Weniger offene Ausbildungsstellen

Berufsbildungsbericht - Fragen und Antworten Weniger offene Ausbildungsstellen

Ausbildende Betriebe haben ihre Lehrstellen im vergangenen Jahr besser mit geeigneten Bewerbern besetzen können als im Vorjahr. Das geht aus dem Berufsbildungsbericht 2020 hervor, den das Bundeskabinett verabschiedet hat. Verstärkt sind Jugendliche an einer Ausbildung im Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialwesen interessiert.

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Foto zeigt eine Krankenschwester

Besonders bei den Berufen des Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialwesens gibt es ein gestiegenes Interesse. Gegen den demografischen Trend legte hier die Zahl der Auszubildenden um fast vier Prozent zu. 

Foto: Getty Images/Luis Alvarez

Wie haben sich die Ausbildungszahlen im vergangenen Jahr entwickelt?

Auf dem Ausbildungsmarkt wird die demografische Entwicklung immer deutlicher spürbar. Die Zahl der jungen Menschen, die 2019 auf den Ausbildungsmarkt drängten, war niedriger als im Vorjahr. Dementsprechend gab es auch weniger Anfängerinnen und Anfänger in der dualen Ausbildung. Knapp 550.000 junge Leute zeigten zuletzt konkret Interesse an einer dualen Ausbildung, etwa 6.000 weniger als im Vorjahr.   

Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge sank im Vergleich zum Vorjahr um 6.300 auf 525.100. Vor allem im Handwerk, der Industrie sowie im Handel gab es weniger Ausbildungsverträge. Dagegen verzeichneten die Freien Berufe und der Öffentliche Dienst einen Zuwachs.

Welche Ausbildungsgänge sind besonders beliebt?

Ein spürbar gestiegenes Interesse gibt es insbesondere an den Berufen des Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialwesens. Gegen den demografischen Trend ist hier die Zahl der Auszubildenden um fast vier Prozent angestiegen. Zum einen macht sich in diesen schulischen Ausbildungsgängen der wachsende Personalbedarf bemerkbar. Zum anderen wirken die ersten Maßnahmen der Bundesregierung, die die Attraktivität dieser Berufsfelder erhöhen sollen. Ziel ist unter anderem eine angemessene Ausbildungsvergütung beziehungsweise der Verzicht auf ein Schulgeld.   

Wie wirkt sich die Corona-Pandemie auf den Ausbildungsmarkt aus?

Der Berufsbildungsbericht 2020 nimmt die Lage zu Beginn des aktuellen Ausbildungsjahres in den Blick, bezieht sich also auf Ende September 2019. Dementsprechend hat der Bericht keinerlei zeitlichen Bezug zur Corona-Pandemie. Eine genaue Prognose zur Entwicklung des Ausbildungsmarktes in den kommenden Wochen und Monaten kann derzeit niemand erstellen. Klar ist: Die Wirtschaftslage in den Unternehmen entscheidet maßgeblich über die Ausbildungsbereitschaft. Die Unterstützungsprogramme der Bundesregierung für Unternehmen sichern insofern in vielen Fällen auch die Ausbildung. Gemeinsam mit den Partnern in der Allianz für Aus- und Weiterbildung wird die Bundesregierung in den nächsten Wochen die Situation auf dem Ausbildungsmarkt analysieren. 

Wie ist das Verhältnis von Angebot und Nachfrage?

Die Zusammenführung von ausbildenden Betrieben und Bewerberinnen und Bewerbern hat sich 2019 verbessert. Es gibt weniger offene Ausbildungsstellen als im Vorjahr. Insgesamt waren Ende September 2019 etwa 53.100 Ausbildungsplätze unbesetzt. 2018 waren dies noch 4.500 mehr. Rein rechnerisch standen im vergangenen Jahr 100 Ausbildungsinteressierten 105,2 Ausbildungsstellen gegenüber.    

Wieso gibt es denn überhaupt unbesetzte Ausbildungsplätze?

Zum einen klafft das Verhältnis der Zahl der angebotenen Ausbildungsstellen und der Zahl der Bewerberinnen und Bewerber auseinander. 2019 hatten die Unternehmen insgesamt 578.200 Ausbildungsplätze angeboten. Die Zahl der konkret an einer Ausbildung interessierten Jugendlichen lag aber nur bei etwa 550.000.

Zum anderen gibt es regional und branchenbezogen große Unterschiede, was Angebot und Nachfrage angeht. Regional gibt es beispielsweise in einigen Gegenden im Nordosten Deutschlands sowie im Ruhrgebiet Probleme, Betriebe und geeignete Bewerber zusammenzubringen. Der Süden Bayerns und das Münster- und Emsland hingegen haben weniger mit Problemen zu kämpfen. Zunehmend bestehen die Herausforderungen vor allem mit Blick auf die Berufswünsche der Jugendlichen.

So sorgt beispielsweise die Verschiebung hin zu höheren Schulabschlüssen für eine andere Erwartungshaltung der Jugendlichen: Die Bereitschaft, einen Beruf zu wählen, in dem traditionell eher Hauptschüler ausgebildet werden, ist bei Jugendlichen mit Abitur nach wie vor eher gering. Berufe mit Besetzungsproblemen sind – nach wie vor – solche im Lebensmittelhandwerk, in der Gastronomie sowie im Reinigungsgewerbe. Hinzu gekommen sind hier jedoch auch Bauberufe, trotz der eher mitunter hohen Ausbildungsvergütungen (zum Beispiel Beton-/Stahlbetonbauer/-in). Hingegen gibt es vor allem in Berufen im Mediensektor sowie im kaufmännischen Bereich einen Bewerberüberschuss.

Wie hoch ist der Anteil der Frauen in der dualen Ausbildung?

Frauen sind nach wie vor weniger als Männer in der dualen Ausbildung vertreten. Laut der vorliegenden aktuellen Zahlen sank der Anteil der Frauen von 2017 auf 2018 von 37 Prozent auf 36,1 Prozent. 2002 lag der Frauenanteil noch bei 41 Prozent. Der Rückgang hat sich zuletzt auch dadurch verstärkt, dass überwiegend männliche Geflüchtete in eine Ausbildung eingestiegen sind. Zudem entscheiden sich deutlich mehr junge Männer mit Hochschulzugang für eine duale Berufsausbildung.

Sehr stark vertreten sind junge Frauen in den schulischen Ausbildungsgängen. 186.000 junge Leute begannen im vergangenen Jahr eine Ausbildung im Gesundheits-, Erziehungs- und Sozialwesen – darunter 76,2 Prozent Frauen.

Was unternimmt die Bundesregierung für eine weitere Stärkung der dualen Berufsausbildung?

Ein bedeutender Beitrag ist die Novellierung des Berufsbildungsgesetzes und der Handwerksordnung. Beides führt zu einer Stärkung und Modernisierung der beruflichen Bildung. Ein Kernpunkt ist die Einführung einer Mindestausbildungsvergütung. Zudem sind einheitliche Fortbildungsstufen vorgesehen, die die Gleichwertigkeit des Berufsbildungssystems zur hochschulischen Bildung verdeutlichen.

Mit dem Pflegeberufegesetz sind die Pflegeausbildungen zum 1. Januar 2020 auf eine neue und moderne Grundlage gestellt worden. Dadurch werden die  Voraussetzungen für eine zukunftsfähige und kostenlose Pflegeausbildung geschaffen. Die bisher getrennt geregelten Ausbildungen in der Altenpflege, der Gesundheits- und Krankenpflege und der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege wurden zu einer generalistischen Pflegeausbildung zusammengeführt. Für die Auszubildenden erweitern sich dadurch Einsatz- und Entwicklungsmöglichkeiten.

Die Allianz für Aus- und Weiterbildung setzt sich dafür ein, die Attraktivität, Qualität und Leistungsfähigkeit sowie die Integrationskraft der beruflichen Bildung weiter zu stärken. Ziel ist, dass mehr Jugendliche einen betrieblichen Ausbildungsplatz finden und mehr Betriebe ihre Ausbildungsstellen besetzen können.

Der Berufsbildungsbericht wird einmal jährlich von der Bundesbildungsministerin im Bundeskabinett vorgelegt. Der Berufsbildungsbericht 2020 beschreibt die Lage auf dem Ausbildungsmarkt und die Situation zu Beginn des aktuellen Ausbildungsjahres mit Stichtag 30. September 2019. Der Bericht beleuchtet zudem die Auswirkungen der demografischen Entwicklung in Deutschland auf dem Ausbildungsmarkt.