Beitritt zu internationalem Astronomie-Übereinkommen
In Südafrika und Australien soll das größte Radioteleskop der Welt entstehen – mit deutscher Beteiligung. Ein entsprechendes Vertragsgesetz hat das Kabinett nun beschlossen. Doch was erhofft sich die Wissenschaft überhaupt von dem künftigen „Superteleskop“?
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Es soll das größte und empfindlichste Radioteleskop der Welt werden: das sogenannte „Square Kilometre Array“ (SKA). Mit dem „Superteleskop“ soll es beispielsweise künftig möglich sein, die Natur der Dunklen Materie und Dunklen Energie zu erforschen.
Um dieses Projekt zu ermöglichen, haben sich Länder aus allen fünf Kontinenten zu einer zwischenstaatlichen Organisation zusammengeschlossen. Am 12. März 2019 unterzeichneten sie in Rom das Übereinkommen zur Gründung des „Square Kilometre Array“-Observatoriums (SKAO). Deutschland möchte sich künftig auch an dem Vorhaben und internationalen Übereinkommen beteiligen. Daher hat das Bundeskabinett nun das für den formalen Beitritt erforderliche Vertragsgesetz verabschiedet.
Wo befindet sich das Teleskop? Welche Rolle wird es für die deutsche Forschungslandschaft spielen? und welche Kosten sind mit der Beteiligung verbunden? Ein Überblick zum „Superteleskop“:
Das sogenannte „Square Kilometre Array“ (SKA) soll das weltweit größte und empfindlichste Radioteleskop werden. Es verbindet zwei Standorte auf zwei Kontinenten, mit einer Entfernung von mehr als 3.000 Kilometer zueinander: Südafrika und Australien. Hinzu kommen über die ganze Welt verteilte Datenzentren.
Das sich derzeit im Aufbau befindliche Teleskop Array in Südafrika, in der Karoo-Halbwüste in der Nähe von Kapstadt, wird sich aus insgesamt 197 einzelnen Parabolspiegeln von jeweils 15 Meter Durchmesser zusammensetzen. Bereits 64 dieser Antennen werden derzeit vom South African Radio Astronomy Observatory (SARAO) unter dem Namen MeerKAT betrieben.
Am zweiten Standort in Australien, in der Region Murchison Shire, etwa 560 Kilometer nördlich von Perth, werden in einer ersten Phase insgesamt 131.072 je zwei Meter hohe Einzelantennen errichtet. Diese sollen später über Glasfaserleitungen mit den Radioteleskopen in Südafrika zusammengeschaltet werden. Auf diese Weise entsteht eine Empfangsfläche von über einer Million Quadratmetern. Beide Regionen sind nur sehr dünn besiedelt, so dass es kaum störende Einflüsse bei der Weltraumbeobachtung geben wird. Die Fertigstellung des Radioteleskops ist für das Jahr 2029 vorgesehen.
Das „Teleskop der Superlative“ ermöglicht zukünftig exzellente Radioastronomie. So kann die Wissenschaft mit dem SKA beispielsweise die Natur der Dunklen Materie und Dunklen Energie erforschen. Außerdem ermöglicht es den Nachweis von Gravitationswellen mit sogenannten Pulsaren – mithin eine Überprüfung der allgemeinen Relativitätstheorie unter Extrembedingungen.
Wegen seiner enormen Empfindlichkeit wird das Radioteleskop das Universum nach Frequenzbereichen absuchen können, die für das menschliche Auge unsichtbar sind. Auch können damit Radiosignale in riesiger Entfernung empfangen werden – und möglicherweise eine Antwort auf die Frage nach außerirdischem Leben geben.
Wegen der viel größeren Wellenlänge der Radiowellen gibt es gegenüber optischen und Infrarot-Teleskopen eine Reihe von Alleinstellungsmerkmalen: So kann das SKA zum Beispiel besser intergalaktische Staubwolken durchdringen oder den Nachweis für molekularen Wasserstoff ermöglichen. Diese Fähigkeiten kann das Teleskop-Array eigenständig nutzen oder komplementär in kombinierte Beobachtungen mit anderen Teleskopen einbringen.
Das außergewöhnliche Konzept, Signale vieler Einzelantennen unterschiedlichen Typs miteinander zu kombinieren und über zwei Standorte großflächig zu verteilen, beruht auf einer langjährigen und erfolgreichen internationalen Zusammenarbeit. Dafür haben sich Länder aus allen fünf Kontinenten zu einer zwischenstaatlichen Organisation zusammengeschlossen und am 12. März 2019 in Rom das Übereinkommen zur Gründung des „Square Kilometre Array“-Observatoriums (SKAO) unterzeichnet.
Hauptsitz der internationalen Organisation ist in Großbritannien und in Nordirland. Vollmitglieder sind gegenwärtig Australien, China, Italien, Niederlande, Portugal, Schweiz, Südafrika, Spanien Großbritannien und Nordirland.
Die Bundesrepublik Deutschland hat als künftige Vertragspartei zurzeit noch - neben Frankreich, Indien, Japan, Kanada, Spanien und Südkorea - einen Beobachterstatus. Wissenschaftlich ist die Bundesrepublik bereits jetzt über die Max-Planck-Gesellschaft und im Rahmen der Projektförderung durch verschiedene deutsche Hochschulen in dem Observatorium vertreten.
Das Radioteleskop wird eine Vielzahl zentraler astronomischer Fragestellungen aufgreifen und beantworten - und damit auch fundamental neue Erkenntnisse für die deutsche Wissenschaft ermöglichen.
Laut Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger profitiert nicht nur die Wissenschaft, sondern auch die Gesellschaft von dem Projekt. „Die Astronomie ist eine wichtige Triebkraft für neue technologische Lösungen – insbesondere in den Bereichen Ingenieurwesen, Optik, Feinmechanik und Computerwissenschaften. Das befördert unsere exzellente Wissenschaft, aber auch Computing, Datenmanagement und die MINT-Ausbildung“, sagte die Ministerin. Grundlagenforschung werde dadurch zum Technologietreiber.
Um als stimmberechtigtes Vollmitglied in den Gremien des SKAO--„Square Kilometre Array“-Observatorium abstimmen zu können sowie die Position der deutschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vor Ort zu stärken, hat die Bundesrepublik Deutschland den Beitritt beantragt. Das Observatorium hat den Antrag im Oktober 2022 bestätigt.
Innerstaatlich erfordert der Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zum internationalen Übereinkommen ein Vertragsgesetz gemäß Artikel 59 Absatz 2 des Grundgesetzes. Durch den heutigen Kabinettsbeschluss kann der Beitritt nunmehr rechtlich vollzogen werden („ratifiziert“). Der Bundesrat muss dem Beitritt zustimmen.
Durch den Beitritt zum SKAO--„Square Kilometre Array“-Observatorium verpflichtet sich Deutschland, insgesamt 21 Millionen Euro im Rahmen der sogenannten „Construction and Funding Schedule“ bis 2030 für den Bau des Radioteleskops beizutragen. Die Beitragsverpflichtungen werden sowohl durch Geldbeiträge in Höhe von neun Millionen Euro als auch durch Sachbeiträge im Wert von zwölf Millionen Euro erfüllt. Beides wird vollständig von der Max-Planck-Gesellschaft übernommen. Für den Bund ergeben sich dadurch bis zum Jahre 2030 keine Haushaltsaufwendungen. Ab 2031 ist Deutschlands Mitgliedschaft neu zu verhandeln.