"Flüchtlinge willkommen heißen"

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Im Wortlaut: Müller "Flüchtlinge willkommen heißen"

Der Minister für Entwicklungszusammenarbeit, spricht sich in "Bild" für eine bessere Integration von Verfolgten aus. In Deutschland gebe es nicht nur "Pegida", sagt der Minister. Es gebe auch Hilfsbereitschaft: Wenn Familien Flüchtlinge aufnähmen, sollten sie staatlich unterstützt werden.

  • Interview mit Gerd Müller
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Sicherheitbedienstete kontrollieren in Neumünster (Schleswig-Holstein) in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes für Flüchtlinge den Eingang zur Kantine. Syrien

Syrische Flüchtlinge in Deutschland

Foto: picture alliance / dpa / Axel Heimken

Das Interview im Wortlaut:

BILD: Was lehrt uns Weihnachten über Flüchtlingspolitik?

Gerd Müller: Dass wir unsere Herzen öffnen müssen für Fremde in unserem Land. Jesus selbst war Flüchtling. Er floh mit seinen Eltern vor Herodes nach Ägypten. Flüchtlinge aufzunehmen liegt also in unserer christlichen Kultur. Die Situation der Flüchtlinge heute erinnert mich stark an die Weihnachtsgeschichte, die Herbergssuche vor mehr als 2000 Jahren. Sie klopfen an, aber sie werden nicht hereingelassen.

BILD: Ist "Pegida" unchristlich?

Müller: Die Demonstranten haben Angst vor Islamisten. Wir müssen ihnen klarmachen, dass es sich bei den Flüchtlingen nicht um Fanatiker und auch nicht um Wirtschaftsflüchtlinge handelt, sondern um gefolterte, schwer traumatisierte Kriegsopfer. In und um Syrien entscheidet sich gerade, ob elf Millionen Flüchtlinge diesen Winter überleben. Das sind keine Terroristen. Denen müssen wir helfen.

BILD: Ihr Koalitionspartner SPD bezeichnet "Pegida" als "Schande für Deutschland"!

Müller: Ausgrenzung hilft hier nicht weiter, das stärkt solche Bewegungen nur. Jeder hat das Recht zu demonstrieren. Ob uns das nun in diesem Fall gefällt oder nicht.

BILD: Haben Sie etwa Verständnis für die Protestbewegung?

Müller: Nein. Aber anders als die Demonstranten kenne ich die Situation in den Krisengebieten, weiß um Einzelschicksale. Im Irak habe ich mit fünf jungen Mädchen gesprochen, die von der Terrormiliz ISIS als Kriegstrophäe gefangen genommen und dann grausam vergewaltigt wurden. Drei von ihnen sind jetzt schwanger. Um solche Mädchen müssen wir uns kümmern, statt Angst vor ihnen zu schüren.

BILD: Wie?

Müller: Vor Ort haben wir bereits mehrere Projekte und ein Zentrum eröffnet, in dem traumatisierte Frauen versorgt werden. Ein zusätzliches Traumazentrum will ich jetzt in Deutschland aufbauen. 100 Frauen sollen dort behandelt werden.

BILD: Wie können wir Flüchtlinge in Deutschland besser integrieren?

Müller: Große Flüchtlingsheime am Rande der Städte verhindern Integration. Wir müssen unsere Türen öffnen, die Flüchtlinge in unseren Wohngebieten willkommen heißen. In Deutschland gibt es nicht nur "Pegida". Es gibt auch echte Hilfsbereitschaft. Wenn Familien Flüchtlinge aufnehmen, sollten sie deshalb staatlich unterstützt werden. Das ging doch auch nach dem Zweiten Weltkrieg. Auf dem Bauernhof meiner Eltern lebten noch bis 1965 Sudetendeutsche. Das waren meine Freunde. Die kenne ich bis heute. So funktioniert Integration.

Das Interview führten H. Kautz und P. Tiede für die BILD -Zeitung.