Am Ende muss eine politische Lösung stehen

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Im Wortlaut: Steinmeier Am Ende muss eine politische Lösung stehen

Im Syrien-Konflikt gehe es darum, in den politischen Prozess einzusteigen - und zwar mit Russland, Amerika, den Europäern und den regionalen Nachbarn Syriens unter Einschluss Irans und Saudi-Arabiens, erklärt der Außenminister im Interview. Auch müsse mit der syrischen Opposition gesprochen werden.

  • Interview mit Frank Walter Steinmeier
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Außenminister Frank-Walter Steinmeier spricht im Bundestag in Berlin.

Steinmeier: Wir brauchen viele Partner um einen Tisch - auch Russland und den Iran.

Foto: picture alliance / dpa

Das Interview im Wortlaut:

Tagesthemen: Die Bundesregierung will Tornados nach Syrien schicken; aus Solidarität mit Frankreich, das wissen wir, aber mit welchem erklärten Ziel?

Frank-Walter Steinmeier: Wir wissen, am Ende wird es keine militärische Lösung für dieses Ende des Konflikts und für die neue Zukunft Syriens geben. Deshalb arbeiten wir intensiv an dem Weg auf eine politische Lösung hin. Aber solange das nicht der Fall ist, müssen wir uns eingestehen, dass wir gemeinsam in der Verantwortung stehen, dass das Gebiet von ISIS und Al-Nusra sich in Syrien nicht noch weiter ausbreitet, mit all den Risiken, die das für Syrien, aber erkennbar auch in Europa bedeutet, wie sich das in Paris in tragischer Weise vor wenigen Wochen gezeigt hat.

Tagesthemen: Nicht alle dort Engagierten haben ja dasselbe Ziel. Wer bekommt eigentlich die Aufklärungsbilder der Bundeswehr, auch die Russen, von denen man weiß, dass sie auch Rebellengebiete bombardieren?

Steinmeier: Nein, was die Absprache mit den Russen angeht, so haben wir bisher die Situation, dass es keine Koordinierung oder keine Kooperation in engerem Sinne gibt, sondern nur sogenannte "deconflicting"-Gespräche. Das heißt nichts anderes, als dass Amerikaner und andere, die Luftschläge führen, sich gemeinsam mit Russen darüber abstimmen, wer wo fliegt, um sich nicht im Luftraum über Syrien feindlich zu berühren. Ob man weiter kommt, ob das Ganze hingeht zu einer Koordination mit den russischen Luftschlägen, das hängt auch davon ab, wie Russland sich bei den Wiener Gesprächen weiter verhält. Ob es gelingt, was wir versuchen: gegenseitig Vertrauen auszubauen, vor allen Dingen, ob es gelingt, dass wir tatsächlich den Feind und die feindlichen Gruppierungen - das sind ISIS und das sind Al-Nusra und verwandte Gruppierungen - ob wir wirklich dieselben im Auge haben. Aber für den Augenblick bin ich ganz zuversichtlich, dass wir da vorankommen.

Tagesthemen: Um IS wirklich besiegen zu können, braucht es auch Bodentruppen, das sagen alle Experten. Und so wird Deutschland möglicherweise mit den syrischen Regierungstruppen zusammen kämpfen oder an deren Seite, aber erst, und das ist wichtig, wenn deren Oberbefehlshaber weg ist. Wie wollen Sie Assad loswerden?

Steinmeier: Wir haben uns entschieden, da diese Frage ja jetzt seit drei, vier Jahren zwischen allen Beteiligten steht, die Frage der Zukunft Assads, im Augenblick ein paar Wochen beiseitezulegen. Im Gegenteil: Wir haben uns darauf konzentriert, Fragen zu thematisieren, die uns den Einstieg in einen politischen Prozess ermöglichen, und zwar nicht mit irgendwem, sondern mit Russland, Amerika, Europäer und die regionalen Nachbarn Syriens, und das unter Einschluss Irans und Saudi-Arabien. Jetzt geht es darum, im nächsten Schritt die Opposition in Syrien zu sammeln und mit der Opposition zu besprechen - das wird jetzt in den nächsten Tagen rund um den 10. Dezember in Riad in Saudi-Arabien geschehen -, ob sie sich einen begrenzten Waffenstillstand vorstellen können mit dem Ziel, dass Oppositionskräfte und Regierungskräfte sich nicht gegenseitig zerfleischen und der Kampf gegen ISIS in Syrien gar nicht wirklich und nicht ernsthaft geführt wird. Und da kommt auch Assad ins Spiel. Es hängt jetzt an Assad: Er kann beweisen, ob er sich an der Lösung beteiligen will oder ob er weiterhin die Opposition in Syrien bekämpft und weniger konzentriert ist auf die Bekämpfung von ISIS.

Tagesthemen: Sie glauben ernsthaft, er könnte freiwillig verzichten?

Steinmeier: Ich glaube nicht, dass er freiwillig verzichtet. Deshalb habe ich vorhin gesagt, brauchen wir viele Partner um den Tisch und einige Partner, die in Syrien einflussreicher sind, als wir es sind, sogar als die Amerikaner es sind. Und ich glaube, man darf ohne Weiteres sagen, dass Russland etwa oder aber auch der Iran um größeren Einfluss auf Assad wissen, als wir ihn haben.

Tagesthemen: Der Einsatz der deutschen Tornados soll, wie es heißt, "durchhaltefähig" sein. Was heißt das eigentlich? Wie lange soll der Einsatz dauern?

Steinmeier: Das haben wir gegenwärtig natürlich nicht abschließend entschieden, aber wie Sie wissen: Mandate, die der Deutsche Bundestag entscheidet, haben in der Regel eine Dauer von einem Jahr. So wird das auch in diesem Fall sein.

Tagesthemen: Der Bundeswehrverband rechnet mit mindestens zehn Jahren.

Steinmeier: Das kann ich nicht bestätigen. Ich weiß auch nicht, woher solche Annahmen kommen. Das ist auch eine Entscheidung, die wird ja nicht nur von objektiven Bedürfnissen getragen, sondern hängt auch zum Beispiel daran, ob sich andere finden, die nach Ablauf einer Zeit - wie wir das bei vielen anderen Einsätzen auch erlebt haben - Partner ablösen, zum Beispiel auch unsere Fähigkeiten ablösen. Aber das werden wir nicht jetzt im Zuge der Entscheidung über das Mandat abschließend entscheiden, sondern das wird sich möglicherweise im nächsten Jahr zeigen.

Das Interview führte Caren Miosga für die ARD.