EU-Austritt Großbritanniens
Mit der Einigung auf das Handels- und Kooperationsabkommen am 24. Dezember 2020 haben die Europäische Union und das Vereinigte Königreich ein neues Kapitel in ihren Beziehungen aufgeschlagen. Welche Auswirkungen das auf die europäische Kultur- und Medienlandschaft haben wird, erfahren Sie hier.

Welche Folgen hat der Brexit für Kultur und Medien in Europa?
Foto: picture-alliance/Ohlenschläger
- Welche Auswirkungen hat der Brexit auf in Kultur und Medien Beschäftigte?
- Wie wirkt sich der Brexit auf den Kulturgutverkehr aus?
- Was gilt für audiovisuelle Mediendienste?
- Was gilt für den Filmbereich?
- Was gilt für Projekte, die aus dem EU-Programm „Kreatives Europa“ gefördert werden?
Am 1. Januar 2021 trat das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Großbritannien zunächst vorläufig in Kraft.
Das Handels- und Kooperationsabkommen stellt die Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien auf eine neue Grundlage. Die Einigung kam gerade noch rechtzeitig, um einen nahtlosen Übergang nach Ablauf der am 31. Dezember 2020 endenden Übergangsphase in einen neuen vertraglichen Rahmen zu ermöglichen. Alle 27 Mitgliedstaaten erteilten dem Abkommen und seiner vorläufigen Anwendung am 29. Dezember 2020 ihre Zustimmung.
Damit das Abkommen endgültig in Kraft treten kann, ist die Zustimmung des Europäischen Parlaments erforderlich. Die vorläufige Anwendung gibt dem Europäischen Parlament Zeit, das Abkommen zu prüfen.
Was im Einzelnen durch das Abkommen vereinbart wurde sowie allgemeine Informationen zu den Verhandlungen und den Auswirkungen des Brexits finden Sie auf der Webseite des Auswärtigen Amts.
Welche Auswirkungen hat der Brexit auf in Kultur und Medien Beschäftigte?
Künstlerinnen und Künstler sowie im Kultur- und Medienbereich Beschäftigte sind zunächst wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger ganz allgemein von den Auswirkungen des Brexits betroffen.
Insbesondere die berufsbezogene Mobilität zwischen der EU und Großbritannien ist durch den Brexit erschwert. Die Rechtslage ist komplex. Daher wird empfohlen, frühzeitig nähere Informationen für den konkreten Einzelfall einzuholen und gegebenenfalls erforderliche Verfahren einzuleiten. Allgemein gelten die folgenden Regelungen (Stand Februar 2021):
Der berufliche Aufenthalt von Deutschen in Großbritannien ist in jedem Fall an Voraussetzungen gebunden, mitunter ist er visapflichtig.
Nach Angaben der britischen Regierung sind visumfreie Aufenthalte in Großbritannien für Kunst- und Kreativschaffende maximal einen Monat lang möglich, wenn sie als Expertinnen oder Experten ihrer jeweiligen Profession zu einem „zulässigen bezahlten Engagement“ – einem sogenannten „permitted paid engagement“ – eingeladen werden.
Anderenfalls müssen Künstler sowie in der Kultur- und Kreativbranche Beschäftigte für eine zeitlich befristete Tätigkeit in Großbritannien das Visum „Temporary Worker - Creative and Sporting (T5)“ beantragen. Dieses Visum gilt für drei Monate. Es setzt voraus, dass das Engagement von einem britischen Arbeitgeber durch ein „certificate of sponsorship“ bestätigt wird.
In bestimmten Fällen soll jedoch eine bis zu drei Monaten befristete, visafreie Erwerbstätigkeit mit einer sogenannten „Temporary Worker - Creative and Sporting visa (T5) concession“ erlaubt sein. Dafür wäre nur die Vorlage des „certificate of sponsorship“ notwendig.
Zusätzliche Visa-Kategorien sind beispielsweise für Aufenthalte von mehr als drei Monaten vorgesehen. Mit einer Beschäftigung in Großbritannien verbundene Anträge sind im Regelfall mit Auflagen, Nachweispflichten und Gebühren verbunden.
Britische Bürgerinnen und Bürger gelten in Deutschland seit dem 1. Januar 2021 als Drittstaatsangehörige. Sie unterliegen damit den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes (Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet - AufenthG) und der dazu erlassenen Aufenthaltsverordnung (AufenthV).
Britinnen und Briten können sich innerhalb eines Zeitraumes von 180 Tagen bis zu 90 Tage lang zu Besuchs- und Geschäftsreisen visumfrei in Deutschland aufhalten. Auch die Einreise für Aufenthalte zu Studien- oder Erwerbszwecken ist grundsätzlich visumfrei möglich. Dafür muss jedoch nach der Einreise ein Aufenthaltstitel bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde beantragt werden. Hierbei gelten bestimmte Nachweispflichten, zudem fallen Gebühren an.
Wer sofort nach Einreise arbeiten möchte, sollte vor der Einreise ein entsprechendes Visum beantragen. Für kurzfristige berufsbezogene Aufenthalte gelten auch bei in Kultur und Medien Beschäftigten besondere Bestimmungen der Beschäftigungsverordnung (Verordnung über die Beschäftigung von Ausländerinnen und Ausländern - BeschV). Diese ermöglichen teilweise visumfreie Aufenthalte.
Ergänzende Informationen bietet der Brexit-Themenbereich des Auswärtigen Amts. Das Webangebot des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat behandelt Visa- und andere aufenthaltsrechtliche Fragen.
Wie wirkt sich der Brexit auf den Kulturgutverkehr aus?
Seit dem 1. Januar 2021 gelten bei der Ausfuhr von Kulturgut nach Großbritannien die europäischen Regelungen für die Ausfuhr in Drittstaaten.
Damit bestehen für Kulturgut in privater Hand ab dem Erreichen bestimmter Mindestalters- und Mindestwertgrenzen höhere Ausfuhrgenehmigungspflichten als für den Kulturgutverkehr im Binnenmarkt. Für Kulturgut in öffentlicher Hand oder Kulturgut, das als national wertvolles Kulturgut in ein entsprechendes Landesverzeichnis eingetragen ist, besteht die Ausfuhrgenehmigungspflicht weiterhin alters- und wertunabhängig.
Der internationale Leihverkehr deutscher Einrichtungen mit ihren britischen Partnern wird dabei grundsätzlich den gleichen Regeln folgen wie der Leihverkehr mit anderen Drittstaaten, beispielsweise den Vereinigten Staaten. Durch den Austritt Großbritanniens aus dem Zollgebiet der Europäischen Union ist nun für den Kulturgutverkehr zwischen beiden Ländern auch eine Zollabwicklung durchzuführen; gegebenenfalls können Einfuhrabgaben, insbesondere Einfuhrumsatzsteuer, anfallen.
Das Informationsportal Kulturgutschutz Deutschland der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien bietet nähere Informationen zu den Auswirkungen des Brexits auf den Kulturgutverkehr mit Großbritannien sowie weiterführende Hinweise in deutscher und englischer Sprache.
Was gilt für audiovisuelle Mediendienste?
In Großbritannien lizienzierte Fernsehsender können auch weiterhin in Deutschland empfangen werden. Sie fallen auch künftig unter das Herkunftslandprinzip des Europaratsübereinkommens über grenzüberschreitendes Fernsehen. Nach diesem Prinzip müssen Fernsehsender im Hinblick auf die in dem Abkommen geregelten Bereiche, wie beispielsweise Jugendschutz und Werberegulierung, grundsätzlich lediglich die Rechtsvorschriften des Sendelandes berücksichtigen.
Die Landesmedienanstalten raten in Großbritannien lizenzierten Sendern aus Gründen der Rechtssicherheit gleichwohl, eine Lizenz in Deutschland zu beantragen. Einige haben dies auch bereits getan.
Deutsche Sender, die nach Großbritannien ausstrahlen wollen, müssen hierfür zukünftig gegebenenfalls gesonderte urheberrechtliche Lizenzen für Großbritannien erwerben, da das Recht der europäischen Satellitensendung Satellitensendungen nach Großbritannien gemäß der Kabel- und Satellitenrichtlinie nicht mehr umfasst.
Grenzüberschreitende Video-on-Demand-Dienste werden zukünftig in beide Richtungen erschwert. Denn sie fallen nicht unter das Europaratsabkommen. Zudem gilt die EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (AVMD-Richtlinie) in Zukunft nicht mehr für Großbritannien.
Britische Filme werden auch weiterhin in Bezug auf die in der AVMD-Richtlinie vorgeschriebenen Quoten europäischer Werke in Fernsehprogrammen und bei Video-on-Demand-Angeboten als „europäische Werke“ eingestuft. Denn als „europäische Werke“ gelten unter bestimmten Voraussetzungen auch Filme aus Vertragsparteien des Europäischen Übereinkommens über grenzüberschreitendes Fernsehen des Europarats.
Was gilt für den Filmbereich?
Der audiovisuelle Sektor betrifft in besonderer Weise die Kompetenz der EU-Mitgliedstaaten im Bereich Kultur. Er ist – wie in den meisten Freihandelsabkommen – vom Anwendungsbereich des Handels- und Kooperationsabkommens zwischen der EU und Großbritannien weitestgehend ausgenommen. In der Filmförderung gelten daher fortan grundsätzlich die Regelungen für Drittstaaten.
Dennoch sollen Britinnen und Briten, die beim Deutschen Filmförderfonds (DFFF) und German Motion Pictures Fund (GMPF) mitwirken, weiterhin aus standort- und förderpolitischen Gründen im Rahmen des jeweiligen „kulturellen Eigenschaftstests“ anerkannt werden.
Nach bisherigen Informationen können umgekehrt auch Europäerinnen und Europäer und damit auch Deutsche weiterhin im Eigenschaftstest des britischen „Creative Sector Tax Relief“ berücksichtigt werden. Auch Personen, die an in Großbritannien gedrehten ausländischen, also auch deutschen Produktionen, mitarbeiten, können weiterhin für einen begrenzten Zeitraum ohne Visum einreisen.
Großbritannien bleibt Mitglied des im Rahmen des Europarates geschlossenen Europäischen Übereinkommens über die Gemeinschaftsproduktion von Kinofilmen. Dieses gewährt Koproduktionen, auch mit britischer Beteiligung, weiterhin einen privilegierten Zugang zu Fördermitteln.
Was gilt für Projekte, die aus dem EU-Programm „Kreatives Europa“ gefördert werden?
Großbritannien hat entschieden, sich an dem EU-Förderprogramm „Kreatives Europa 2021-2027“ nicht mehr zu beteiligen. Der Creative Europe Desk UK wird zum 31. März 2021 geschlossen. Die Förderung bereits bewilligter Projekte aus dem bisherigen Programm „Kreatives Europa 2014-2020“ wird bis zum Abschluss dieser Projekte fortgesetzt.
Eine Kurzübersicht über wichtige Auswirkungen des Brexits für Kultur und Medien finden Sie
hier
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Sie dient zur ersten Orientierung nach Beendigung der Übergangsphase zum 31. Dezember 2020 und dem – zunächst vorläufigen – Inkrafttreten des Handels- und Kooperationsabkommens.
Bitte beachten Sie, dass die Umsetzung in der Praxis derzeit erprobt wird und die Situation im Fluss ist. Auch die Rechtslage kann sich in Einzelfragen durchaus noch ändern.