Leben und Arbeiten in Deutschland: Eine Willkommenserfahrung?

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Willkommens- und Anerkennungskultur Leben und Arbeiten in Deutschland: Eine Willkommenserfahrung?

Aus vielen Ländern kommen Menschen nach Deutschland - als Flüchtlinge oder Fachkräfte. Warum kommen sie? Wie werden sie aufgenommen? Wie erleben sie Deutschland? Dilek Teoman aus der Türkei gibt Antworten.

  • Interview mit Dilek Teoman
  • Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Dilek Teoman bei der Arbeit als Qualitätsmanagerin.

"Zeit für Integration, Geduld, Toleranz und Verständnis" empfiehlt Dilek Teoman bei der Gewinnung von internationalen Fachkräften.

Foto: Felix Abraham

"Jede Kultur hat Ihre Farben, alle zusammen bilden sie den Regenbogen"

Die 46-jährige Türkin Dilek Teoman arbeitet als Ingenieurin. Das Bundeswirtschaftsministerium hat ihren Arbeitgeber - den Baustoffhersteller OPTERRA GmbH - mit dem Preis für Willkommenskultur "Mit Vielfalt zum Erfolg" ausgezeichnet.

In einer Serie sprechen wir mit Menschen verschiedener Herkunft über ihre Erfahrungen zum Leben und Arbeiten bei ausgezeichneten Arbeitgebern.

Ankommen

Seit Dilek Teoman bei Opterra (vormals Lafarge) als Qualitätsmanagerin angefangen hat, wurde Sie vom Unternehmen bei der Wohnungssuche, Behördengängen usw. unterstützt.

Dilek Teoman lebt seit 5 Jahren in Deutschland und arbeitet bei der Opterra GmbH als Qualitätsmanagerin.

Foto: Felix Abraham

Seit wann leben Sie in Deutschland?
Ich lebe und arbeite seit fünf Jahren in Deutschland.

Warum haben Sie sich zu diesem Schritt entschieden?
Ich wollte schon immer in Deutschland als Ingenieurin arbeiten. Mein Vater hat in Deutschland studiert und später ausschließlich mit deutschen Firmen in der Türkei zusammen gearbeitet. Er hat mir viel über deutsche Technologie, Mentalität, und Innovationen erzählt. Auch über deutsche Gepflogenheiten hat er viel erzählt. All das weckte in mir die Neugier, es persönlich zu erleben.

Worauf haben Sie sich besonders gefreut? Und wovor hatten Sie Angst oder Respekt?
Für mein  Vorstellungsgespräch bei einem Zementhersteller wurde ich für zwei Tage nach Frankfurt/Main eingeladen. Von Beginn an spürte ich die Professionalität und Willkommenskultur, die das Unternehmen auszeichneten. Ich habe sofort gemerkt, dass ich respektiert und ernst genommen werde. Es war dem Unternehmen sehr wichtig, dass auch ich mich wohlfühle. In den zwei Tagen hatte ich auch die Gelegenheit, eine kleine Stadttour zu machen, um Land und Leute kennenzulernen. Ich war durchweg begeistert. Mir war klar, dass mein Vater Recht hatte. "Ich muss unbedingt in diesem Land leben und arbeiten", dachte ich. Endlich war die Chance greifbar, das zu verwirklichen, von dem ich immer geträumt habe und worauf ich immer hingearbeitet habe.

"Würden aber meine Deutschkenntnisse überhaupt ausreichen?" Das war die erste bange Frage, die ich mir stellte. Noch größer aber war die Angst, als türkische Frau in einer Managerposition in einem deutschen Zementwerk zu arbeiten. Würde ich in diesem Umfeld respektiert werden? Wenn ich heute auf die letzten fünf Jahre zurückblicke, kann ich sagen: Meine Ängste und Bedenken absolut unbegründet.

Was machen Sie bei der OPTERRA GmbH (vormals Lafarge Deutschland)?

Ich bin verantwortlich für die Qualitätssicherung in unserem Werk. Ich leite eine Abteilung mit sieben Mitarbeitern. Mein Ziel ist es, eine hohe und gleichmäßige Qualität unserer Produkte zu sichern und damit die Kundenzufriedenheit zu gewährleisten.

Wie sah Ihr erster Tag damals bei OPTERRA GmbH aus?

Am ersten Tag wurde ich allen Kollegen vorgestellt und in meine neue Stelle eingewiesen. Ich habe gemerkt, dass es selbst innerhalb eines Bundeslandes viele unterschiedliche Dialekte gibt:  Schwäbisch, Badisch, Pfälzisch und natürlich auch Hochdeutsch. Mein erster Gedanke war: Ich muss so schnell wie möglich Deutsch lernen, um mit meinen neuen Kolleg/innen kommunizieren zu können.

 

Willkommen

Dilek Teoman bei der Arbeit als Qualitätsmanagerin.

Das Unternehmen hat Dilek Teoman unter anderem bei der Wohnungssuche und Behördengängen unterstützt.

Foto: Felix Abraham

Was ist Willkommenskultur?
Für mich ist Willkommenskultur die positive Einstellung eines Landes und der Menschen. Dazu gehören auch Organisationen wie die Ausländerbehörde, Verbände und Vereine, die Haltung des Arbeitgebers und der Mitarbeiter/innen und Kolleg/innen. Tolerant sein, Verständnis und Empathie zeigen und gegen Vorurteile antreten. Für eine Gleichbehandlung und gegen Diskriminierung einzutreten. Ich fühle mich in Deutschland willkommen, weil ich spüre, dass immer  jemand für mich da ist und ich akzeptiert werde.

Welche Unterstützung Ihres Arbeitgebers hat Ihnen an meisten geholfen?
Hier kann ich eine ganze Reihe von Maßnahmen nennen: beispielsweise einen Sprachkurs für Deutsch, finanzielle und organisatorische Unterstützung bei der Wohnungssuche und dem Umzug, die Übernahme der Hotelkosten für die ersten drei Monate in Deutschland, die Betreuung bei Behördengängen und interkulturelles Training.

Erinnern Sie sich an einen ganz bestimmten Moment, an dem Sie sich willkommen gefühlt haben?
Das war, als mich nach dem Vorstellungsgespräch die Personaldirektorin anrief. Das Gespräch mit ihr war sehr positiv und angenehm. Ich hatte das Gefühl, dass die Firma mich unbedingt gewinnen will. Ich empfand mich sehr wertgeschätzt.

Welche drei Dinge in Deutschland möchten Sie heute nicht mehr missen oder haben Sie besonders liebgewonnen?
Das sind ganz klar die Stadtfeste. Allen voran die Weihnachtsmärkte oder die Peter- und Paul-Feste. Mir gefallen die kleineren Mittelalter-Städte.

Was ist Ihr Lieblingsessen?
Gulasch mit Knödel.

Was war ein unerfreuliches Erlebnis für Sie in Deutschland?
Auf Grund von Bahnstreiks hätte ich fast einmal meinen Flug in den Urlaub verpasst.

Was war Ihr schönstes Erlebnis in Deutschland?
Meine Schwester lebt auch in Deutschland und ist Mutter eines kleinen Jungen. Meinen Neffen nach seiner Geburt das erste Mal in den Armen zu halten, war ein unvergesslicher Moment in meinem Leben.

Haben Sie ein deutsches Lieblingswort? Verraten Sie uns die Geschichte dahinter?
Schornsteinfeger. Ich habe einige Zeit gebraucht um es richtig auszusprechen. Für einen Deutschen unvorstellbar. Außerdem bringt er Glück und etwas Glück braucht jeder.

Erinnern Sie sich an ein kulturelles oder sprachliches Missverständnis erinnern – und daran, wie Sie es gelöst haben?
Es war am Anfang meiner Tätigkeit in Deutschland. Ich erinnere mich an ein Telefongespräch mit einem Lieferanten. Ich hatte ihn vollkommen falsch verstanden und dadurch falsche Produkte bestellt.  Zum Glück habe ich es noch rechtzeitig bemerkt und konnte es korrigieren.

Was konnten Ihre deutschen Kollegen von Ihnen lernen?
Die echte türkische Küche. Türkische Küche ist eine der vielfältigsten Küchen in der Welt. Es gibt viel mehr leckere Gerichte als nur Döner Kebab J.

Weiterkommen

Was schätzen Sie an der internationalen/interpersonalen Arbeitsatmosphäre in Ihrem Unternehmen?
Vielfältigkeit ist ein wichtiges Leitwort, ein Teil der Unternehmenskultur. Es ist nicht nur ein Ziel auf dem Papier, sondern wird auch gelebt. Jeder Mensch, jeder Ethnie bringt etwas Individuelles und neue Impulse mit. Das macht das Leben vielfältig, bunt und interessant.

Was empfehlen Sie Unternehmen, die Fachkräfte aus dem Ausland rekrutieren wollen?
Man muss berücksichtigen, dass Menschen kommen, nicht nur Arbeitskräfte. Wir kommen mit Gefühlen, Sorgen, voller Erwartungen, mit eigenen Gewohnheiten und Geschichten. Wir brauchen Zeit für Integration, Geduld, Toleranz und Verständnis.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Ich wünsche mir eine Gesellschaft, in der Toleranz, Verständnis, Frieden und Fairness gelebt wird. Meiner Familie wünsche ich Gesundheit und hoffe, dass auch ich gesund bleibe. Mein Wunsch ist es, weiter in Deutschland zu arbeiten und zu leben.

Die OPTERRA GmbH mit Sitz in Karsdorf und ist ein Baustoffhersteller. Das Unternehmen beschäftigt in Deutschland ca. 380 Mitarbeiter.