschutzes in Einklang gebracht werden − ohne dass die Kulturgüter in den Museen und Depots darunter leiden. 

Dass das nicht immer einfach ist, hat uns die Neue Nationalgalerie vor Augen geführt, die frisch saniert in neuem Glanz erstrahlt und im Sommer wieder eröffnen wird. Die Auflagen des Denkmalschutzes – Einfachverglasung zum Beispiel – gingen unter anderem auch zu Lasten der Nachhaltigkeit bzw. der Energieeffizienz. Eine naheliegende Lösung: in der Glashalle vor allem jene Kunst zu zeigen, die klimatisch widerstandsfähiger ist, damit die Klimaanlage nicht auf Hochtouren laufen muss. Das zeigt: Dort wo es baulich keine Musterlösung gibt, werden wir andere Wege finden müssen, um Ressourcen zu schonen.

Heute reden wir deshalb auch nicht nur über Maßnahmen, die die bauliche Infrastruktur betreffen. Es soll auch um Konzepte zu Logistik und Mobilität gehen und um die Möglichkeiten beim Ausstellen und Archivieren. Museumsverantwortliche, Kuratorinnen und Kuratoren, Künstlerinnen und Künstler haben es in der Hand: Sie wählen Materialien, sie haben Einfluss auf Beschaffungs- und Transportwege, Lebenszyklen und Entsorgungswege. 
Viele kleine Entscheidungen führen unmittelbar zu mehr Klimaschutz.

Die Träger der Museen müssen sich der Verantwortung für das Klima aber natürlich genauso stellen. Wenn wir der Meinung sind, dass Klimaschutz hohe Priorität hat, wenn wir der Meinung sind, dass alle Bereiche unserer Gesellschaft – also auch die Kultur, die Museen – dafür Verantwortung tragen, dann müssen wir den Klimaschutz bei allen Entscheidungen auf allen Ebenen mitdenken. Neben Kreativität ist dabei auch Kooperation gefragt, denn zusammen kommen wir schneller voran. Diese Zusammenarbeit wollen und werden wir im Bundeskulturressort unterstützen. 

„Kunst und Kultur haben das Potenzial, die Gesellschaft durch neue Ideen voranzubringen.“ Davon sind Sie und davon bin ich überzeugt − und umso gespannter bin ich auf die Ideen und Ergebnisse des heutigen Nachmittags.

Vielen Dank für Ihre Beteiligung!